Wohnungsmarkt in München:Frustrierende Regulierungsversuche

Die große Bodenreform traut sich niemand, manche Eingriffe stoppt das Gericht, und das alles schafft noch keine neuen Mietwohnungen

forum

Wie kann in München noch bezahlbarer Wohnraum entstehen? Und wie kann und darf die Politik den Immobilienmarkt regulieren?

(Foto: Catherina Hess)

"Zum Wohl der Mehrheit" vom 30./31. Januar und "Wieder Luft nach oben" vom 26. Januar:

Bodenrecht reformieren

Für Herrn Stürzer vom Haus- und Grundbesitzerverein sind die Dinge klar: Der Immobilienmarkt muss allein den Regeln einer freien Marktwirtschaft gehorchen und deshalb folgen alle Begründungen, die Grundstückpreise und Mieten nicht explodieren zu lassen, irgendwelchen Klischees. Wenn Mieter in Gebieten mit Erhaltungssatzung sich höhere Mieten leisten könnten, muss man ihnen nach seiner Vorstellung auch in die Tasche greifen dürfen. So etwas bewerte ich wie einen Diebstahl. Und wenn ständig steigende Verkaufspreise durch eine Rechtsänderung nicht mehr möglich wären, ist die erträumte aber nicht erzielbare Geldeinnahme eine Enteignung.

Stimmt, diese illusionären Gelderwartungen wären vernichtet beziehungsweise ihnen wäre eine Luftbuchung genommen. Legitim sei, wenn der Staat aus seinem Steueraufkommen Wohngeld an diejenigen zahlt, denen die Miete ihre Existenzgrundlage stark beeinträchtigt oder raubt. Offenbar sollen die Steuerzahler dazu beitragen, dass Herr Stürzer und seine Vereinsmitglieder weiterhin maximal mögliche Gewinne im Immobiliensektor erzielen.

Zur Erinnerung: Die letzte Weltwirtschaftskrise 2008 wurde von einer Krise im amerikanischen Immobilienmarkt ausgelöst. Private Hausbesitzer konnten damals ihre zu hohen Kredite nicht mehr bedienen, die meisten sind bis heute ruiniert. Die Banken maximierten das Ausmaß des angerichteten Schadens. Die durch Konkurs enteigneten Kapitalanleger und die Steuerzahler trugen danach die Kosten. Der freie Markt funktioniert schon immer nur mit staatlich gesetzten Regeln.

Man kann nur hoffen, dass die Allianz all derer Erfolg hat, die sich für ein besseres Bodenrecht einsetzt, das davon ausgeht, dass der Boden ein öffentliches Gut ist. Thomas Scheer, München

Ideologische Verblendung

Die Mieten steigen nicht wegen finsterer Machenschaften der Bodenspekulation, sondern weil München (und andere Großstädte) Menschen anziehen und weil dafür das Angebot an alten und neuen Mietwohnungen viel zu klein ist. Wenn man nun, wie SPD und Grüne das fordern, einen nennenswerten Teil des Wohnungsbestands de facto aus dem Markt nimmt, werden sich die betreffenden Mieter freuen. Aber für die anderen wäre noch keine einzige zusätzliche Wohnung verfügbar.

Mit der Frustration über die Erfolglosigkeit der eigenen Politik nimmt die Radikalität der Forderungen zu. Schon jetzt dürften manche Vorschläge mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes kaum noch vereinbar sein. Es braucht gute Gründe, wenn man ein Grundrecht einschränken will. Ideologische Verblendung allein reicht nicht. Axel Lehmann, München

Politische Willkür hemmt nur

Ich hatte lange Jahre eine Eigentumswohnung in München, diese war immer vermietet. Ich habe daran nichts verdient, sondern Darlehen abbezahlt und wollte diese später als "Zusatzrente" nutzen. Vor zwei Jahren hatte ich sie verkauft. Warum? Die Politik in München hat mich total genervt und verunsichert.

Willkürliche Festlegungen und Regularien (Erhaltungssatzungen et cetera) sowie ein fragwürdiger Mietspiegel machen eine Vermietung in München uninteressant. Ich habe das Geld anderweitig investiert.

Ich würde in München und vergleichbaren Metropolen auch nicht neu bauen für eine Vermietung. Die Mietpreisbremse gilt da zwar nicht, aber wie lange hat die "großzügige" Ausnahme Bestand? Man sieht ja in München, wie kreativ die Politik ist, um hier weiter regulierend eingreifen zu können - von Berlin will ich gar nicht reden. Auch die nun gerichtlich gekippte Vorschrift, dass in den betroffenen Neubauten keine Eigentumswohnungen entstehen dürfen, ist unsinnig: Bürger mit weniger Budget haben nur über Eigentumswohnen die Chance, Immobilieneigentum zu bilden. Viele vermieten diese dann auch. Wenn zusätzlich manche Eigentümer selbst einziehen, dann ergibt sich automatisch eine - politisch erwünschte - soziale Vermischung.

Wenn man aber die Vermieter immer primär als geldgierige Großkapitalisten darstellt, die mit fragwürdigen Methoden versuchen, sich auf Kosten der Mieter zu bereichern, dann haben Leute wie ich irgendwann keine Lust mehr, Wohnraum zur Vermietung bereit zu stellen.

Klaus Götzer

Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Info

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen. Bei Veröffentlichung werden Vor- und Nachname sowie Wohnort benannt.

Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch hier in der Digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung und bei Süddeutsche.de zu veröffentlichen.

forum-region@sueddeutsche.de

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: