"Absoluter Leichtsinn":Spektakuläre Rettung am Stauwehr

Erneut sind vier Schlauchbootfahrer in die Wasserwalze am Tölzer Stausee geraten. Feuerwehr und Wasserwacht gelingt es im letzten Augenblick, sie zu bergen

Von Wolfgang Schäl

Gerade einmal vier Wochen ist es her, dass ein Mann bei dem Versuch, das Tölzer Stauwehr mit einem Kanu zu durchqueren, ertrunken ist. Nun ist es dort schon wieder zu einem dramatischen Zwischenfall gekommen. Vier Münchner im Alter von 32 bis 42 Jahren fuhren nach Angaben der Polizei am Freitag gegen 20.10 Uhr in zwei Booten die Isar abwärts. Als sie am Stauwehr ankamen, begutachtete einer der Schlauchbootfahrer von Land aus das Wehr, und da er es für befahrbar hielt, stieg er wieder ins Boot und alle setzten die Fahrt durchs linke Schleusentor fort. Die laut Polizei unübersehbaren Warnhinweise nahmen sie angeblich nicht wahr.

Beim Durchfahren des Wehrs kenterte das erste Boot, worauf sich die beiden Verunglückten am nachfolgenden Boot festklammerten, bis dieses schließlich auch noch umkippte und alle im Wasser lagen. Die vier Männer gerieten in die gefährliche Wasserwalze und machten durch Hilferufe auf sich aufmerksam.

Sie hatten das große Glück, dass ein am Isarkraftwerk wohnendes Ehepaar ihre Schreie hörte und erste Rettungsmaßnahmen einleitete. Gemeinsam mit anderen Helfern warfen sie den havarierten Bootsfahrern einen Rettungsring zu. Schließlich konnten alle vier in Zusammenarbeit diverser Einsatzkräfte geborgen werden.

Ausgerückt war ein großes Aufgebot: die Tölzer Wasserwacht, die Ortsfeuerwehr, die DLRG Geretsried, Rettungswagen aus Lenggries und Penzberg sowie ein Notarzt, ebenfalls aus Bad Tölz. Drei der Bootfahrer wurden nach einer Erstversorgung mit Unterkühlung völlig erschöpft ins Krankenhaus gebracht. Der Wasserwacht gelang es schließlich auch, die auf dem Wasser treibenden Boote aus dem Wehr zu ziehen.

Aus Sicht der Tölzer Polizei gibt es für den erneuten schwerwiegenden Vorfall keine andere Erklärung als "absoluten Leichtsinn", wie einer der Beamten am Sonntag feststellte. Die Warnschilder seien gut sichtbar aufgestellt, und einer der Männer sei ja eigens ausgestiegen, um sich über die Situation zu informieren. Daran werde deutlich erkennbar, dass er die Warnung in den Wind geschlagen habe. Freilich wirke die Stelle auf den ersten Blick eher ungefährlich, erst wenn man die Strömungen eine Zeitlang genau beobachte, werde klar, "dass sich da im Wasser einiges rührt".

Der erwähnte tödliche Unfall hatte sich am 20. Juli ereignet, es war bereits der vierte an dieser Stelle. Opfer war ein 43-Jähriger aus dem Landkreis Augsburg. Die Schleusen des Isarkraftwerks sind derzeit geöffnet, weil die Betonumbauung des Hauptabwasserkanals der Stadt Bad Tölz instandgesetzt werden muss. Dieser führt durch den Isarstausee und wurde durch das Hochwasser im Frühling beschädigt. Der Isarstausee wurde abgelassen, die Isar fließt seither als recht schmales Flüsschen durch die Baustelle. Dort müssen alle Bootsfahrer aussteigen.

Schon weit vor dem Wehr warnen Schilder vor der Gefahr. Auch an der Baustelle stehen große Tafeln, die auf die Lebensgefahr hinweisen. "Schlimm, ein Wahnsinn", sagte Bürgermeister Josef Janker zu dem tödlichen Unfall vor wenigen Wochen. Zwischenzeitlich haben die Wasserwacht und die Stadt auf die Vorfälle reagiert. Die Ausstiegsstelle vor dem Wehr wurde angeblich noch besser gekennzeichnet. An der Baustelle sind Bauzäune in das Wasser gestellt worden, um die Bootfahrer an der Weiterfahrt zu hindern. An der Wehranlage selbst wurden Rettungsringe und Seile angebracht. Nach Auskunft der Stadtwerke dauern die Bauarbeiten voraussichtlich noch bis Ende August.

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