Zunehmender Antisemitismus stellt die Gesellschaft erneut vor die scheinbare "Sisyphus"-Aufgabe, sich aktiv gegen solche Tendenzen zu positionieren. Wichtig dafür ist es, junge Menschen mit der Geschichte zu konfrontieren und aufzuklären. Am Max-Rill-Gymnasium in Reichersbeuern setzten sich deshalb die Schülerinnen und Schüler zum jährlichen Tag der Demokratie mit dem Thema historischer und heutiger Judenhass auseinander. Das Thema wurde auch vor dem Kontext bundesweiter antisemitischer Manifestationen als mögliche Folge des Hamas-Angriffs auf Israel gewählt, sowie der israelischen Reaktion im Gaza-Streifen und dem Westjordanland, heißt es in der Pressemitteilung der Schule.
In Reichersbeuern bearbeiteten die Schülerinnen und Schüler je nach Jahrgangsstufe verschiedene Themen. Für die Unterstufen wählte die Schulleitung das Ereignis der Bücherverbrennung am 10. November 1933 auf dem Königsplatz in München. So erfuhren die Reichersbeurer Gymnasiasten, "dass Bücher als Symbol für Meinungsfreiheit und Vielfalt ein Zeichen einer starken Demokratie sind, ihre absichtliche Vernichtung und damit das bewusste Auslöschen ihrer Stimmen jedoch ebendiese verletzt und zerstört", heißt es seitens der Schule. Die Unterstufe recherchierte zu den Namen verbotener Autoren und stellt Eindrücke ihres kritischen Denkens, das die Nationalsozialisten nicht erlaubten, ihrer Gruppe vor: Karl Marx, Erich Kästner, Erich Maria Remarque, Jack London, Joachim Ringelnatz. In der Bibliothek kennzeichnen sie ein Regal für Autoren verbrannter Bücher als für die Schulgemeinschaft sichtbare Mahnung an damals und als Appell, heute für die damals verbrannten Werte einzustehen. Ein Banner, das die Schülerinnen und Schüler mit Namen von Autoren verbrannter Bücher beschrieben, vervollständigt den Zyklus der Arbeit der Unterstufe. In Anlehnung an die Arbeit der Künstlerin Anette Helm wurden außerdem exemplarisch damals verbotene Werke in Bilderrahmen gesetzt. "So zeigen wir, dass das eingerahmte Buch etwas Besonderes ist - aber es ist auch gleichzeitig weg", beschrieb Valentina aus der sechsten Klasse die Aktion.
Das Programm für die Mittelstufe bestand aus einem Besuch im "Erinnerungsort Badehaus" im Wolfratshauser Ortsteil Waldram, der früher als "Föhrenwald" eine Siedlung von Zwangsarbeitern der NS-Rüstungsbetriebe und später DP-Lager war. Für die Gymnasiasten folgte ein Workshop zu den Verbrechen der Nationalsozialisten. Dabei wurde unter anderem der Todesmarsch aus dem KZ Dachau Ende April 1945 besprochen - dieser fand nur wenige Kilometer vom heutigen Max-Rill-Gymnasium entfernt sein Ende, als Alliierte die Gefangenen befreiten.
Die zehnten Klassen begaben sich nach München in das NS-Dokumentationszentrum am Königsplatz, wo sie über die systematische Stigmatisierung, Entrechtung und institutionelle Vernichtung der Juden in Nazideutschland lernten. Ihr Tag endete am Mahnmal der Bücherverbrennung von 1933 vor der Antikensammlung.
In Reichersbeuern erarbeitete Hans Heyn, ein ehemaliger Schüler des Gymnasiums, der einige Jahre in Israel und Palästina gelebt hat, mit der Oberstufe eine Analyse des Nahostkonflikts. Unterstützt wurde er dabei von Politik- und Geschichtslehrenden. Ein Resümee dazu zog Lea aus der zwölften Klasse: "Durch die heutige Diskussion ist mir noch einmal klar geworden, dass Kriege nie durch Zufall entstehen und auch nicht ohne realisierbare Lösungsansätze beendet werden können." Weiter konkludierte sie, dass Verständnis für den Konflikt nur entstehen könne, wenn man die Gedanken aller Seiten kenne.