Asylbewerber:Obhut für junge Flüchtlinge

Wolfratshausen nimmt kommende Woche unbegleitete Kinder und Jugendliche auf, die Asyl suchen. Der Landkreis beherbergt sie im Internatstrakt der früheren Landwirtschaftsschule

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Der Landkreis kauft das ehemalige Wolfratshauser Forstamt, um auf dem Areal Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Der Kreistag hat ein Verkaufsangebot des Freistaats für die seit Jahren leer stehende Immobilie in der Königsdorfer Straße per Beschluss angenommen. Der Kaufpreis bewegt sich in der Größenordnung von einer Million Euro, ein Verkauf seiner Hälfte der Wolfratshauser Landwirtschaftsschule an die Stadt soll dem Kreis 1,25 Millionen Euro einbringen. In den Internatstrakt dieser Schule sollen in der kommenden Woche zunächst zehn unbegleitete junge Flüchtlinge einziehen und dort von der Inselhaus Kinder- und Jugendhilfe betreut werden.

Dass auch im Landkreis mehr minderjährige Flüchtlinge unterkommen müssen, die ohne Eltern oder andere Verwandte ihre Heimat verlassen haben, hatte das Landratsamt seit längerem erwartet. Als mögliche Unterkunft galt stets der Internatstrakt der Landwirtschaftsschule, der Eigentum des Kreises ist und in dem bisher Hauswirtschaftsschülerinnen gewohnt haben. Nun seien dem Kreis und über diesen der Stadt für die kommende Woche zehn junge Flüchtlinge angekündigt worden, sagte Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung seiner Bürgervereinigung.

Als Minderjährige müssen diese Flüchtlinge in die Obhut eines Jugendhilfe-Trägers. Im Nordlandkreis gibt es dafür die Inselhaus Kinder- und Jugendhilfe mit Sitz in Wolfratshausen. Das Inselhaus wird für die Betreuung der jungen Flüchtlinge zusätzliches Personal einstellen müssen, das der Landkreis zunächst über sein Jugendhilfe-Budget bezahlen wird. Kreiskämmerer Ralf Zimmermann hofft nach eigenen Angaben aber, zumindest einen Teil der Ausgaben irgendwann über ein kompliziertes Verteilverfahren des Bundes wieder zurückzubekommen.

Asylbewerber: Die ehemalige Hauswirtschaftsschule soll jungen unbegleiteten Flüchtlingen eine neue Heimat auf Zeit bieten.

Die ehemalige Hauswirtschaftsschule soll jungen unbegleiteten Flüchtlingen eine neue Heimat auf Zeit bieten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Während im Internat der Landwirtschaftsschule auf die Schnelle größere Umbauten weder möglich noch nötig sind, wird das einstige Forstamt wohl noch nicht kurzfristig zur Verfügung stehen. Hier stehen ein Umbau oder ein Abriss zur Debatte, das alte Amtsgebäude könnte von einem Neubau oder Containern ergänzt oder ersetzt werden. Der Kreis erfüllt mit der Flüchtlingsunterbringung eine staatliche Aufgabe - und zahlt dazu dem Freistaat für das Anwesen deutlich mehr als die 800 000 Euro, welche die Stadt dafür in jahrelangen Verhandlungen geboten hatte.

Die Stadt will wiederum dem Kreis für 1,25 Millionen Euro dessen Hälfte der Landwirtschaftsschule abkaufen. Nach den Ideen, die der Bürgermeister am Dienstag im Stadtrat skizziert hatte, könnten dort in einigen Jahren das Stadtarchiv sowie die Stadtbücherei und die Volkshochschule unterkommen, deren jetziges Gebäude am Hammerschmiedweg einem neuen Kindergarten weichen könnte. Am Donnerstag bekräftigte Heilinglechner diese Pläne, nannte sie aber "immer noch erst eine Idee". Die habe seit Dienstag zahllose Begehrlichkeiten geweckt. Das Projekt erfordere viel Geld, das die Stadt wieder hereinholen müsse. Er habe die Stadträte daher um Vorschläge für ein Nutzungskonzept gebeten, die er noch in diesem Jahr in einer Klausur erörtern will.

Vor seinen Parteifreunden würdigte Heilinglechner in einem emotionalen Auftritt den "unbeschreiblichen" Einsatz der etwa 40 Wolfratshauser, die sich ehrenamtlich um die derzeit 100 Flüchtlinge aus zehn Nationen kümmern, die an bisher elf verschiedenen Orten in der Stadt leben. Dabei gelangten die Helfer mittlerweile selbst an ihre Grenzen, sagt Heilinglechner, der seine Rührung angesichts der vielfältigen Hilfe der Wolfratshauser ebenso wenig verbergen konnte wie seine Wut auf das organisatorische und politische Versagen der Staatsregierung. Man müsse auf mittlere Sicht wohl mit 100 weiteren Flüchtlingen in der Stadt rechnen, sagte er und erinnerte daran, dass manche Gemeinden bisher kaum einen Beitrag leisteten. Und wenn es irgendwo heiße, diese oder jene Flüchtlinge passen nicht zu uns, "da dreht es mir den Magen um".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: