Leerstand in München:Ude rechtfertigt sich im Klingelschilder-Streit

Leerstand in München: Auslöser der Leerstands-Debatte: Die Aktivisten von "Goldgrund" besetzten ein Haus in der Pilotystraße.

Auslöser der Leerstands-Debatte: Die Aktivisten von "Goldgrund" besetzten ein Haus in der Pilotystraße.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wie viele Wohnungen stehen in München eigentlich leer? Und was hat die Verwaltung bislang unternommen? Einen Überblick hat offenbar nicht einmal der Stadtrat - trotz einer eigens eingerichteten Task Force. Im Streit um den Umgang mit leerstehenden Häusern fühlt sich OB Ude missverstanden.

Von Dominik Hutter

In der Debatte um leer stehende städtische Wohnhäuser drängen Rathauspolitiker auf möglichst rasche Informationen über die bisherigen Bemühungen der Stadtverwaltung. "Wir haben immer noch keinen vollständigen Überblick", mahnt CSU-Fraktionschef Josef Schmid, der den Eindruck gewonnen hat, dass sich bislang nicht viel getan hat an der Leerstands-Front.

Auch SPD-Kollege Alexander Reissl drückt aufs Tempo, ist allerdings positiver gestimmt. "Ich gehe davon aus, dass daran gearbeitet wird, den Leerstand abzubauen." Der lang erwartete Bericht soll nach Auskunft des Kommunalreferats voraussichtlich im Dezember dem Stadtrat vorgelegt werden.

Gründe und Maßnahmen

In dem Papier will die Verwaltung detailliert aufzeigen, welche Wohnungen noch leer stehen, welche Gründe es dafür gibt und bei welchen Häusern durch Neuvermietung oder Zwischennutzung eine Lösung gefunden werden konnte. Vor allem Letzteres dürfte in der Politik mit Aufmerksamkeit mitverfolgt werden. Denn es gibt oft durchaus nachvollziehbare Gründe, warum sich Sanierungs- oder Abbrucharbeiten verzögern. Reissl aber ist nicht klar, warum dafür jahrelang Wohnungen leer stehen müssen. "Warum sollte man ein Haus nicht auch sanieren können, wenn noch jemand darin wohnt?", fragt der SPD-Politiker. Klar, einen gewissen zeitlichen Puffer gebe es immer bei größeren Veränderungen an einem Gebäude. "Aber es kann doch niemand begründen, dass dies 15 bis 20 Jahre dauert."

Auch Schmid setzt auf Zwischennutzungen. Die Münchner Kreativszene warte dringend auf bezahlbare provisorische Lösungen. Oft reiche es, die Räume mit geringem Aufwand herzurichten - wie von den "Goldgrund"-Aktivisten in der Müllerstraße demonstriert. Die grüne OB-Kandidatin Sabine Nallinger hat allerdings den Eindruck gewonnen, dass es gerade in puncto Zwischennutzung wirklich vorangeht. Man könne größere Sanierungen nicht immer bei "laufendem Betrieb" angehen.

Zumindest eine Zwischennutzung

Auch Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) bekräftigte am Montag noch einmal, bereits in der Referentenrunde am 11. März explizit angemahnt zu haben, leer stehende Wohnungen "schnell und kostengünstig in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen und einer Wohnnutzung zuzuführen".

Diese Form der sozialen Zwischennutzung entspreche der Forderung protestierender Gruppen. Ude verweist auf die im April unter Führung von Kommunalreferent Axel Markwardt eingerichtete "Task Force Leerstand und Zwischennutzung", die referatsübergreifend mit Hochdruck daran arbeite, Instandsetzungsarbeiten zu beschleunigen, um Zwischen- oder Neuvermietungen zu ermöglichen.

Der nach Bekanntwerden eines Protokolls der Referentenrunde vom 11. März aufgekommene Vorwurf, Ude habe durchs Anbringen neuer Klingelschilder den Leerstand städtischer Häuser kaschieren wollen, beschäftigte am Dienstag eine Arbeitsrunde von Referaten und Wohnungsbaugesellschaften. Dabei, so Ude, hätten alle Referenten versichert, dass sie die Anweisung damals nicht in diesem Sinne interpretiert hätten, sondern dass lediglich "eine tatsächlich durchgeführte Vermietung auch erkennbar gemacht werden solle".

"Vollständige Transparenz"

Nach Angaben des OB haben dies auch alle Referenten und Geschäftsführer in diesem Sinne an ihre Mitarbeiter weitergegeben. Es bestehe "vollständige Transparenz" - die Stadtverwaltung habe im Februar 2012 auf Antrag der SPD eine Liste mit leer stehenden Häusern veröffentlicht. Ude selbst hatte sich allerdings kurz darauf in der Referentenbesprechung vom 11. März gegen eine solche Liste ausgesprochen.

Bei den städtischen Wohnungsunternehmen hat das Thema Klingelschilder offenbar nie eine Rolle gespielt. GWG und Gewofag bestätigten zwar, Anweisungen zur Verriegelung leer stehender Häuser erhalten zu haben. Dies habe man aber ohnehin schon immer getan. Der wesentliche Aspekt des OB-Befehls sei die Forcierung von Zwischennutzungen gewesen. Beim städtischen Wohnhaus an der Schleißheimer Straße 144 scheint dies bislang nicht geklappt zu haben. Dort soll im Frühjahr 2014 die Sanierung beginnen, ein Gerüst steht nach Beobachtungen von SZ-Lesern schon länger. Manche Wohnungen stehen bereits seit mehr als zehn Jahren leer.

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