Süddeutsche Zeitung

Wohnungsgesuch:"Ich rate davon ab, Dinge zu verheimlichen"

Immobilienwirt Sven Keussen erklärt, was genau im Mietgesuch stehen muss, wo man es am besten platziert und wie man mit kritischen Informationen umgehen sollte.

Interview von Christina Rebhahn-Roither

Wer auf Wohnungssuche ist und sein Glück zum Beispiel über Online-Portale versucht, steht oft auch vor der Herausforderung, ein Wohnungsgesuch zu verfassen. Wer auf Portalen wie "immowelt" seine Suchkriterien angibt, wird im Gegenzug über passende Angebote informiert. Stark gekürzt kann das Gesuch auch in Zeitungen gedruckt werden, um vor allem ältere Menschen zu erreichen. Und auch Makler interessieren sich für die Anforderungen der Mieter, um passende Kunden für ihre Angebote zu finden. Wie Sie ein gelungenes Mietgesuch verfassen und wo Sie es am besten platzieren, erklärt Immobilienwirt Sven Keussen, der Mitglied im Vorstand des Deutschen Immobilienverbands ist, im Gespräch.

SZ: Herr Keussen, ist ein klassisches Mietgesuch überhaupt noch zeitgemäß?

Sven Keussen: Gesuche sind nach wie vor wichtig. Geändert haben sich allerdings die Wege, über die sie Erfolg haben können. Früher hat man das Schreiben dem Makler und der Hausverwaltung gegeben, die dann aktiv nach Angeboten gesucht haben. Das funktioniert so nicht mehr. Gesuche sind zwar noch interessant für Makler, um schon vorhandene Immobilien zu vermitteln, dass sich jemand speziell auf die Suche macht, ist aber auch aus rechtlichen Gründen unrealistisch. Heute ist ein Gesuch vor allem für Online-Portale, das Verteilen in gewünschten Wohngebieten und in gekürzter Form gegebenenfalls auch in Zeitungsanzeigen wichtig und dafür sollte man sich auch entsprechend viel Mühe geben.

Welche Informationen sollte ein Wohnungsgesuch enthalten?

Es geht im Wesentlichen darum, dass die Lage definiert wird. Wenn es größere Metropolen wie München betrifft, dann auch die bevorzugten Stadtteile. Wichtig ist auch, dass man Geschosswünsche angibt und ob man einen Aufzug benötigt, weil das ein Ausschlusskriterium sein kann, genauso wie Parkplatzwünsche. Dann die Warmmiete, weil mit der Kaltmiete alleine die Gesamtbelastung nicht abschätzbar ist, und die Anzahl der Personen, die einziehen. Es sollte auch eine knappe Formulierung vorkommen, ob die Infrastruktur - zum Beispiel Verkehrsanbindung, Kindergarten, Einkaufsmöglichkeiten - wichtig ist. Und schließlich: ab wann ein Einzug möglich beziehungsweise gewünscht ist.

Wie viele private Details sollte man in der Anzeige preisgeben und wo liegt die Grenze zwischen "sich von seiner besten Seite zeigen" und "unglaubhaft wirken"?

Gerade in Ballungszentren wie München ist es empfehlenswert, wenn Mieter mehr als nur ihre Kontaktdaten angeben. Das muss aus Eigeninitiative geschehen, weil Hausverwalter, Vermieter oder Makler nur aktuell relevante Daten erheben dürfen, selbst wenn sie gerne mehr Informationen hätten. Ein Pluspunkt ist zum Beispiel, mit welchen Mitteln man sich die Miete leisten kann und ob man sich in unbefristeter Anstellung befindet. Bei Selbständigen wären Hinweise zur Einkommenssituation der vergangenen zwei bis drei Jahre sehr hilfreich. Alles zuzugestehen und nur Ja und Amen zu sagen, halte ich für einen Fehler. Das wirkt nicht authentisch. Auf jeden Fall sollte man auch nicht aufdringlich sein. Es gibt Mieter, die dann jeden zweiten Tag anrufen. Das ist eher kontraproduktiv.

Werden kritische Informationen wie ausgefallene Hobbies, das Schlagzeug oder Haustiere am besten schon im Gesuch erwähnt oder erst später angesprochen?

Ich würde es von vornherein immer sehr ehrlich halten, um beiden Parteien Mühen zu ersparen. Wenn es Dinge sind wie Musikinstrumente oder Tiere, die andere beeinträchtigen könnten, würde ich es gleich zu Beginn erwähnen. Was bringt das, wenn es sich später rausstellt und daran die Vermietung scheitert?

Manche denken möglicherweise, dass sich so etwas im persönlichen Gespräch leichter regeln lässt?

Natürlich kann man mit der Hoffnung suchen, dass der persönliche Eindruck auch über das ein oder andere Thema hinweg hilft, aber de facto geht es darum, wie andere beeinträchtigt werden könnten und das ändert sich nicht durch mögliche Sympathien. Ich würde davon abraten, Dinge zu verheimlichen, vor allem ist es nicht vertrauensbildend.

Muss man ein Foto beifügen?

Nein, ich würde keine Fotos mitschicken. Es kann sein, dass es einen emotionalen Vorteil bringt, ich kenne solche Familienbilder auch selbst. Trotzdem würde ich es vermeiden, weil Sie nie wissen, was der Vermieter erwartet.

Welche Überschrift setzt man am besten über das Schreiben?

Eher eine sachliche und keine reißerischen Headlines, ich warne vor übertriebenen Überschriften. In Ballungszentren schaut sich derjenige, der Mieter sucht, knappe und prägnante Beschreibungen an, die auf den Punkt kommen. Ich glaube, dass eine sachliche, zielgerichtete Bewerbung erfolgreicher ist als lange Ausführungen. Da reicht auch eine viertel bis halbe Seite. Übersichtlich sollte das Gesuch sein, am besten wie eine Checkliste.

Wo platziert man das Gesuch am besten und welche weiteren Tipps haben Sie für Wohnungssuchende?

Ich würde das Gesuch auf jeden Fall auf immoscout24 und immowelt hochladen. Auf ivd24 inserieren Makler in der Regel früher als auf großen Portalen und die muenchner-mietbörse.de ist ebenfalls empfehlenswert für die Suche, weil teilweise dort auch Hausverwaltungen ihre Bestände inserieren. Wenn Makler Immobilien haben, ist es für sie natürlich auch sinnvoll, die Suchkriterien der Interessenten zu kennen. Hilfreich können noch regionale Stadtteilanzeiger sein, denn es gibt schon noch eine Menge Menschen, die nicht versiert sind bei der Erstellung von Vermietungsanzeigen auf Portalen. Man kann auch versuchen, mit Hausmeistern aus bevorzugten Wohnanlagen Kontakt aufzunehmen und ein Umfeldmailing machen, in dem Bereich, wo man gerne wohnen würde. Dafür druckt man das Gesuch zum Beispiel einfach aus, wirft es - wo es erlaubt ist - in Briefkästen und stellt sich so als möglicher Nachmieter vor.

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