Amtsgericht Wolfratshausen:Entsetzen über hemmungslose Gewalt

Es begann mit einem Streit mit einem Taxifahrer. Am Ende stehen zwei Brüder vor Gericht - weil sie einen Geltinger, der den Streit schlichten wollte, auch noch am Boden liegend treten.

Benjamin Engel

Es müssen dramatische Szenen gewesen sein, die sich auf dem Parkplatz eines Wolfratshauser Schnellrestaurants abgespielt haben. Gegen vier Uhr morgens traten und schlugen am 15. Oktober vergangenen Jahres zwei Brüder, 22 und 18 Jahre alt, auf einen am Boden liegenden Geltinger ein. Dieser hatte einen Streit zwischen den Brüdern und einem Taxifahrer schlichten wollen, musste jedoch seine Zivilcourage teuer bezahlen: Das Opfer erlitt Prellungen und Schürfwunden am ganzen Körper, klagte über starke Kopfschmerzen beim Drehen des Halses und war rund eineinhalb Wochen arbeitsunfähig.

Vor dem Wolfratshauser Amtsgericht mussten sich die Brüder wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung verantworten. Sie zeigten sich lange uneinsichtig, räumten aber am Ende alles ein und entschuldigten sich beim Opfer.

Ruhig und klar schilderte der als Zeuge geladene Taxifahrer den Tathergang. Er hatte die beiden Brüder zusammen mit vier weiteren Personen von der Donnersbergerbrücke in München wie vereinbart nach Wolfratshausen gefahren. Dort wollten sie in dem Schnellrestaurant etwas essen, zahlten dem Taxifahrer 60 Euro und baten diesen zu warten, um sie anschließend nach Geretsried zu fahren. Kaum eingestiegen, wollten diese nach der Schilderung des Taxifahrers jedoch nur einen Pauschalpreis von fünf Euro für die Fahrt nach Geretsried bezahlen.

Als sich der Taxifahrer daraufhin weigerte zu fahren, ging es zurück zum Parkplatz. Dort habe ihn der ältere der beiden Brüder bedroht, Geld zurück verlangt und gesagt, dass er ihn umlegen wolle. "Da habe ich es mit der Angst bekommen", sagte der Taxler vor Gericht. Schließlich habe ihn der ältere Bruder versucht, aus dem Taxi zu ziehen. Da mischte sich der Geltinger ein, um die Streithähne zu trennen. Doch dann gingen die Brüder auf ihn los. "Ich dachte, es ist aus mit ihm", sagte der Taxifahrer. Vor allem der jüngere der Brüder habe dem Geltinger gegen den Kopf getreten.

Zu den Aussagen der Brüder taten sich Widersprüche auf. So beharrten sie darauf, einen Pauschalpreis für eine Fahrt nach Geretsried ausgehandelt zu haben. Dies verneinte der Taxler. Zudem versicherte er, den Taxameter eingestellt gehabt zu haben, was eine weitere Zeugin bestätigte, die ebenfalls im Taxi gesessen war. Der ältere Bruder wollte den Taxifahrer sogar überhaupt nicht angegangen haben. Er habe nur gesehen, wie sein Bruder mit dem Geltinger gerangelt habe und diesen daraufhin in den Schwitzkasten genommen habe, um die Streithähne voneinander zu trennen. "Das glaubt nicht einmal ein Kleinkind, was Sie da erzählen", erregte sich Staatsanwalt Lorenz Leitmeier.

Richter Johann Lupperger verurteilte den jüngeren der beiden Brüder nach Jugendstrafrecht zu drei Wochen Dauerarrest und sprach ein Alkoholverbot bis 1. Januar 2013 aus. Sein älterer Bruder wurde wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung zu 1,5 Jahren auf Bewährung verurteilt. Er muss 1500 Euro an die psychosoziale Beratung der Caritas bezahlen und 80 Stunden Sozialdienst ableisten.

"Hätten Sie von Anfang an gestanden, wären der Arrest und die Freiheitsstrafe niedriger gewesen", sagte Lupperger. Wegen der enthemmten Gewalt habe er an den Fall von Dominik Brunner gedacht, der am Bahnhof in Solln zu Tode gekommen ist, sagte Staatsanwalt Leitmeier. "Leute, die Zivilcourage zeigen, werden auf diese Weise entmutigt."

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