Auftritt am Sonntag:Gstanzl mit Wucht

Die Geschwister Merk machen bayerische Volksmusik mit witzigen, zeitgenössischen Texten - und wehren sich gegen Vorurteile Volksmusikanten gegenüber.

Tobias Dirr

Es ist kalt geworden. Der erste Schnee hängt in den Bäumen. Die Natur präsentiert sich idyllisch und unwirtlich zugleich. In der Küche der Familie Merk ist es wohlig warm. Ein schöner Ort, um auch die strengeren Wintertage zu überstehen. Auf der hölzernen Eckbank sitzen die fünf Geschwister Veronika, Monika, Anna, Michael und Seppi. Die sechste Schwester, Martina, ist noch in der Arbeit. Sie ist Projektmanagerin in einer PR-Agentur. Gemeinsam bilden sie das Familienensemble "Geschwister Merk". Sie spielen traditionelle bayerische Volksmusik. Aber nicht jene volkstümliche Musik eines Hansi Hinterseers, stellt die 22-jährige Studentin Monika schnell klar.

Geschwister Merk

Eine von sechs musizierenden Geschwistern: Monika Merk.

(Foto: Manfred Neubauer)

Begonnen hat alles vor 15 Jahren. Mit der ersten Gitarre, einer Harfe und einer steirischen Harmonika. "Dann haben wir sehr schnell angefangen gemeinsam das zu spielen, was uns als kleine Kinder geläufig war", sagt Veronika. Die mit 25 Jahren Älteste der sechs Geschwister ist gelernte Kirchenmalerin und arbeitet im Deutschen Museum in München. "Als kleines Kind spricht man halt noch kein Englisch, sondern Bayerisch, da war uns Volksmusik näher."

Zunächst musizierten Veronika, Martina und Monika zu dritt. Daheim, in der Schule oder auf kleinen Festen. Traditionelle bayerische Gstanzl. Dann schrieben sie die ersten eigenen Zwei- und Vierzeiler. Keine klassischen Alm- und Jägerlieder. "Meine Kinder haben sich geweigert, so etwas zu spielen", erklärt die Mutter, Susanne Merk. Vielmehr seien die Texte eigenständig, lässiger, der Zeit angepasst und äußerst amüsant. "Wir lachen selbst über die Texte", sagt die 11-jährige Anna grinsend.

Bislang war Annas Aufmerksamkeit vor allem auf die Schale mit Schokobonbons gerichtet, die in der Mitte des Tisches steht. Man greife aktuelle und alltägliche Themen auf, alles was nerve und einfach mal gesagt werden müsse, sagt Veronika. In einem ihrer Gstanzl nehmen die sechs Geschwister jene Menschen auf die Schippe, die sich beim Telefonieren mit dem Handy durch enormes Mitteilungsbedürfnis auszeichnen. Die ihre privaten Angelegenheit in der breiten Öffentlichkeit eines Nahverkehrszuges erläutern. Auch Freunde, von denen jetzt manche keine Freunde mehr seien, hätten die Wucht ihrer Gstanzl schon zu spüren bekommen. "Denn so eine Strophe ist halt schnell gemacht", sagt Monika trocken.

Dass die Bandkollegen die eigenen Geschwister sind, stört die fünf nicht. Das sei sogar von Vorteil, weil man sich blind verstehe; weil man den gleichen Humor habe, glaubt Veronika. Nach und nach wurden dann auch die Jüngeren in die Gruppe integriert. Anna spielt Klavier. Seppi und Michael lernen Trompete. Und so steht die Musik auch für den familiären Zusammenhalt. Zum Musizieren kommen alle immer nach Hause. Auch wenn die Terminplanung nicht so leicht sei wie früher, sagt Susanne Merk. Denn mittlerweile sind die älteren Schwestern nicht mehr oft zu Hause. Monika studiert Betriebswirtschaftslehre in Heidenheim, Martina hat am Mozarteum in Salzburg Konzertharfe studiert.

Fernab ihrer Musik hat das Leben der Geschwister wenig Berührungspunkte mit Volks- oder Brauchtum. Gerade deswegen ist Veronika sichtlich genervt von manchem Vorurteil, das ihnen entgegengebracht wird: "Viele meinen, wir hören den ganzen Tag nur Volksmusik, schauen Heimatfilme und suchen uns ein neues Dirndl aus - das ist unglaublich." - "Eigentlich hören wir nur Volksmusik, wenn wir bei unseren eigenen Konzerten, den anderen Gruppen zuhören", ergänzt Monika.

Privat höre man alles von Rock- über Popmusik bis hin zur Klassik. Darin sind sich alle einig. Einzig das späte Bekenntnis von Anna, dass ihr die Technostücke auf der neuen Bravohits-CD ganz gut gefielen, löst Unverständnis aus. Alles ganz normal also - wie in jeder anderen Familie auch. Vielleicht nicht ganz. Denn als Vater Johann Merk in die Küche kommt, heißt es für den 14-jährigen Seppi: Arbeitsklamotten anziehen. Die zwölf Kühe müssen getränkt werden.

Bei einem boarisch-gemischten Hoagast sind die Geschwister Merk am Sonntag, 4. November, von 14 Uhr an im Café Waldrast in Bad Heilbrunn im Lindenweg live zu hören.

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