Ambulante Pflege:Haus für unbeschwerte Stunden

Senioren-Tagespflege SenTa Gaißach

Schöne Stunden wollen Leiterin Johanna Öttl und ihr Team den betagten Gästen wie German Drexler in der neuen Tagesstätte ermöglichen.

Die Seniorentagespflege Gaißach bietet Abwechslung für Pflegebedürftige und Entlastung für deren Angehörige. Nun wurde sie auch offiziell eröffnet.

Von Klaus Schieder

In den großzügigen Aufenthaltsraum mit den beiden Fensterfronten fällt die Junisonne laubschattig herein. An den Tischen sitzen Seniorinnen und auch ein betagter Mann im Rollstuhl, einige von ihnen spielen Mensch-ärgere-dich-nicht, andere unterhalten sich und lachen oft. Schon seit zwei Monaten gibt es die Senioren-Tagespflege (kurz: SenTa) Gaißach, die ein wenig versteckt am Rande des Egenberger Wegs liegt. Das Holzhaus, das früher einmal die Schreinerei und einen Ausstellungsraum der benachbarten Oberland-Werkstätten beherbergt hat, wurde seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 beinahe unbemerkt von der Öffentlichkeit in eine Tagespflege-Einrichtung für demenzkranke und pflegebedürftige Senioren umgebaut. "Das ist ein Tag der Freude", sagte der Gaißacher Bürgermeister Stefan Fadinger (CSU) bei der offiziellen Einweihung der Tagesstätte am Dienstag: "Ich hoffe, es wird ein Erfolgsprojekt."

Danach sieht es bislang jedenfalls aus. Schon seit 12. April werden ältere Menschen dort betreut und ihre Angehörigen, die sie sonst pflegen, in ihrem Alltag entlastet. Wegen Corona gab es heuer im Frühjahr keine Eröffnungsfeier, wegen Corona können derzeit auch nur zehn Betreuungsplätze angeboten werden, möglich sind 19. Die betagten Gäste können dort von Montag bis Freitag, jeweils von 8.30 bis 16.30 Uhr, spielen, singen, Zeitung lesen, Bewegungsübungen absolvieren, ihr Gedächtnis trainieren, gemeinsam frühstücken, zu Mittag essen und Kaffee trinken, sich auch in einen Ruheraum zurückziehen. Es gibt einen Hol- und Bringdienst. Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich um die Senioren. "Es ist eine große Aufgabe, Ehre und Verantwortung, die SenTa in Gaißach aufzubauen", sagte Leiterin Johanna Öttl. Wichtig seien ein wertschätzender Umgang miteinander, Menschlichkeit und Fürsorge. Für die Leiterin kommt es darauf an, die individuellen Gewohnheiten der Senioren zu respektieren. "Bei uns sollen die Tagesgäste unbeschwerte Stunden erleben." Die müssen im Übrigen nicht bloß aus Gaißach stammen, willkommen sind auch Tölzer und andere betagte Einwohner aus dem Isarwinkel.

Im Gaißacher Gemeinderat wurde immer wieder mal debattiert, was die Kommune für Pflegebedürftige im Alter tun könne. Als das Oberland-Gebäude im Frühjahr 2020 - also mitten im ersten Corona-Lockdown - frei wurde, griff Fadinger zu und setzte die Idee einer Senioren-Tagesstätte um. Als Partner fand er dafür die Rummelsberger Diakonie, die vor einigen Jahren auch den ambulanten Pflegedienst Otto in Bad Tölz übernommen hat. Außerdem führt der diakonische Träger, der 1890 entstand und vor allem in Franken beheimatet ist, im Oberland unter anderem das Alten- und Pflegeheim Steigenberger Hof in Penzberg. Diese Kooperation sei "ein Glücksfall", betonte Fadinger. Schon beim ersten Treffen habe er gespürt, "den Richtigen getroffen" zu haben.

Vor der Fahrt nach Gaißach hatte Karl Schulz seinen Autoschlüssel nicht finden können. Am Ende entdeckte seine Frau den dringend gesuchten Gegenstand in seiner Regenjacke. Der Geschäftsführer und Vorstand Dienste der Rummelsberger Diakonie griff diesen Vorfall auf, um in seiner Rede darüber zu sinnieren, wie wichtig die Hilfe von Frau oder auch Kindern einmal sein könne, wenn man selbst im Alter nachlasse. Die pflegenden Angehörigen hätten "eine verantwortungsvolle, anstrengende und zeitintensive Aufgabe" und ordneten ihr eigenes Leben dafür oftmals unter, so Schulz. Die SenTa solle für sie ebenso wie für ihre Lieben "eine Steigerung der Lebensqualität" bringen. Die Zusammenarbeit mit der Kommune lobte er ausdrücklich: "Der Umbau ging sehr zügig und sehr angenehm vonstatten, dank des Engagements von Bürgermeister Fadinger."

Auf den zweifachen Nutzen der neuen Tagesstätte verwies auch stellvertretender Landrat Thomas Holz (CSU). Die Senioren verbrächten ihren Lebensabend so nicht mehr bloß in den eigenen vier Wänden, sondern könnten etwas unternehmen und sich unterhalten, ihre Angehörigen hätten unterdessen einmal Zeit, um zum Arzt und zum Friseur zu gehen oder sich einfach zu entspannen. "Wenn man mitkriegt, was diese Menschen leisten, ist das aller Ehren wert", sagte Holz. Was Tagespflegeplätze angeht, so habe der Landkreis mittlerweile "recht gute Strukturen aufgebaut".

Ehe Diakon Joachim Baumann und Dekan Heinrich Soffel dem Gebäude den kirchlichen Segen gaben, trat auch der katholische Stadtpfarrer Peter Demmelmeier von der Tölzer Pfarrgemeinde Maria Himmelfahrt kurz ans Rednerpult. Er verwies auf die laufende Fußball-EM und Ablösesummen, die im Profifußball üblich sind. Johanna Öttl habe sich elf Jahre lang "liebevoll" und mit "absolutem Charisma" um Senioren in der Pfarrei gekümmert. "Sie ist die Beste", hob Demmelmeier hervor und fügte augenzwinkernd hinzu: "Über die Ablöse müssen wir aber noch reden."

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