Feuer in Maxvorstadt:Wenn ein Haus brennt und niemand weiß, wer dort wohnt

Drei Tote bei Brand in München

Bei dem Brand nahe dem Münchner Hauptbahnhof sind drei Menschen ums Leben gekommen. Hinweise darauf, dass das Haus überfüllt war, hatte die Polizei keine.

(Foto: dpa)
  • Bei einem Wohnungsbrand in München steht die Polizei vor einem Problem: Sie muss erst ermitteln, wer dort wirklich wohnt.
  • Die dichte Belegung des Mietshauses ist in München kein Einzelfall.
  • Oft wohnen arme Familien aus fremden Ländern auf engem Raum zusammen oder Firmen vermieten Betriebswohnungen an möglichst viele Bauarbeiter.
  • Bei dem Brand starben ein Vater und seine zwei Töchter.

Von Martin Bernstein und Susi Wimmer

Für Ottmar Schader vom Sozialreferat der Stadt ist in den Stunden nach dem verheerenden Feuer in der Dachauer Straße dies zunächst das Wichtigste: "Wir können alle Menschen unterbringen", sagt er. Ein Team seiner Mitarbeiter ist am Mittwoch mit Dolmetschern vor dem Brandhaus. Sie versuchen, mit den Mietern ins Gespräch zu kommen, die zum Teil ihr Hab und Gut verloren haben - und deren Ausweispapiere zurückblieben, als sie um 2 Uhr früh vor dem Feuer flüchteten.

In der Nacht konnten die Mieter zunächst in einem Hotel unterkommen. Jetzt finden sie in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe Unterschlupf oder in der Bayernkaserne, wo die Stadt im Rahmen des Kälteschutzprogrammes Betten für Menschen ohne Unterkunft aufgestellt hat. 97 Männer, Frauen und Kinder waren nach Auskunft der Münchner Polizei in dem Anwesen an der Dachauer Straße 24 gemeldet. "Allerdings wechselten die Mieter dort ständig", sagt Thomas Baumann, Sprecher der Münchner Polizei. Ob die dort gemeldeten Personen tatsächlich noch in dem Haus leben, oder ob noch Mieter dort wohnen, die gar nicht gemeldet sind, das müsse die Polizei noch mit "erheblichem Ermittlungsaufwand" klären.

Das Anwesen ist im Besitz der Bäckerei-Familie Hölzl. Bäckermeister Johann Hölzl aus Freising richtete hier im Jahr 1932 seine zweite Filiale ein, nach dem Stammgeschäft an der Augustenstraße. Im Nebenhaus befand sich nach Erinnerung von Anwohnern einst die Backstube. Die ist längst weg, ebenso das Café, stattdessen werden nun Militär-Artikel verkauft. Ein Schild wies am Mittwoch darauf hin, dass der Laden wegen Umbaus geschlossen sei. Das Bäckerei-Unternehmen verfügt nach Angaben von Angestellten noch über ein Büro in dem Anwesen. Johann Hölzl selbst will sich auf SZ-Anfrage zu nichts äußern. "Kein Kommentar", sagt er und legt auf.

Klar ist, dass in der Dachauer Straße 24 eine recht bunte Hausgemeinschaft wohnte: deutsche Mieter, Arbeiter aus Bulgarien oder Damen, die sich in der Tabledance-Bar gegenüber ihr Geld verdienen sollen. Das Anwesen besteht aus einem Vorderhaus, in dem der Brand wütete, und einem Rückgebäude. Der Dachstuhl des Vorderhauses war ausgebaut, fünf Appartements waren dort untergebracht. Die drei Toten und alle Verletzten lebten offenbar dort.

Trotz der vielen gemeldeten Bewohner gebe es bis dato allerdings noch keine Erkenntnisse, dass das Haus überfüllt gewesen sei, heißt es bei der Münchner Polizei. Auch Ottmar Schader vom Sozialreferat sagt, dass das Objekt nicht im Fokus stehe. Sozial-, Bau- und Kreisverwaltungsreferat haben einen gemeinsamen Arbeitskreis, der sich mit "prekärem Wohnen" befasst und bei unzumutbaren Umständen einschreitet. Dabei geht es um Sicherheit, Brandschutz, sanitäre Bedingungen - und auch um Überbelegung.

Die Dachauer Straße 24 war dort aber offenbar kein Thema. Wenn es allein um die dichte Belegung von Mietshäusern gehe, würde man in München wohl etliche Fälle finden, sagt Schader. Das Thema kennt auch Rudolf Stürzer, Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins München. Oft seien es Menschen aus anderen Ländern, die eine kleine Wohnung gemietet haben und dann die Familienangehörigen nachziehen lassen. Auch mieten häufig Firmen Wohnraum als Betriebswohnungen an, um sie dann beispielsweise für mehr Geld an möglichst viele Bauarbeiter weiterzuvermieten. "Gerade die Einkommensschwächeren müssen zusammenrücken", sagt Stürzer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: