Asylsuchende:„Miteinander packen wir das schon“

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Flüchtlingsunterkunft Container-Unterkunft. Asylunterkunft, Benediktbeuern, Meichelbeckstraße (Foto: Manfred Neubauer/Manfred Neubauer)

Benediktbeuern bereitet sich auf die Unterbringung von 80 Geflüchteten in einer Containeranlage an der Meichelbeckstraße vor und sucht Mitstreiter für den Asylhelferkreis. 

Von Petra Schneider, Benediktbeuern

In Benediktbeuern leben 22 Geflüchtete, die in Privatwohnungen untergekommen sind. Laut Unterbringungsquote müssten es jedoch 101 sein – Benediktbeuern hängt, wie die meisten Gemeinden im Landkreis, deutlich hinterher. Das soll sich ändern: Die Gemeinde hat ein Grundstück an der Meichelbeckstraße zur Verfügung gestellt, das der Landkreis in Vertretung des Freistaats pachtet. Dort werden derzeit Container aufgestellt, die spätestens Mitte Februar bezugsfertig sind. 80 Menschen sollen einziehen, nicht alle auf einmal, sondern sukzessive in kleineren Gruppen. Auch ein Ordnungsdienst ist vorgesehen.

In Benediktbeuern, das seit Jahren einen rührigen Helferkreis und die Nachbarschaftshilfe „Zammlebn“ hat, will man vorbereitet sein. „Damit Menschen, die hier herkommen, bestmöglich ankommen können“, sagt Rudi Mühlhans, Gemeinderat und Mitglied in Helferkreis und Nachbarschaftshilfe. Mühlhans wirbt beim Thema Asyl um mehr Gelassenheit. „Miteinander packen wir das schon.“

Über die Situation in Benediktbeuern informierten (v.l.) Rudi Mühlhans, Marlies Jall, Trust D'Olo, Lu-ul Sultan, Hubertus Klingebiel, Anton Lugauer, Cristina Burkert, Bürgermeister Anton Ortlieb, Bernhard Stiegler und Torsten Moebes. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Damit das gelingt, hat der Sozialpädagoge zu einem Pressegespräch eingeladen, bei dem über die Situation informiert und für neue Mitstreitende geworben wurde. Akteure aus verschiedenen Bereichen waren ins Bonhoeffer-Haus gekommen: Vertreter der beiden Kirchen, ehrenamtliche Helfer, Bürgermeister Toni Ortlieb, Vertreter von Mittelstand und Handwerk sowie zwei junge Männer, die 2015 geflohen und in ihrer neuen Heimat Benediktbeuern gut angekommen sind: Sie haben Deutsch gelernt, eine Ausbildung gemacht, Job und Wohnung gefunden, Freundschaften im Dorf geschlossen. Zuletzt wurde im Landkreis viel über Flüchtlingsunterkünfte diskutiert. Über Baurecht und Paragrafen, über Ängste und mutmaßliche Geschäftemacherei. Bei dem Treffen ging es nun vorrangig um die Geflüchteten selbst.

„Hilfe, die ich von euch bekommen habe, will ich weitergeben.“

Menschen wie Lu-ul Sultan, der vor neun Jahren aus Eritrea geflohen ist. Der junge Mann ist inzwischen examinierter Krankenpfleger und arbeitet in der Tölzer Asklepios-Klinik. Außerdem setzt er sich ehrenamtlich als Kulturdolmetscher ein. „Hilfe, die ich von euch bekommen habe, will ich weitergeben“, erklärte er. Ähnlich äußerte sich auch Trust D’Olo aus Nigeria. Er hat seine Ausbildung zum Bäckergesellen geschafft, einen Staatspreis bekommen, spricht Deutsch mit bairischem Einschlag, spielt in der Fußballmannschaft. Er habe fleißig gelernt, „ohne nix, geht nix“, sagte er.

Sein Chef Anton Lugauer, stellvertretender Kreishandwerksmeister, Gemeinderat und langjähriger Berufsschullehrer, lobte Trust: „Er ist einer meiner besten Mitarbeiter“. Wo jemand herkomme, sei egal, „man muss sich anstrengen, dann stehen alle Türen offen“. Das bestätigte auch Torsten Moebes, Geschäftsführer eines Dienstleistungsunternehmens für Industrieelektronik mit 130 Mitarbeitenden. 40 Prozent der Belegschaft bei Elprog habe einen Migrationshintergrund. „Das ist eine schöne Gemeinschaft, die wir aber auch brauchen.“ Das Unternehmen bilde Mechatroniker und Industriekaufleute aus, „aber es wird immer schwieriger, Lehrlinge zu finden“.

Migration sei eine Chance, sagte Mühlhans. „Dass 80 Menschen zu uns kommen, sollten wir nutzen.“ Den Fachkräftemangel werde man mit Digitalisierung allein nicht kompensieren können, warnte Bürgermeister Ortlieb. Und wenn Stellen nicht besetzt werden könnten, drohe ein „Wohlstandsverlust“. Voraussetzung für die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt sei freilich die Sprache. Deutschkurse sind deshalb ein zentraler Aufgabenbereich des ehrenamtlichen Helferkreises, der inzwischen auf zehn Jahre Erfahrung zurückblicken kann und zeitweise 40 Mitglieder hatte.

Marlies Sitzberger-Jall koordiniert den Helferkreis. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Marlies Sitzberger-Jall, Koordinatorin des Helferkreises, fasste ihre langjährige Erfahrung in der Flüchtlingshilfe zusammen: „Zutrauen und Zumuten sind die entscheidenden Bausteine für die Integration.“ Deutschkurse, Hilfe beim Ausfüllen von Formularen, Begleitung zu Behörden, Hilfe bei der Suche nach einem Praktikumsplatz oder einer Wohnung – an den Aufgaben hat sich nichts geändert. Bei aller Zuversicht wurden am Dienstag auch Probleme angesprochen: der Wohnungsmangel, der sich auf absehbare Zeit kaum lösen lasse, eine Überforderung der Kommunen, steigende Sozialausgaben, über die man endlich diskutieren müsse. „Alle Kommunen im Landkreis sind sich einig, dass wir an unsere Leistungsgrenzen kommen“, sagte Ortlieb. Sei es bei den Kita-Plätzen, bei den Schulen, bei den Wohnungen. Anders als in vielen anderen Gemeinden gebe es in Benediktbeuern aber zum Glück einen aktiven Helferkreis. Denn die Menschen kämen nun einmal. „Wenn wir vorbereitet sind, wird die Akzeptanz größer, und die Ängste gehen zurück.“

Info-Abend zur Geflüchteten-Hilfe am 25. November, 19.30 Uhr, Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Benediktbeuern.

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