Amtsgericht Wolfratshausen:"Gewaltige Datenmengen"

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Videos von Frauen in Dessous hatte der Angeklagte reihenweise auf seinem Handy. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Ein Mann aus Geretsried muss sich wegen des Besitzes jugendpornografischer Bilder verantworten.

Von Thekla Krausseneck, Wolfratshausen

Die Bilder zeigen junge Mädchen in eindeutigen Posen, eines trägt den Kopf von Emma Watson: Ein 21-jähriger Mann aus Geretsried ist vor dem Amtsgericht Wolfratshausen wegen des Besitzes jugendpornografischer Bilder angeklagt. Die Polizei hatte an einem Morgen im April seine Wohnung durchsucht und verschiedene Datenträger beschlagnahmt, auf denen sich das Material befand. Das Gericht lässt nun auf Wunsch des Anwalts prüfen, ob die abgebildeten Mädchen wirklich minderjährig sind und die Fotos auch unbemerkt auf den Rechner seines Mandanten geladen worden sein könnten. Deshalb ist die Verhandlung am Mittwoch schon nach einer Viertelstunde wieder ausgesetzt worden. Zum Folgetermin am 8. Februar 2018 sollen nun ein IT-Sachverständiger aus Hiltenfingen und der ermittelnde Kriminalpolizist eingeladen werden.

Ein Mensch, der sich Minderjährige bei sexuellen Handlungen ansehe, besitze selten nur ein oder zwei Bilder, sagt Andreas Guske, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Viel mehr finde die Polizei auf den Computern der Konsumenten "gewaltigen Datenmengen. Früher war das noch einfacher, da hatte man eine begrenzte Anzahl von Videokassetten", sagt Guske. Auf diese Bänder passten nur einige Minuten Film. Heute liegen die Bilder und Videos in digitaler Form vor und finden in fast unbegrenzten Mengen Platz auf Speichermedien wie Festplatten und USB-Sticks. Der Vorteil an solchen Sammlungen: Die Antwort auf die Frage, ob es sich bei den gezeigten Mädchen tatsächlich um Minderjährige handele, ergebe sich oft aus der Masse an Material. Unter den vielen Bildern gebe es immer auch welche, die unzweifelhaft seien.

Die Frage, wie denn die Polizei ihren Verdacht auf Jugendpornografie begründe, interessierte auch den Anwalt des 21-jährigen Geretsrieders. "Es sind einfach Bilder aus ganz öffentlichen Pornoseiten", sagte er. Auf einem Foto sei etwa der Kopf der Harry-Potter-Darstellerin Emma Watson digital auf einen Körper montiert worden, so dass man nicht sagen könne, wem dieser Körper gehöre. Richter Urs Wäckerlin argumentierte mit einer Datenbank der Kriminalpolizei und so genannten Hashwerten, die aus allen digitalen Medien errechnet werden könnten. Der Hashwert ist wie der Fingerabdruck einer Datei - einzigartig. In ihrer Datenbank führt die Polizei kinder- und jugendpornografisches Material, das weltweit zirkuliert. Die Hashwerte der Medien werden mit der Datenbank abgeglichen. Und in diesem Fall sei die Polizei fündig geworden, sagte Wäckerlin.

Ganz unabhängig davon, ob die Fotos wirklich Minderjährige zeigten, beharrte der Angeklagte darauf, von diesen Dateien nichts gewusst zu gehaben. Sein Mandant habe einen automatischen Download laufen gehabt, erklärte sein Anwalt. Da landeten schon mal Dateien auf dem Computer, die nicht erwünscht seien - in diesem Fall die Jugendpornografie. Richter Wäckerlin räumte zwar ein, dass Bilder unbemerkt auf einem Rechner gespeichert werden könnten. Doch das lasse sich verifizieren, etwa am Speicherort auf der Festplatte. Pop-up-Werbung und JavaScript-Skripte können beim Surfen im Internet unerwünschte Downloads im Hintergrund ausführen. Doch diese Dateien landen dann im Cache. Dort legt das System auch automatisch Kopien von Bilddateien ab, aus Gründen der Bequemlichkeit, denn so brauchen sie beim nächsten Aufrufen nicht mehr so lange zum Laden. Damit Bilder aber in den Cache gelangen können, müssen sie erst einmal aufgerufen werden. Wie sich das im Fall des Geretsrieders verhält, soll im Februar ein Sachverständiger darlegen.

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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