Ascholding:Überwältigt von der Hilfsbereitschaft

1572 Menschen lassen in Ascholding ihr Blut untersuchen, um der leukämiekranken Sabine Müller zu helfen.

Chiara Ettl

Die Szenerie ähnelt auf den ersten Blick einem Vereinsfest. In einem Vorraum verkaufen Helfer Kaffee und Kuchen, im oberen Geschoss werden Kinder geschminkt oder können selbst malen. Wie bei einem Basar hängen einige Kleidungsstücke aus, sie werden verkauft. Der Erlös geht an die Aktion "Sabine". Denn der Anlass, warum so viele Menschen an diesem Samstagvormittag in die Ascholdinger Turnhalle kommen, ist überaus ernst. Sie wollen mit einer Stammzellspende Sabine Müller helfen, die an Leukämie erkrankt ist.

Freunde, Vereine und die Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) suchen einen geeigneten Spender, in der Hoffnung, die 42-Jährige so heilen zu können. Stephan, Sabine Müllers 17-jährige Sohn, ist überwältigt, wie viele Spender und Helfer schon nach einer halben Stunde gekommen sind. Mit seiner Fotokamera nimmt er alles auf, um seiner Mutter zu berichten. Sabine Müller selbst kann nicht kommen. "Gesundheitlich geht es ihr im Moment nicht gut", berichtet Ingrid Harrer, eine gute Freundin und Mit-Organisatorin der Aktion. Die Chemotherapie mache ihr zu schaffen, aber sie werde durchgehend über soziale Netzwerke und Handys mit Fotos über den Stand der Dinge informiert.

1572 Personen werden bis zum Abend dem Aufruf folgen und sich Blut abnehmen lassen, darunter der Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber, einige Polizisten in Uniform und Christian Urban, Kapitän der Tölzer Löwen. Ob gerade in Ascholding ein passender Spender dabei ist, wird sich erst in acht bis zwölf Wochen herausstellen, wenn die Blutuntersuchungen im Labor abgeschlossen sind. Alle kommen aber in eine große Datenbank, in der für alle Kranken nach passenden Stammzellen gesucht wird. Sabine Müllers Sohn und Tochter kommen als Spender leider nicht infrage, sie wurden schon untersucht.

Bald haben sich Menschenschlangen vor den einzelnen Stationen gebildet. Die Spender werden mit Namen, Adresse und Telefonnummer erfasst. Mit einem Spenderausweis geht es weiter zur eigentlichen Blutabnahme. Um untersuchen zu können, welche Blutmerkmale jemand hat, braucht es nicht viel - 2,5 Milliliter genügen, das ist etwa ein halber Teelöffel.

Der Rundgang führt durch die Halle, bis zu einer abgetrennten Ecke der Halle. Dort nehmen zwölf Ärzte, Krankenschwestern oder Heilpraktiker Blut ab - auch sie Freiwillige. "Gestern gab es noch einen Auffrischungskurs", erzählt Thomas Harrer, der ebenfalls mit Sabine Müller befreundet ist, wie die meisten hier. Zum Schluss kommen die Spender an einem Tisch vorbei, auf dem unzählige Rosen platziert sind. Die Eltern der Erkrankten haben sie als Dankeschön für die Spender gekauft. Dort können die Leute auch spenden. Auch wer sich nicht typisieren lassen kann oder will, kann so helfen. Das ist wichtig, weil jede Typisierung 40 Euro kostet, die Studenten und Schüler vielleicht nicht zahlen können. Eine dieser Spenderinnen ist die 25-jährige Hedwig Meyer. Sie kommt aus Königsdorf und wollte sich schon lange einmal in die Datenbank für Knochenmarkspender aufnehmen lassen, sagt sie. Doch die Kosten hätten sie davon abgehalten. Die Raiffeisenbank Bad Tölz-Wolfratshausen spendet 800 Euro und der Burschen- und Musikverein Ascholding übernimmt die Kosten für seine Mitglieder, die sich typisieren lassen.53 000 Euro kommen so zusammen, was die Kosten für die Aktion nicht ganz deckt. Die Aktion Knochenmarkspende übernimmt den Rest.

Laut Ingrid Harrer sind 90 bis 100 Helfer gekommen. 14 000 Flyer wurden verteilt, alle örtlichen Vereine aktivierten ihre Mitglieder, berichtet Hans Walleitner von der Freiwilligen Feuerwehr Ascholding, die auch die Schilder am Vortag aufgestellt hat. Er kennt Sabine Müller vom gemeinsamen Volleyballspiel. Immer sei sie sehr aktiv gewesen und habe auch eine eigene Mannschaft trainiert. Die 42-Jährige sei sehr gerührt von dem Engagement, das ganz Ascholding für sie aufbringe, sagt er. Material für 6000 Menschen habe sie dabei, berichtet Manuela Ortmann von der AKB. "Das ist hoch gerechnet", sagt sie realistisch seien 1000 bis 2000 Menschen. Etwa so viele kommen ja auch. Am Sonntag war bereits die nächste Typisierungsaktion in Iffeldorf. Je mehr Menschen sich untersuchen lassen, umso größer werden die Chancen, dass irgendwo auch für Sabine Müller ein Spender dabei ist. Denn alle Spender werden in einer großen Datei gesammelt, in der dann nach dem passenden gesucht wird.

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