Der demografische Wandel ist in vollem Gange, die Bevölkerung von Wolfratshausen wird älter. In der Stadt werden deshalb dringend weitere Pflegeplätze gebraucht, der Bedarf ist Konsens in der Stadt. Doch die Frage, wo und vor allem wann solche entstehen sollen, bleibt weiter offen. Zwar lag dem Bauausschuss des Wolfratshauser Stadtrats am Mittwoch ein entsprechender Bauantrag für einen Neubau an der Geltinger Straße mit einem Altenpflegeheim, Tagespflege mit Therapie und Praxisbereichen, einem Restaurant sowie Kulturbühne und einer Verwaltung mit einer Betriebsleiterwohnung vor. Das Haus hätte laut Plan 48 Betten im Altenpflegeheim umfasst, dazu 25 abgeschlossene Wohn- und Pflegeeinheiten auf etwas mehr als 1500 Quadratmetern Wohnfläche. Doch der Antrag wurde letztlich mit sieben zu zwei Stimmen abgelehnt. Der Grund: Der Antrag enthielt zu viele Ausnahmeregelungen vom Bebauungsplan, die die Mehrheit der Bauausschussmitglieder nicht akzeptieren wollte.
„Grundsätzlich ist die Idee, auf diesem Grundstück ein Altenpflegeheim zu etablieren, sehr gut durchdacht. Ich würde auch sofort zustimmen, wenn der Plan ordnungsgemäß erstellt worden wäre“, seufzte Gerlinde Berchtold (SPD). Aber: „Wir haben da einen Bebauungsplan. Wir drehen uns jetzt schon das vierte Mal um diese Fläche, und jedes Mal müssen wir verschiedene Befreiungen auf den Weg bringen. Leider, leider sind die Überschreitungen zu viel, und laut Bebauungsplan nicht zulässig“, so Berchtold.
Nur die Farbe der Dachziegel ist allen egal
Ganz neu ist das Vorhaben eines Pflegeheims auf dem Grundstück folglich nicht. Mehrfach hatte sich Wolfratshausen bereits mit einem möglichen Bau auf dem etwa 3240 Quadratmeter großen, länglichen Grünstreifen zwischen dem Tenniscenter Hahn und dem Schützenheim auseinandergesetzt. Der Bauantrag sah nun jedoch zehn Befreiungen wegen Überschreitung der Baugrenze vor, darunter für Balkone, Lichtschächte, Außentreppenanlagen und die Überdachung eines Weges. Mit Ausnahme der Farbe der Dachziegel, die allen Gremiumsmitgliedern nicht wichtig war und deren Befreiung deshalb einstimmig durchging, stießen die weiteren Ausnahmen aber auf Widerstand. Vor allem in ihrer Gesamtheit sah Josef Praller (BVW) diese „schon als maßgebend“.
Hans Schmidt (Grüne) fand es zwar den Bedarf wichtiger als den Bebauungsplan: „Wir haben ein erhebliches Defizit an Pflegeplätzen, vor allem in der Zukunft wird sich das massiv verstärken. Und dann ist die Frage, wo sollen diese entstehen, wenn nicht hier, auf dieser Fläche, die extrem schwer zu verwerten ist?“ Deshalb sei er der Meinung, „wir müssen ein Auge zudrücken.“
Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) indes bewertete die Ausnahmen mit einem Ausdruck, „den sonst eher die CSU prägt“, sagte er leicht süffisant: „Präzedenzfall.“ Dies bewertete schließlich die Mehrheit der Gremiumsmitglieder auch so und stimmte daher gegen den Antrag.