"Äußerst, äußerst schwierig":Minus im Ickinger Etat

Auch in der Isartalkommune sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie angekommen. Bei den Beratungen im Finanzausschuss warnt Kämmerer Stefan Fischer vor einer Unterdeckung von mehr als 300 000 Euro im Verwaltungshaushalt

Von Claudia Koestler, Icking

Die Isartalgemeinde Icking steht vor einem finanziellen Problem, ausgelöst durch die Corona-Pandemie. "Wir werden im Verwaltungshaushalt eine Unterdeckung von etwa 323 000 Euro haben", kündigte Kämmerer Stefan Fischer am Donnerstag in der Sitzung des Finanz- und Planungsausschusses an. Der kommende Haushalt sei "äußerst, äußerst schwierig".

Der Kommune brechen die Einnahmen weg, zugleich stehen aber höhere Ausgaben an. "Es trifft uns hart, und wir haben zu kämpfen mit einem geringeren Anteil an der Einkommenssteuer", sagte der Kämmerer. Waren auf diesem Posten ursprünglich, also vor der Pandemie, noch knapp 3,6 Millionen Euro angesetzt, rechnet die Gemeinde nun mit etwa 250 000 Euro weniger. Und bei der Gewerbesteuer erwartet der Kämmerer inzwischen sogar etwa 300 000 Euro weniger in der Kasse. Diese Mindereinnahmen ließen sich zwar im Verwaltungshaushalt ausgleichen, zu bedenken gebe es jedoch die gesetzliche Mindestzuführung, die laut Fischer der Höhe der Tilgung von Krediten plus Zinsen entspricht. "Um also einen rechtskonformen Haushalt hinzulegen, müssten wir wenigstens die Mindestzuführung erwirtschaften - und das wird schwierig", sagte der Kämmerer.

Seine Lösungsvorschläge: Sehen, wo sich etwas einsparen oder schieben lässt. Das Paradoxe: Der Vermögenshaushalt, aus dem eine Gemeinde ihre Investitionen finanziert und der wiederum eigentlich durch Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt gespeist wird, geht sich in Icking aus. Außerdem verfügt die Kommune über rund 3,6 Millionen Euro Rücklagen. Weil die Zinsen günstig waren, hatte Icking in den vergangenen Jahren lieber auf Kreditaufnahmen bei Projekten gesetzt, als sie aus den Rücklagen zu finanzieren - was nun den Zugzwang bei der Mindestzuführung in der Höhe von Tilgung und Zinsen mit sich bringt.

"Äußerst, äußerst schwierig": Die Gemeinde Icking gilt als wohlhabend. Doch Corona führt auch bei den Einwohnern am Hochufer der Isar zu geringeren Einkommen und Umsätzen - und somit zu weniger Steuereinnahmen für die Kommune.

Die Gemeinde Icking gilt als wohlhabend. Doch Corona führt auch bei den Einwohnern am Hochufer der Isar zu geringeren Einkommen und Umsätzen - und somit zu weniger Steuereinnahmen für die Kommune.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Doch eine umgekehrte Zuführung, also vom Vermögenshaushalt in den Verwaltungshaushalt, ist nicht rechtskonform, wie Fischer sagte. "Ich schaue mir jetzt aber mal die Corona-Verordnungen genau an, denn in diesem Ausnahmejahr der Pandemie wäre es durchaus sinnvoll, wenn der Gesetzgeber da flexibel reagiert", sagte der Kämmerer. Die andere Option: ein Streichkonzert, allerdings eben innerhalb des Verwaltungshaushalts. Dort schlagen - neben den gesetzten Posten wie etwa Personalkosten - im kommenden Haushalt zwei Themen besonders zu Buche. Das ist zum einen die Erstellung eines Kanalkatasters mit etwa Ausgaben von 450 000 Euro, zum anderen kommt Unterhalt von Straßen mit mehr als 560 000 Euro teurer als üblich.

Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative) fragte nach, ob die Kommune denn verpflichtet sei, das Kanalkataster im kommenden Jahr zu erstellen. Nicht zwingend, antwortete Bürgermeisterin Verena Reithmann (UBI), allerdings hänge die zehnprozentige Förderung der Maßnahme, also immerhin 40 000 Euro, an einem Zehn-Jahres-Turnus.

Die Rathauschefin regte deshalb an, "den Blumenstrauß komplett zu öffnen" - eine euphemistische Beschreibung dafür, sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. 2021 müssten, so Fischer, zum Beispiel einige Wasserleitungen saniert werden, was mit etwa 570 000 Euro zu Buche schlage. Diese Kosten ließen sich zwar für die Gemeinde über eine Gebührenanpassung regeln, allerdings erst hinterher - die Kommune müsse also in Vorleistung gehen. Josef Mock (UBI) warnte jedoch davor, bei solcherlei Posten anzusetzen: "Wir haben einen Investitionsstau, und wir kommen in Teufels Küche, wenn wir solche Arbeiten nicht anpacken. Auch wenn es uns finanziell nicht gut geht, müssen wir in den sauren Apfel beißen." Reithmann erspähte eher bei den Straßen Sparpotenzial: So ließe sich die geplante Ausbesserung des Pflasters am Angerl schieben (circa 30 000 Euro) und - wie Nipperdey einwarf - auch die Sanierung des Wenzbergs vorerst streichen. Dort sollte eigentlich 2021 ein Gehweg errichtet werden, um die Lücke zwischen B 11 und Bahnschranken zu schließen, und Parkplätze befestigt werden. Kosten: 130 000 Euro.

"Äußerst, äußerst schwierig": Ickings Kämmerer Stefan Fischer.

Ickings Kämmerer Stefan Fischer.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Mitglieder des Finanz- und Planungsausschusses stellten in diesem Zuge auch Posten im Vermögenshaushalt auf den Prüfstand. So wird unter anderem wohl der Wunsch nach einem Lastenaufzug fürs Catering der Mittagsbetreuung nicht erfüllt, und die Umgestaltung der Kinderspielplätze soll sukzessive erfolgen, um die Kosten zu strecken und die Areale mit ihren neuen Geräten interessant zu halten. Für Erstaunen angesichts der Finanzlage sorgte der schriftlich eingereichte Wunsch von Gemeinderat Julian Chucholowski (SPD), 10 000 oder 15 000 Euro für die Sanierung und Neuerrichtung von Bänken im Gemeindegebiet vorzusehen. Hier plädierten die Ausschussmitglieder dafür, Bänke doch besser sponsern zu lassen und geeignete Plätze dafür öffentlich bekannt zu machen.

Der Ickinger Bauhofleiter Stephan Burlein soll nun bis zur nächsten Sitzung eine Dringlichkeitsliste vorlegen, was die Sanierung der Wasserleitungen anbelangt. Fischer will damit und mit den bisherigen Vorschlägen den Haushaltsentwurf überarbeiten. Dieser soll dann noch einmal im Ausschuss besprochen werden, ehe er im Gemeinderat vorgestellt wird. "Wir müssen nicht verzweifeln", schloss Fischer leicht zuversichtlich. "Und wenn tatsächlich alles ausgeschöpft ist, dann steht halt notfalls eben ein Minus im Verwaltungshaushalt." In diesem Falle sei eben der Staat gefragt, in diesem Pandemie-Jahr die Umstände anzuerkennen und das Minus durchgehen zu lassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: