Süddeutsche Zeitung

80. Geburtstag:"Ich bin Opa-Abt"

Gregor Zasche will sich langsam auch aus dem Unterricht in Schäftlarn zurückziehen

Von David Holzapfel

Für Gregor Zasche sind einige Geschenke an der Pforte des Kloster Schäftlarn abgegeben worden. Dort lebt und arbeitet der emeritierte Abt nun schon seit mehr als 60 Jahren, kürzlich hat er seinen 80. Geburtstag gefeiert. "Ich bin Opa-Abt", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Geboren wurde Zasche im Jahr 1938 in Berlin, dort lehrte sein Vater Slawistik an der Humboldt-Universität. "Meine Eltern waren liberal gläubig, ich bin im so genannten Milieu aufgewachsen", berichtet der Abt. "Milieu" beschreibt den damals vorherrschenden Zeitgeist: Die Bevölkerung ging einem bürgerlichen Leben nach, Religion galt jedoch als Sinngebungsgebäude und übergeordnete Instanz. Gleich nach dem Abitur entschloss sich der junge Mann, der Benediktinerabtei Schäftlarn beizutreten, er war gerade 20 Jahre alt geworden.

Diese Entscheidung traf Zasche in einem Achsenjahr für die Katholische Kirche. Das Zweite Vatikanische Konzil - also eine gewisse Öffnung der Kirche hin zur Außenwelt - befürwortete er, ebenso die fortschreitende pluralistische Denkweise der Gesellschaft. "Vieles innerhalb der Kirche war ja abgestanden, geradezu verstaubt", sagt er heute. Zasche spricht ruhig und überlegt. Fortlaufend setze er sich kritisch mit seinem Glauben auseinander. Damals vorherrschende Lehrmeinungen der Kirche, wie die Vorstellung, außerhalb des Katholizismus gäbe es keinen Weg in den Himmel, teilte er schon als junger Mann nicht.

Was die Welt zusammenhält

Bereits früh beschäftigte ihn die Frage, was die Welt denn nun in ihrem Innersten zusammenhalte. So fand er seine Erfüllung im Studium der Philosophie und Theologie. "Ich hatte einfach Spaß daran, Wissen zu erwerben und Hintergründe abzuklopfen", sagt Zasche. Er sei schon immer eher ein sitzender, als ein praktischer Philosoph gewesen. Das klösterliche Leben habe ihm dafür einen geeigneten Rahmen geboten.

Zasche entschloss sich, am katholischen Gymnasium des Klosters die Fächer Englisch, Französisch und Religion zu unterrichten. Das aktuelle Schuljahr markiert jedoch das Ende seiner Lehrertätigkeit. "Ich will aufhören, bevor jemand sagt: Jetzt wird es ja doch so langsam Zeit", sagt er. Von 1976 bis 2008 stand er dem Kloster Schäftlarn als Abt vor. Später sogar als Abtpräses, das heißt, als Vorsitzender der Bayerischen Benediktiner-Kongregation.

Ob er seine Entscheidung, in ein Kloster einzutreten, je bereut hat? "Selbstverständlich kamen zeitweise Zweifel auf", sagt Zasche. Das sei wie im außerklösterlichen Leben: Kein Mensch sei frei von Zweifel und Unsicherheit. Sein Glaube habe sich im Laufe der Zeit jedoch stetig verstärkt: "Ich bin noch überzeugter geworden."

Seit Gregor Zasche weitgehend aus der Öffentlichkeit und dem Berufsleben getreten ist, widmet er sich verstärkt auch anderen Tätigkeiten. Er arbeite philosophisch, lese Bücher und schreibe auch ein wenig. "Zu einem eigenen Opus konnte ich mich aber noch nicht aufschwingen, die zündende Idee, die ein solches Buch verdienen würde, habe ich im Augenblick noch nicht", sagt er. Wenn es die Zeit erlaubt, geht er Skifahren und Wandern in Wald und Bergen. Langeweile wird bei ihm also vermutlich auch künftig kaum aufkommen.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2018
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