Süddeutsche Zeitung

Geänderte Zeremonien wegen Corona:Festreden über Video, Glückwünsche per Ellbogengruß

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Aufgrund der Pandemie ist eine feierliche Vergabe der Abiturzeugnisse dieses Jahr nicht möglich. Sechs Schulen im Landkreis erklären ihren Ansatz

Von Sebastian d'Huc, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Verleihung des Abiturzeugnisses ist für viele Gymnasiasten der Höhepunkt und das Ende ihrer Schullaufbahn. Wegen der Corona-Pandemie ist es heuer aber kaum möglich, eine Veranstaltung mit mehreren Hundert Teilnehmern durchzuführen. Um dem scheidenden Abschlussjahrgang dennoch einen schönen Abschied zu ermöglichen, werden viele Schulen im Landkreis kreativ, um Hygieneauflagen und Festlichkeit unter einen Hut zu bringen.

Das Gabriel-von-Seidl Gymnasium in Bad Tölz und das Gymnasium Kloster Schäftlarn handhaben die Planungen sehr ähnlich. "Wir haben uns entschieden, den Jahrgang in zwei Teile zu teilen. Jeder Schüler darf zwei Angehörige, also zumeist seine Eltern, mitbringen", erklärt der Tölzer Schulleiter Alexander Göbel. In Tölz findet die Zeremonie je nach Wetter im Pausenhof oder in der Turnhalle statt. Weil zweimal gefeiert werde, müsse man das Programm kürzen. "Dieses Jahr werden nur die Schüler, die Oberstufenkoordinatoren und ich eine Rede halten. Allerdings gibt es ein wenig Livemusik". Schwierig sei die Vorbereitung gewesen, weil das Kultusministerium erst sehr spät, als die Planungen schon weitgehend abgeschlossen waren, Vorgaben gemacht habe. "Da hätte ich mir früher klare Aussagen gewünscht."

In Schäftlarn sei es aufgrund der großen Kirche sogar möglich, den Gottesdienst zu feiern, der andernorts oft ausfalle, erklärt Schulleiter Wolfgang Sagmeister. Bei der Zeremonie in der Turnhalle werde der Abt, der Schulleiter, die Schüler und der Bürgermeister reden - letzterer allerdings nur einmal. "Traurig ist für uns, dass der traditionelle Lehrerchor ausfallen muss."

Die beiden Ickinger Gymnasien planen lediglich kleine Feiern. Am Rainer-Maria-Rilke Gymnasium werden den gesamten Freitagnachmittag über Gruppen von jeweils fünf Schülern, ausschließlich in Anwesenheit der Eltern, in einer zehnminütigen Zeremonie die Zeugnisse entgegennehmen. Große Festreden gibt es nicht. Wegen der Renovierung der Turnhalle sei es eine große Veranstaltung nicht möglich. "Der Vorteil von unserer Lösung ist, dass die Übergabe sehr intim sein wird. Die Schulleiter und Oberstufenkoordinatoren werden jeweils kurze, persönliche Reden über die jeweiligen Schüler halten, die in Absprache mit ihren Lehrern geschrieben wurden", erklärt Oberstufenkoordinator Wolfgang Adam. Im Günter-Stöhr-Gymnasium seien den ganzen Tag über 30-minütige Zeremonien mit je zwei Schülern geplant. Auch hier werden die Klassenleiter persönliche Reden halten, bevor sich die Schüler mit ihren Eltern auf die Terrasse der Villa Eggenberg zu einem kleinen Umtrunk begeben können. Das Zeugnis selbst werde bei beiden Schulen auf einen Tisch gelegt, nicht in die Hand gedrückt.

In Geretsried hätten die Schüler darum gebeten, dass der Abiturjahrgang nicht auf zwei oder mehr Teile aufgespalten wird. Deswegen dürfe der Veranstaltung lediglich ein Elternteil der Abiturienten beiwohnen, erklärt Oberstufenkoordinatorin Bettina Baumgartner. Außerdem müssten die Noch-Schüler in Tranchen eintreffen, damit nicht zu Gedränge am Einlass komme. Ansonsten gehe die Veranstaltung weitgehend wie in den Vorjahren vonstatten: Bürgermeister, Schulleiter, Schüler und der Elternbeirat werden sprechen. Die Zeugnisübergabe findet mit Mund-Nasen-Schutz statt. "Das Foto werden wir vermutlich ebenfalls mit Maske machen müssen", sagt Baumgartner. "Aber das ist auch eine Erinnerung an dieses besondere Jahr."

Möglicherweise am innovativsten hat sich das Gymnasium Penzberg an die Situation angepasst. "Bei uns werden 70 Leute mit Abstand in der Aula sitzen - Lehrer, Schüler, Ehrengäste. Gleichzeitig werden die fünf Festreden, unter anderem von Landrätin Lochner-Weiß, und die Musik per Video in alle Klassenzimmer gestreamt", erklärt Oberstufenkoordinator Christoph Hopfmüller. So können nicht nur die Eltern, sondern auch Geschwister und Verwandte der Zeremonie beiwohnen. Jeweils 15 Personen werden in jedem Klassenzimmer mit Sicherheitsabstand sitzen. Die Schüler bekommen dann in der Aula ihre Zeugnisse überreicht und ziehen sich zu ihrer Familie in die Klassenzimmer zurück. Schulleiter Bernhard Kerscher werde beim Überreichen der Zeugnisse Handschuhe tragen, statt eines Händedrucks gebe es wohl einen "Ellenbogen-Check", sagt Hopfmüller. "Die Situation ist schwierig, aber mit dieser aufwendigen Zeremonie schaffen wir es, eine wirklich schöne, würdige Veranstaltung durchzuführen. Der Jahrgang ist ganz besonders. Sie bezwingen die Steine, die ihnen Corona in den Weg legt, mit großer Bravour."

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SZ vom 16.07.2020
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