Altenpflege:Gemeinsam in die Zukunft

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Das Kreispflegeheim Lenggries befindet sich seit 41 Jahren in Trägerschaft des Landkreises. Es besteht aus einem Altbau und einem neueren Anbau, der seinerseits zwölf Jahre alt ist. 57 Bewohner sind in Einzel- und Doppelzimmern untergebracht. Vor allem der Altbau entspricht nicht mehr den baulichen Anforderungen des Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetzes (Doppelzimmer, Sanitäranlagen auf dem Flur). Das ist bei den Häusern der Pflegestern Seniorenservice gGmbH anders. In den Heimen in Poing, Edling, Oberding, Grafing und Bruckmühl sind Einzelzimmer die Regel. Insgesamt bieten sie 239 Plätze in den Seniorenzentren. Weitere 28 Plätze plus zehn barrierefreie Wohnungen sind in Anzing geplant. Die Zimmer sind rollstuhlgerecht und meist mit Balkonen ausgestattet. Mehr als 200 Ehrenamtliche unterstützen die Heimmitarbeiter bei der Betreuung der Senioren. Neben Kurzzeitpflege, vollstationären Plätzen und betreutem Wohnen bietet der Pflegestern Tagespflege und einen ambulanten Pflegedienst an. Veca

Wie es mit dem Kreispflegeheim in Lenggries weitergehen soll, entscheidet sich in diesem Jahr. Bürgermeister Werner Weindl strebt eine interkommunale Zusammenarbeit an

Von Alexandra Vecchiato, Lenggries

Im Jahr 2017 entscheidet sich die Zukunft des Kreispflegeheims in Lenggries. Nachdem der Kreistag den Ausstieg des Landkreises im Dezember beschlossen hatte, allerdings ein Hintertürchen für eine Zusammenarbeit in kommunaler Trägerschaft offen ließ, setzt der Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl (CSU) auf das Gespräch mit dem Landratsamt. Noch vor Weihnachten fand ein Treffen auf der Flinthöhe statt. Weitere sollen folgen. Weindl schwebt eine kommunale Trägerschaft vor, wie es sie in den Landkreisen Ebersberg und Rosenheim mit dem Pflegestern Seniorenservice gibt.

Der Pflegestern Seniorenservice ist eine gemeinnützige Gesellschaft in kommunaler Trägerschaft. Gesellschafter sind die Gemeinden Poing, Edling, Anzing, Bruckmühl, Oberding, Finsing und die Stiftung Seniorenhaus Grafing. Die Kommunen haben die Seniorenbetreuung in ihrem Einzugsbereich selbst in die Hand genommen. Ziel war es, mehrere dezentrale Einrichtungen zu schaffen, damit ältere Menschen in ihrer gewohnten Lebensumgebung bleiben können. Die Idee dazu entstand 2000, als in Grafing, Kirchheim und Poing Senioreneinrichtungen gebaut wurden. Für alle Häuser mussten Betreiber gefunden werden. Weil die Heime in ihrer Größe und Ausrichtung ähnlich konzipiert waren, gründeten die drei Gemeinden eine Betreibergesellschaft. Fast alle Kommunen haben heute ein eigenes Seniorenzentrum mit betreutem Wohnen, wie auch vollstationäre Pflegeplätze und Kurzzeitpflege. Auf seiner Homepage erklärt der Pflegestern, im Vordergrund dieses Zusammenschlusses stünden nicht wirtschaftliche Interessen, sondern der Anspruch, jeden Bürger wohnortnah zu betreuen. Waren anfangs 120 Mitarbeiter beim Pflegestern tätig, sind es mittlerweile mehr als 400.

Ob dies eins zu eins für Lenggries und den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen eine Lösung sein könnte, will Weindl zumindest diskutiert haben. Ihn ärgere, dass man nicht weiter sei als vor zwei Jahren. Im Dezember 2014 habe die Gemeinde beim Landkreis angefragt, unter welchen Voraussetzungen er sich eine gemeinsame Trägerschaft vorstellen könne. Damals sei vereinbart worden, die Möglichkeiten rechtlich klären zu lassen. "Passiert ist nichts", sagt der Bürgermeister. Zu welchen Konditionen eine Kooperation für den Landkreis annehmbar sei - "diese Auskunft bekomme ich nicht", so Weindl.

Was stattdessen folgte, waren die Abstimmungen in den Kreisgremien mit dem Ergebnis: Der Landkreis will die Trägerschaft für das Heim abgeben und einen neuen Betreiber und Investor finden. Denn das Haus an der Karwendelstraße entspricht im Altbestand nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen. Die Heimaufsicht könnte das Heim deshalb schließen.

Ein Neubau wird auf etwa 14 Millionen Euro geschätzt. Lenggries würde kostenfrei ein Grundstück neben dem bestehenden Gebäudekomplex zur Verfügung stellen. Allerdings nur, wenn der Landkreis und/oder weitere kommunale Träger das neue Haus betreiben würden.

Möglich sei auch, dass die Gemeinde allein die Trägerschaft übernimmt. Dazu müsste der Kreis benennen, welchen Preis er für seine Gebäude haben möchte. "Das kann nur ein symbolischer Betrag sein. Wenn wir wissen, wie viel, müssten wir das durchrechnen", sagt der Bürgermeister. Laut Kreistagsbeschluss ist die Verwaltung im Landratsamt beauftragt, ein Interessensbekundungsverfahren in die Wege zu leiten. Das bedeutet, neben der Prüfung einer kommunalen Zusammenarbeit sollen andere Investoren gefunden werden, die ein neues Heim in Lenggries bauen und betreiben wollen. Wie Landrat Josef Niedermaier im Dezember sagte, gebe es deren einige. Weindl erklärt, dieses Verfahren sei zweigeteilt in einen unverbindlichen und einen verbindlichen Teil. Im letzteren erfolgt die Ausschreibung der Trägerschaft und die Vergabe. Aber während des unverbindlichen Verfahrensabschnitts könne der Landkreis immer noch aussteigen. "Deshalb muss innerhalb dieser Frist geklärt sein, ob eine interkommunale Zusammenarbeit möglich ist."

Weindl könnte sich vorstellen, andere Gemeinden mit an Bord zu holen: "Grob der Isarwinkel." Wie beim Pflegestern könnten weitere Kommunen einsteigen und die Organisation mehrerer Häuser im Kreis so zusammengefasst werden. Damit sei auch das Argument der Gegner einer kommunalen Trägerschaft ausgehebelt, der Landkreis müsse für den Betrieb des Heims einen "Wasserkopf" in der Verwaltung aufbauen. "Dass die Mitarbeiter in Lenggries ein Heim leiten können, beweisen sie seit Jahren", sagt Weindl.

Die Finanzierung eines Neubaus sieht er bei den niedrigen Zinsen auf dem Darlehensmarkt unproblematisch. Bis spätestens Mitte dieses Jahres hofft er auf eine Entscheidung. "Um auch wieder Ruhe ins Haus zu bringen." Denn die Diskussionen um einen Betreiberwechsel hätten Mitarbeiter und Bewohner sehr beunruhigt.

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