Adventsmusik zur falschen Zeit:Stille Nacht mit Schweißausbruch

Adventsmusik zur falschen Zeit: Konzentration vor Plastikbäumchen: Der Isura-Madrigal-Chor bei der CD-Aufnahme in der Aula von Sankt Matthias in Waldram.

Konzentration vor Plastikbäumchen: Der Isura-Madrigal-Chor bei der CD-Aufnahme in der Aula von Sankt Matthias in Waldram.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Isura-Madrigal-Chor nimmt in Kooperation mit dem BR eine CD auf

Von Paul Schäufele, Wolfratshausen

Am Miniatur-Weihnachtsbaum brennen die Lichter, genauso wie auf dem technisch avancierten Elektro-Adventskranz, dessen Plastikkerzen auf wundersame Weise die Farben wechseln. Zugegeben, das überzeugt nicht ganz. Aber dann ist da ja auch noch die Musik, denn während draußen Sonnenschirme aufgespannt werden, sorgt der Isura-Madrigal-Chor in der Aula von Sankt Matthias Waldram für prospektives Weihnachtsglück. Unter der Leitung von Johannes Buxbaum nimmt der Chor anspruchsvolle Werke der Advents- und Weihnachtsmusik auf.

Es ist die zweite CD, die der ambitionierte A-cappella-Chor aus Geretsried in Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk beim Label "Querstand" veröffentlicht. Die Reger-Einspielung von 2015 hat durchweg positive Reaktionen hervorgerufen. Nun dachte sich Chorleiter Buxbaum, dass es wieder an der Zeit sei, eine Etappe in der Entwicklung des Chores festzuhalten: "Der Chor verändert sich, verbessert sich. Er ist ein lebendiges Gebilde, Leute kommen dazu, andere verlassen ihn. Da ist eine CD ein schönes Mittel zur Dokumentation."

Dass es dieses Mal eine Weihnachts-CD wird, liegt nicht nur an den Vorlieben potenzieller Käuferinnen und Käufer. Mit den Adventsgesängen wird auch ein Teil des Programms aufgenommen, das der Chor bei einem seiner jüngsten Konzerte aufgeführt hat. Man ist noch in der Übung, kann man sagen. Zusätzliche Proben gab es seit Ostern. Und das hört man. Bei einer harmonisch dichten Bearbeitung des Klassikers "Stille Nacht, heilige Nacht" sitzen die Töne, die Einsätze stimmen, Textverständlichkeit ist ohnehin gegeben. Es klingt schön, keine Frage.

Und doch, von irgendwoher wird Kritik vernehmlich. Aus einem Kästchen nahe der Dirigentenflanke kommen Sätze wie "Da fehlt es an Durchsichtigkeit, dort waren die Einsätze nicht ganz perfekt, hier kamen die Endkonsonanten nicht ganz aufeinander. . ." Die Stimme aus der Tiefe gehört zu Eckhard Glauche im Übertragungswagen. Als Tonmeister ist er verantwortlich für die technische Umsetzung der Aufnahme und in dieser Funktion erstes Publikum und erster Kritiker, Perfektion einfordernd. Gelegentlich kommen da auch umsichtige Vorschläge zur künstlerischen Gestaltung: "Das klingt noch etwas ernst. Könnte man das ein bisschen amerikanischer probieren, schmalziger?"

Für Johannes Buxbaum sind diese Hinweise äußerst wertvoll. "Das ist eine sehr wichtige Kritik. Wenn man vor dem Chor steht, kann man nicht alles im Detail wahrnehmen. Das gibt dem Chor wahnsinnig viel," sagt er. Nach oben gibt es keine Grenzen, zumal bei einem Ensemble, mit dem man professionell arbeiten kann.

Deshalb ist das der Rhythmus der CD-Aufnahme: Singen, Verbesserungsvorschläge, Räuspern, Singen. Und noch einmal von vorne, und noch einmal. Das Vorgehen ist dabei recht kleinteilig. Oftmals werden nur einzelne Phrasen gesungen, bis auch jeder Ton stimmt und zum richtigen Zeitpunkt erklingt. So lässt sich auch erklären, weshalb für die Aufnahme der Platte fast ein gesamtes Wochenende eingeplant wurde - dabei ist die Zeit nicht großzügig bemessen. Dass die Sängerinnen und Sänger auch beim x-ten Neuansatz nicht den Schwung verlieren, liegt an der Begeisterung für die Sache und den Wunsch, am Ende eine Einspielung produziert zu haben, die nicht ausschließlich mit den Gabentischen der engsten Freunde und Verwandten kompatibel sein soll. Die Aufnahme ist für alle gedacht, die Freude an klassischer Chormusik haben.

Dass der Isura-Madrigal-Chor dabei hohe Ansprüche an sich stellt, zeigt auch die Programmauswahl. Neben den womöglich auch am Heiligabend im Familienkreis gesungenen "Stille Nacht" und "Fröhlich soll mein Herze springen" steht komplexe romantische Chormusik. So ist auch Anton Bruckners ergreifende Motette "Virga Jesse" auf dem Programm und Felix Mendelssohn Bartholdys achtstimmiges "Frohlocket, ihr Völker auf Erden". Ein Beispiel für zeitgenössische Musik findet sich mit "O magnum mysterium" des amerikanischen Komponisten Morten Lauridsen.

Am Sonntagabend dürfen sich die circa vierzig Sängerinnen und Sänger von dieser nicht alltäglichen Aufgabe erholen. Bis zur Veröffentlichung der Aufnahme allerdings ist Geduld gefragt. Wohl Anfang Dezember wird zu hören sein, ob es den Isuranern gelungen ist, in kurzen Hemden Weihnachtsstimmung auf die Platte zu bringen. Doch bei der Kombination von versiertem Dirigenten, begeisterten Vokalisten und, hellhörigem Tonmeister stehen die Chancen gut.

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