Süddeutsche Zeitung

Wolfratshausener Politik:Jahr ohne Märkte

Wolfratshausen sagt wegen Corona alle Fierantentreffen in der Altstadt ab. Verkaufsoffene Sonntage soll es jedoch geben - wenn sie genehmigt werden. Für den Budenzauber im Advent sucht man dezentrale Alternativen

Von Claudia Koestler

Einen Christkindlmarkt, wie man ihn bisher im Ober- und Untermarkt von Wolfratshausen kannte, wird es in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht geben. Und auch die Jahrmärkte, die die Stadt heuer noch auf der Veranstaltungsagenda gehabt hätte, müssen wohl ausfallen. Das hat der Hauptausschuss des Stadtrats in seiner Sitzung am Dienstag einstimmig beschlossen - wenn auch schweren Herzens, wie die Mitglieder deutlich machten.

Diese Entscheidung bedeutet eigentlich zudem, dass in der Loisachstadt auch die verkaufsoffenen Sonntage nicht stattfinden werden, schließlich sind sie direkt an die verschiedenen Märkte angegliedert. Doch so ganz wollten die Stadträte die Hoffnung nicht aufgeben, Geschäftsleuten und Bürgern in schwierigen Zeiten trotzdem etwas zu bieten. "Wir können die Stadt ja nicht auf Null fahren", sagte Fritz Schnaller (SPD), und auch Helmut Forster (Wolfratshauser Liste) stieß ins selbe Horn: "Wenn man jetzt gar nichts mehr macht, geht was ab in der Stadt und wir fahren Wolfratshausen immer weiter nach unten", warnte er. Nach intensiver Diskussion einigten sich die Ausschussmitglieder deshalb darauf, dass die verkaufsoffenen Sonntage nur dann ausfallen sollen, "sofern eine Genehmigung nicht in Aussicht gestellt wird", wie es im Beschluss lautet. Will heißen: Sollte die Regierung die Regelungen plötzlich ändern, könnten in Wolfratshausen doch noch die Läden öffnen.

Einen echten Plan B soll es hingegen beim Christkindlmarkt geben: Sollte dieser heuer aufgrund der Regelungen zum Infektionsschutz nicht durchführbar sein, soll geprüft werden, ob man ein alternatives, dezentrales Veranstaltungsformat auf die Beine stellen kann. Die Verwaltung soll gemeinsam mit der Lenkungsgruppe, dem Ordnungs- und dem Kulturamt an einem Konzept arbeiten.

Die Bundesregierung hatte es jüngst klar erklärt: Bis zum Ende des Jahres dürfen keine Großveranstaltungen mehr durchgeführt werden. "Jetzt können wir trefflich darüber streiten: Ist der Christkindlmarkt eine Großveranstaltung oder nicht", sagte Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) eingangs. In seinen Augen treffe das zu, denn im Bestfall zähle die Stadt bis zu 6000 Besucher im Markt. "Somit ist das Risiko, vor allem in der Winterzeit, zu hoch." Der Christkindlmarkt sei eine Veranstaltung, "die jedem von uns jedes Jahr viel Spaß gemacht, auf die man sich gefreut hat", sagte Peter Plößl (CSU). "Und dass man eine solche Veranstaltung nicht leichtfertig absagt, das kann sich jeder denken." Allerdings sehe seine Fraktion keine Chance, den Markt in seiner bisherigen Form durchzuführen.

Dem Urteil schloss sich auch Schnaller an: "Trotzdem sollten wir im Hinterkopf einen Plan B haben." Sein Vorschlag: "Etwas, das wesentlich aufgelockerter ist, ohne Alkoholangebot. Also nur Hardware, und das räumlich strecken und zwar über den Markt, den Bereich der Alten Floßlände, Am Floßkanal, und mit Maskenpflicht. Dann haben wir vielleicht keine 6000 oder 8000 Besucher mehr, aber dennoch ein Angebot." Auch Annette Heinloth (Grüne) kann sich "etwas Dezentrales" als Ersatz für den Christkindlmarkt gut vorstellen. "Wir haben die Hütten, wir haben viele schöne Plätze und Orte, wir haben viele engagierte Bürger, die bei so etwas bestimmt gerne mitmachen würden", sagte sie.

Josef Praller (Bürgervereinigung) brachte zudem ein paar konkrete Ideen ins Spiel: "Früher etwa gab es Weihnachten am Untermarkt, Weihnachten am Wasen, in der Berggasse. Solche Aktionen würde ich präferieren." Jahrmärkte hingegen "gehen auf keinen Fall, auch keine verkaufsoffenen Sonntage als Annex", so Heinloth. Damit stieß sie auf breite Zustimmung im Gremium. Forster aber wollte zumindest für die verkaufsoffenen Sonntage eine Lanze brechen: "Auch da sollten wir etwas probieren. Die Geschäfte kämpfen um ihre Existenz, und wenn wir sie unterstützen können und die Vorschriften eingehalten werden, sollte man das machen."

Einig war sich der Hauptausschuss darin, dass bei einer alternativen Form des Christkindlmarktes der Ausschank von Alkohol kritisch zu sehen ist. Assunta Tammelleo (Grüne) warnte zwar davor, dass ein Alkoholverbot schnell gekippt werden könnte. Zu ihrem Beispiel aus München, wo ein solches Verbot jüngst juristisch erfolgreich angefochten worden war, erklärte Heilinglechner jedoch, dass es sich dabei um ein allgemeines Alkoholverbot auf offenen Flächen gehandelt habe. "Wenn wir einen Christkindlmarkt veranstalten und dafür ein Alkoholverbot vorgeben, ist das rechtlich haltbar. Nur wenn Besucher selbst Alkohol mitbringen, können wir nicht eingreifen", schloss der Rathauschef.

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SZ vom 10.09.2020
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