Süddeutsche Zeitung

Auf Penzberger Bürgerversammlung:Abgeschmettert

Der Elternbeirat der Grundschule an der Birkenstraße fordert in der Penzberger Bürgerversammlung einen Stadtratsbeschluss gegen eine Kita auf dem Pausenhof. Bürgermeisterin Elke Zehetner lehnt es jedoch ab, über den Antrag abzustimmen

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Es brodelt in der Stadt. Der geplante Bau eines Kinderhauses auf dem Pausenhof der Birkenstraßen-Grundschule war auch in der Penzberger Bürgerversammlung das bestimmende Thema. Die Vertreterinnen des Elternbeirats stellten in der Versammlung am Dienstag in der Stadthalle den Antrag, dass der Stadtrat in öffentlicher Sitzung beschließen möge, keine Kindertagesstätte auf dem Pausenhof zu bauen. Dieser Schritt ist laut bayerischer Gemeindeordnung zulässig. Doch Bürgermeisterin Elke Zehetner (SPD) ließ keine Abstimmung zu. Sie sprach den anwesenden Bürgern die nötige Fachkenntnis ab, um über das Vorhaben abstimmen zu können.

Der Paragraf 18 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern regelt das Mitberatungsrecht. Darin ist unter anderem festgeschrieben, wie oft und in welchen zeitlichen Abständen Bürgerversammlungen abzuhalten sind. Absatz 4 besagt, dass Empfehlungen und Anträge aus der Bürgerversammlungen innerhalb einer Frist von drei Monaten vom Gemeinde- oder Stadtrat behandelt werden müssen. Dabei sind die bei der Bürgerversammlung gemachten Vorschläge für die Gemeinde nicht bindend. Sie hat als beratende Versammlung keine Entscheidungskompetenz.

Kurzum: Selbst wenn eine Mehrheit in der Stadthalle den Antrag des Elternbeirats der Grundschule an der Birkenstraße befürwortet hätte, hätte dies keine bindenden Konsequenzen gehabt, außer, dass der Stadtrat sich in der festgelegten Frist mit der Frage hätte auseinandersetzen müssen. Ob er dafür oder dagegen gestimmt hätte, ist dabei zweitrangig. Doch anstatt den Antrag aus der Bürgerschaft anzunehmen und das Votum des Plenums abzufragen, verstieg sich die Bürgermeisterin in eine langatmige Diskussion. Und das, nachdem die Penzberger nach Filmvorführung und diversen Rechenschaftsberichten erst gegen 21.30 zu Wort kamen, obschon die Versammlung um 19 Uhr begonnen hatte.

Zehetner war erstaunt, dass nach dem Runden Tisch zum Thema Krippenneubau die Elternvertreter tags darauf nachfassten. Man habe die Eltern am Montag mehr als eine Stunde lang über Sachstand, Rechtslage und Finanzierung informiert, sagte Zehetner. "Mit Verlaub, wir haben uns im Einvernehmen getrennt" - so dachte die Bürgermeisterin zumindest. Der vom Elternbeirat vorgeschlagene Alternativstandort auf einem Grundstück an der Ahornstraße werde mit Hochdruck auf seine Eignung geprüft. Wenn Ergebnisse vorliegen, "dann laden wir Sie wieder ein und diskutieren miteinander".

Anschließend wandte sich Zehetner an das Plenum mit den Worten, wenn sie selbst als Zuhörerin im Saal säße, würde sie sich nicht wohlfühlen, über den Antrag abzustimmen. Zugleich sprach sie den Bürgern die Kompetenz ab, ein Votum abzugeben, da ihnen die Fachkenntnisse fehlten. "Ich empfehle, bei diesem Antrag nicht die Hand zu heben", betonte Zehetner.

Für den Elternbeirat ergriff daraufhin Julia Brettner das Wort. Beim Runden Tisch habe er kaum Zeit gehabt, alle Argumente gegen den Krippenbau vorzubringen. Außerdem sei man misstrauisch aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Monate. Alle Beratungen über die etwaigen Krippenstandorte seien in nicht öffentlichen Sitzungen abgehalten worden. Mit dem Antrag in der Bürgerversammlung wolle der Elternbeirat erreichen, dass künftig die Öffentlichkeit bei einer so weitreichenden Entscheidung transparent eingebunden wird.

Nach zähem Hin und Her und abwechselndem Applaus für die Beiträge beider Seiten entschieden sich die Elternbeiräte, ihren Antrag zurückzuziehen. Man wolle niemanden überfordern, meinte Tatjana Patermann für die Elternvertreter. Von allen anwesenden Stadträten bedauerte allein Kerstin Engel (Grüne) diesen Schritt - mit den Worten: "So viel Demokratie sollte möglich sein."

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Quelle:
SZ vom 21.11.2019
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