Asyl-Unterkünfte:Wolfratshausen bestellt eigenen Sicherheitsdienst

Die Einrichtungen sollen wieder rund um die Uhr betreut werden. Der Bürgermeister wirbt vergeblich darum, ein Pilotprojekt für die Stadt und Geretsried abzuwarten.

Von Konstantin Kaip

Der Verzicht auf einen Sicherheitsdienst in Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber seit Übernahme durch die Regierung hat in Wolfratshausen heftige Kritik ausgelöst. Zwar hat die Staatsregierung inzwischen per Kabinettsbeschluss Security-Personal in den Einrichtungen in Aussicht gestellt, jedoch nur, wenn es der besondere Bedarf erfordere. Ob das für die beiden großen Unterkünfte in Wolfratshausen zutrifft, ist noch unklar. Nun soll die Stadt selbst Abhilfe schaffen, bis die Kriterien geklärt sind: mit einem privaten Sicherheitsdienst, den die Kommune auf eigene Kosten für die Unterkünfte engagiert. Das hat der Stadtrat am Dienstag mehrheitlich beschlossen.

Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) hatte den Beschluss vorbereitet, nachdem auch die CSU-Fraktion einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Wie der örtliche Helferkreis hatte auch Heilinglechner zuvor in Protestnoten an die Regierung und das Sozialministerium einen Sicherheitsdienst rund um die Uhr für die Gemeinschaftsunterkünfte an der Heimgartenstraße und am Loisachbogen gefordert. In der Sitzung am Dienstag berichtete der Bürgermeister von einem Gespräch, das er am selben Tag mit einem Vertreter der Regierung von Oberbayern geführt habe: Um die Kriterien für einen Sicherheitsdienst in einer Gemeinschaftsunterkunft zu bestimmen, starte die Regierung ein "Pilotprojekt" in zwei Kommunen, sagte Heilinglechner. Man habe ihm mitgeteilt, dass es sich um Wolfratshausen und Geretsried handle. Das Pilotprojekt laufe bis März, dann sei auch mit einer Entscheidung zu rechnen. "Das zeigt, dass unsere Protestbriefe sehr wohl gefruchtet haben", sagte Heilinglechner - und schlug vor, den Beschluss zu ändern: Die Stadt solle eigene Verträge mit einem Sicherheitsdienst "vorbehaltlich einer Ablehnung durch den Kriterienkatalog der Regierung von Oberbayern" schließen.

Mit diesem Vorschlag konnte er sich aber nicht durchsetzen. Ines Lobenstein, die Vorsitzende des Wolfratshauser Helferkreises, habe schließlich die Situation in der Unterkunft an der Heimgartenstraße eindrücklich geschildert, erklärte Manfred Fleischer (CSU). Lobenstein hatte bemängelt, dass dort 65 Asylbewerber leben, jedoch nur eine Verwaltungsangestellte und ein Hausmeister werktags arbeiten. Ein ständiger Ansprechpartner sei aber nötig, um die Eskalation von Konflikten zu verhindern und besonders allein stehenden Frauen ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Noch schwieriger sei die Lage im Haus am Loisachbogen, das ursprünglich mit 120 Personen belegt werden sollte. "Wenn wir so einen Brandbrief von der Frontfrau der Asylhelfer kriegen, sollten wir jetzt handeln", forderte Fleischer. Das begründete er auch mit den 12 000 Polizeieinsätzen, die es 2016 in bayerischen Unterkünften gegeben haben soll. Die Wolfratshauser Polizei hatte bei der Infoveranstaltung nur von einzelnen Zwischenfällen innerhalb der Unterkünfte berichtet.

Den Kabinettsbeschluss, Sicherheitsdienste auch für Gemeinschaftsunterkünfte einzuräumen, führte Fleischer auch darauf zurück, dass er Lobensteins Brief an Edmund Stoiber weitergeleitet habe. Der habe sich "in der Sache sehr bemüht", sagte der CSU-Stadtrat. Dennoch müsse die Kommune in Vorleistung gehen. Dem stimmten die meisten Stadträte zu. Auch wenn sie sich eher auf die Sicherheit der Bewohner beriefen als auf die der Nachbarn. "Die Sicherheit unserer Stadt und das Zusammenleben der Flüchtlinge in den Unterkünften sollte uns so wichtig sein", sagte etwa Helmut Forster (BVW).

Bedenken kamen vor allem von der SPD: "Mit diesem Passus fallen wir Geretsried und anderen Gemeinden in den Rücken", sagte Roswitha Beyer. Die 12 000 Euro, die der Sicherheitsdienst im Monat koste, solle der Freistaat zahlen, nicht die Gemeinde. Auch der Zweite Bürgermeister Fritz Schnaller fand den Vorstoß "nicht hilfreich" für die Debatte: "Wir fordern einen Sicherheitsdienst, kommen in ein Pilotprojekt und sagen: Jetzt zahlen wir ihn selber. Wie schaut das aus?" Heilinglechner gab zu bedenken, dass die Kommune womöglich gar kein Betretungsrecht in den Unterkünften habe. Zudem gebe es dort kein Zimmer für das Personal. Fraglich sei auch eine Rechtsgrundlage, um die Kosten später zurückzufordern. Deshalb sei es besser, die Entscheidung der Regierung abzuwarten. Er wurde aber am Ende mit 14 zu sieben Stimmen überstimmt.

Auch die Stadt Geretsried ist nach Auskunft von Pressesprecher Thomas Loibl am Dienstag von der Regierung informiert worden, dass sie Pilotkommune sei. Näheres sei aber noch nicht bekannt. "Wir wurden um einen Termin gebeten und wollen uns zeitnah mit der Regierung zusammensetzen." Loibl betont, ein Sicherheitsdienst in der Asyl-Unterkunft am Schulzentrum sei im Sinne der Stadt, aber nicht ihre Sachzuständigkeit.

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