Wohnungsnot:OB Reiter fordert: Seehofer soll Investoren bremsen

Altbausanierung in München Giesing, 2017

Sanieren und verkaufen: Die Stadt München will die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschweren. Berlin soll helfen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Als Reaktion auf die explodierenden Mieten will Münchens Oberbürgermeister die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen stadtweit verbieten.
  • In einem Schreiben verlangt Reiter von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der auch für das Thema Bauen zuständig ist, dafür die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.
  • Bei den großen Fraktionen im Rathaus erfährt Reiters Vorstoß überwiegend Zustimmung.

Von Heiner Effern und Anna Hoben

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) unternimmt den nächsten Vorstoß im Kampf gegen explodierende Mieten. Investoren, die in München ein Haus kaufen, sollen die Mietwohnungen darin künftig nicht mehr in Eigentum umwandeln können - jedenfalls nicht ohne eine entsprechende Genehmigung der Stadt. In einem Schreiben verlangt Reiter von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der auch für das Thema Bauen zuständig ist, dafür die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Und noch eine zweite Forderung erhebt Reiter an den Bundesbauminister: Bekommt ein Investor von der Stadt die Genehmigung für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, soll er diese mindestens 15 Jahre lang nur an die Mieter veräußern können. Bisher gilt eine Frist von sieben Jahren.

Lange Zeit habe man vornehmlich in der Münchner Innenstadt sowie in innenstadtnahen Gebieten Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse beobachtet, führt Reiter aus. "Mittlerweile sind hiervon jedoch in München auch Stadtteile außerhalb der zentral gelegenen städtischen Gebiete betroffen." Kauft ein Investor in München ein Haus, sind die Mieter in der Regel voller Sorge: Was hat der Käufer vor? Und die Sorge ist selten unbegründet. Oft geht die Geschichte dann einen der klassischen Wege: Die Wohnung wird modernisiert, die Miete erhöht. Oder die Wohnungen werden in Eigentum umgewandelt und verkauft. Die Geschichte geht meist so aus, dass die Mieter ausziehen müssen.

Um diesen Mechanismen entgegenzuwirken, nutzt die Stadt das Instrument der Erhaltungssatzung, es soll helfen, das angestammte Milieu in einem Viertel zu bewahren. 21 solcher Gebiete gibt es in München, dort wohnen ungefähr 262 000 Menschen. Vor Kurzem hat der Stadtrat die Auflagen verschärft, die für einen Investor gelten, der in einem solchen Gebiet ein Haus kauft. Der Käufer muss nun nicht mehr nur auf überteuerte Modernisierungen, spricht Luxussanierung, verzichten; es gibt fortan auch einen Mietpreisdeckel, der deutlich strenger ist als die gesetzlichen Limits. Zudem sollen neue Mietverträge nur noch mit Interessenten abgeschlossen werden, die eine fest gelegte Einkommensgrenze nicht überschreiten. Der Abbruch des Hauses wird verboten.

Seit 2014 unterliegt in den von der Erhaltungssatzung geschützten Vierteln auch die Umwandlung in Wohnungseigentum einer Genehmigungspflicht. Die Stadt muss ihre Zustimmung nur erteilen, wenn der Käufer sich verpflichtet, die Wohnungen sieben Jahre lang nur an die bisherigen Mieter zu verkaufen. Reiter will diese Frist auf mindestens 15 Jahre verlängern. Auch wenn sich der Mieter den Kauf nicht leisten kann, wäre er zumindest so lange vor einer Veräußerung auf dem freien Markt geschützt. Diese Regelung will Reiter nun auf das gesamte Stadtgebiet ausweiten, wie er an Seehofer schreibt.

Für Beatrix Zurek, die Vorsitzende des Mietervereins München, ist eine Ausweitung des Umwandlungsverbots überfällig. "Es ist dringendst notwendig, dass das auf die ganze Stadt ausgeweitet wird." Seit den 1990er-Jahren kämpfe sie dafür, "kaum sind 25 Jahre vergangen, ist es in der Mini-Version eingeführt worden". In der Zwischenzeit seien bereits viele, viele Häuser umgewandelt worden.

Auch bei den großen Fraktionen im Rathaus erfährt Reiters Vorstoß überwiegend Zustimmung, Unterschiede gibt es jedoch im Grad der Begeisterung. Etwas gedämpft fällt diese beim Regierungspartner CSU aus. Reiters Idee, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen stadtweit zu verbieten, sei im Prinzip nicht schlecht, sagt Fraktionschef Manuel Pretzl. Man müsse jedoch rechtlich überprüfen, ob der Bund die entsprechende gesetzliche Grundlage schaffen könne. Die Verlängerung der Frist, in denen nur Mieter ihre Wohnung kaufen dürften, könne er sich auch vorstellen. Reiters SPD ist naturgemäß deutlich euphorischer. "Wir unterstützen das ausdrücklich. Wir brauchen ein Instrument für das ganze Stadtgebiet", sagt Fraktionschef Alexander Reissl. Auch die Grünen zeigen sich hoch erfreut. "Das sind absolut legitime Forderungen", sagt Stadträtin Gülseren Demirel. In Teilen kritisch beurteilt die FDP Reiters Vorstoß. Das Umwandlungsverbot lehne sie ab, dieses verhindere neue Wohnungen etwa durch Aufstockungen oder Nachverdichtung, erklärt Fraktionschef Michael Mattar. Die Verlängerung des Vorkaufsrechts der Mieter auf mindestens 15 Jahre findet er dagegen "unproblematisch".

Zur SZ-Startseite
Andreas Kräftner, der den Wohnungsnewsletter Budenschleuder herausgibt, in seiner Werkstatt in der Warngauer Straße 45

SZ PlusWohnungssuche in München
:"Die Leute kennen da keine Gnade"

Münchner Mietwahnsinn: Die einen verlangen irre viel, die anderen sind bereit, es zu zahlen. Andreas Kräftner vom Budenschleuder-Newsletter über Fantasiepreise und warum man nie, nie, nie die Telefonummer angeben sollte.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: