Süddeutsche Zeitung

Alltag in der Corona-Krise:"Ich trage jetzt Zeitungen aus"

Verdienstausfälle auf der Bühne kompensiert Schauspieler Wowo Habdank anderweitig.

Von Lea Gittermann

Wowo Habdank ist Schauspieler und Hörspielsprecher. Für gewöhnlich steht er vor der Kamera oder beim Theater auf der Bühne. In dieser ungewöhnlichen Zeit kann er allerdings weder das eine noch das andere aktiv ausüben. Nichtsdestotrotz ist Habdank positiv gestimmt und nutzt die gewonnenen Tage und Stunden zum Arbeiten an einem neuen Kabarettprogramm. Mit seiner Frau und seinen Kindern lebt der Schauspieler in Holzhausen.

SZ: Herr Habdank, wie geht es Ihnen gerade?

Wowo Habdank: Mir geht es erfreulicherweise gut. Ich habe viel zu tun. Das bedeutet allerdings leider nicht, dass ich dafür bezahlt werde. Zum Vorbereiten von eigenen Projekten kann ich die Zeit jetzt nutzen. Und ich bin guten Mutes. Der Situation, so schwierig sie auch sein mag, kann ich auch positive Dinge abgewinnen.

Was machen Sie den Tag über denn so?

Ich arbeite von zu Hause aus und schreibe an meinem Kabarettprogramm. Parallel dazu bereite ich ein Hörspiel vor sowie eine Lesung, die im Juli stattfinden soll. Hierfür arbeite ich mit Teilen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks zusammen. Ob das alles so klappt wie geplant, ist noch offen. Meine Frau kann als Alexandertechnik-Lehrerin ihren Beruf derzeit nur sehr begrenzt ausüben. Daher ist sie hauptsächlich mit den Kindern für die Schule beschäftigt. Schule von zu Hause aus, das ist für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Es tauchen viele Fragen auf und so ist immer mindestens eine Person mit unseren Kindern am Lernen.

Was konkret bedeutet die momentane Lage für die Filmbranche?

Von einem auf den anderen Tag ist die gesamte Branche zusammengebrochen. Ich habe gestern mit meiner Agentin telefoniert. Sämtliche Produktionen wurden vorerst ausgesetzt und sollen frühestens im Mai, die meisten jedoch erst im Juni oder Juli wiederaufgenommen werden. Neue Filmprojekte wurden zum Teil schon abgesagt und kommen vielleicht erst nächstes Jahr. Viele meiner Schauspielkollegen werden deshalb jetzt im Internet kreativ. Ich nutze die Zeit für das Kabarett.

Was bedeutet die Corona-Krise für Sie als Schauspieler denn wirtschaftlich?

Finanziell betrachtet ist es eine Katastrophe für uns Schauspieler - auch für mich. Denn auch alle Theaterprojekte sind nun auf Eis gelegt. Ich habe noch den Vorteil, dass ich überwiegend selbständig bin. Viele Kolleginnen und Kollegen sind jedoch meist kurzfristig angestellt. Es ist so: Wer gerade dreht, ist für den Zeitraum angestellt. Da gerade nicht gedreht wird, ist niemand angestellt und wird dementsprechend auch nicht bezahlt. Der Bundesverband Schauspiel setzt sich gerade dafür ein, dass diese Kollegen nicht durch alle Raster fallen. Ich als selbständiger Künstler konnte Soforthilfe beantragen und habe sie auch bekommen, wofür ich sehr dankbar bin.

Und das reicht?

Na ja, ich habe zusätzlich mit einem Zeitungszustellerjob angefangen. Früh morgens trage ich im Moment Zeitungen aus. Damit wird mir tagsüber nichts von der Arbeitszeit weggenommen und ich kann mich ab und zu auch noch um meine Kinder kümmern. Und es kommt wenigstens ein bisschen was rein. Insgesamt ist es gerade also für mich - den Umständen entsprechend - ganz gut. Aber klar, Sorge um die eigene Existenz kommt auch auf.

Sind bei Ihnen denn für die Zeit nach Corona Drehbücher ins Haus geflattert?

Nein, Drehbücher flattern derzeit nicht. Wir haben aktuell generelles Drehverbot, die Produzenten müssen mit Entscheidungen bis zum 20. April warten.

Und sonst so?

Ich finde, es ist ein erstaunlicher Umstand, dass die Regeln im Umgang mit dem Virus und die damit verbundenen Einschränkungen fast klaglos hingenommen werden. Dass jetzt plötzlich bestimmte Dinge verboten sind, wird als nicht so schlimm wahrgenommen und wird größtenteils akzeptiert. In anderen Belangen hingegen, zum Beispiel im Bezug auf den Klimawandel, sind wir nicht bereit, Einschränkungen hinzunehmen. Ich hoffe, dass diese Krise auch dazu führt, dass wir für andere Menschheitsprobleme etwas lernen, zum Beispiel rücksichtsvoller mit dem Planeten umgehen. Das würde ich mir zumindest sehr wünschen.

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SZ vom 04.04.2020/aip
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