Teilnehmer aus ganz Deutschland:Wolfratshausen wird zur Hauptstadt der Flößerei

Lesezeit: 3 min

Das Denkmal steht, ein Lehrpfad für Kinder wird eingeweiht: Wolfratshausen bereitet sich auf das Treffen der Zunft vor. Höhepunkt wird die Johannifloßprozession sein, die nur alle drei Jahre stattfindet.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Es ist punkt 14 Uhr am Donnerstag, als der Memminger Kunstschmied Kurt Übele auf der Verkehrsinsel des Kreisverkehrs am Wolfratshauser Hans-Urmiller-Ring seinen Zeigefinger nach unten streckt. Der Kranführer steuert, und die knapp vier Tonnen schwere Skulptur des Künstlers Jürgen Batscheider setzt auf dem Betonfundament passgenau auf. Batscheider, der den Transport von Memmingen begleitet und die Verladeaktion mit dem fünfachsigen Riesenkranfahrzeug mit seiner Videokamera gefilmt hat, lächelt zufrieden. Der verzinkte Flößer, der als Relief aus einer vier Meter hohen und drei Zentimeter dicken, patinierten Stahlplatte über drei Eichenstämmen ragt, blickt stadtauswärts, wie er es wollte. "Internationale Flößerstadt Wolfratshausen" steht auf dem neuen Wahrzeichen an der Einfahrt zur Stadt.

Im Zeichen der Flößerei: Der Deutsche Flößertag findet vom 18. bis 21. Mai erstmals in Wolfratshausen statt. Die Johannifloßprozession am Samstag wird der Höhepunkt der Tagung. (Foto: Stadt/oh)

Die Flößerei war noch nie so präsent im Wolfratshauser Stadtbild wie derzeit. Am Loisachufer stehen seit Tagen die Tafeln des Kinderflößerpfades, der am Montag eingeweiht wird, und auch das Original-Floß, das monatelang fast unbeachtet am Autobahnzubringer stand, ist nun von blauen Wellen im Gras umgeben und gut sichtbar. Ein weißes Banner weist auf den Deutschen Flößertag hin, der von Donnerstag, 18., bis Sonntag, 21. Mai, erstmals an der Loisach stattfindet. Die Stadt hat die Tagung der Mitgliedervereine der Deutschen Flößerei-Vereinigung zum Anlass genommen, sich für alle sichtbar als Flößerstadt zu präsentieren. Erwartet werden Gäste aus der ganzen Bundesrepublik, von Altensteig bis Zeitz. Höhepunkt ist die Johannifloßfahrt am Samstagabend.

Der Kinderflößerpfad wurde eigens für den Deutschen Flößertag errichtet. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wie die städtische Torismusmanagerin Gisela Gleißl berichtet, haben sich bereits 126 Teilnehmer angemeldet, die in Wolfratshausen ein straffes und buntes Programm erwartet: Anreise ist am Donnerstagnachmittag, am Abend gibt es für die Tagungsteilnehmer ein erstes, gemeinsames Abendessen im Gasthaus Flößerei, wo sich der Vorstand des Dachverbands vorher zur Sitzung trifft. Am Freitag geht es dann aufs Wasser: Die Wolfratshauser Flößer Franz und Josef Seitner werden mit zwei Flößen von Wolfratshausen bis zur Floßlände in München-Thalkirchen fahren. Gäste, die nicht an der Floßfahrt teilnehmen, bekommen eine historische Stadtführung und besuchen das Heimatmuseum mit anschließendem Mittagsessen. Sollte die Floßfahrt wegen Hochwassers abgesagt werden müssen, werden die Tagungsgäste das Kloster Schäftlarn besichtigen und nach einem Mittagessen auf dem Starnberger See eine Bootsfahrt machen. Bei einem "bayerischen Abend" in der Loisachhalle wird dann Bürgermeister Klaus Heilinglechner die Delegationen offiziell begrüßen - und Hans-Walter Kewerloh, der 30 Jahre lang Vorsitzender der Deutschen Flößerei-Vereinigung war, feierlich verabschieden. Vor der Halle wird der Holzbildhauer Sebastian Buchwieser live mit einer Motorsäge eine Flößerskulptur gestalten. Ebenfalls am Freitagabend werden die Flöße für die Prozession an der Alten Floßlände aufgebaut.

Rechtzeitig zum Deutschen Flößertag wurde die neue Flößerskulptur aufgestellt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die offizielle Mitgliederversammlung mit Neuwahlen des Dachverbands findet am Samstagvormittag in der Loisachhalle statt. Für Teilnehmer, die dem Verband nicht angehören, wird in der Flößerei der Dokumentarfilm "Fahr ma obi am Wasser" von Walter Steffen gezeigt, der am Mittwochabend Deutschlandpremiere in München feierte. Am Nachmittag gibt es zwei Vorträge in der Loisachhalle: einen von Christian Steeb zur Flößereigeschichte und einen von Lisa Walleit zur Ausstellung "Vom Wasser auf die Straße" des Flößer-Kulturvereins München-Thalkirchen, die noch bis 31. Mai im Foyer der Loisachhalle zu sehen ist. Dort werden sich auch das Stadtarchiv und das Heimatmuseum mit einer kleinen Ausstellung präsentieren. Vor der Halle wird wieder Bildhauer Buchwieser am Werk sein.

Abends bildet die Johannifloßprozession in der Altstadt den festlichen Höhepunkt der Tagung. Die Prozession wurde bis 1910 regelmäßig durchgeführt, zu Ehren des Heiligen Johannes Nepomuk. In Anlehnung an den historischen Ablauf wurde sie 1994 mit dem Neubau des Kastenmühlwehrs in dreijährigem Rhythmus wieder eingeführt, mit einem Festzug der Wolfratshauser Traditionsvereine nach Anbruch der Dunkelheit zur mit Fackeln und Feuern stimmungsvoll beleuchteten Alten Floßlände. Am Samstag weicht die Prozession von den historischen Vorgaben ab: Um 19 Uhr findet in der Kirche St. Andreas ein feierlicher Gottesdienst statt. Anschließend spielen die Münsinger Musikkapelle und der Geltinger Spielmannszug ein Standkonzert auf dem Marienplatz. Um 20.45 Uhr fahren dann diesmal gleich drei geschmückte Flöße an der Ablegestelle am Paradiesweg los, eine Viertelstunde später ziehen die Traditionsvereine in einem Festzug zur Alten Floßlände. Etwa zur gleichen Zeit lassen die Kinder am Uferweg beim Japanischen Garten ihre kleinen selbstgebauten Lichtflöße über die erste "Kinder-Floßrutsche" in die Loisach gleiten. Die Stadt lädt alle Kinder ein, sich daran zu beteiligen. Mitglieder der Feuerwehr Wolfratshausen und der DLRG achten auf ihre Sicherheit. Gegenüber, an der Alten Floßlände, werden die großen Flöße mit der Statue des heiligen Johannes dann um zirka 21.30 Uhr gesegnet, bei Musik und Gebet. Zum feierlichen Abschluss gibt es gegen 22.15 Uhr ein Feuerwerk.

Der Flößertag endet dann am Sonntagvormittag mit einem ökumenischen Gottesdienst, bevor die Teilnehmer wieder in ihre Heimatgemeinden abreisen. Bis dann wieder Flößervereine in der Loisachstadt tagen, wird es dauern. Der "Internationale Flößertag" fand schließlich im vergangenen Jahr bereits in Lenggries statt. Heuer ist die Veranstaltung in Maribor, 2018 in Finnland. "Bis wir dran sind, werden ein paar Jahre vergehen", prophezeit Gleißl.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: