Wohnungsgesellschaft:Mieter bei der Stadt - zu bezahlbaren Preisen

  • Im November übernehmen zwei Stadträte von CSU und SPD die Chefposten bei den Wohnungsbaugesellschaften GWG und Gewofag.
  • Die kommunalen Unternehmen mit knapp 60 000 Wohnungen sind eines der wichtigsten Instrumente der Politik, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
  • Nicht nur in München ist es eine große Herausforderung, günstige Mietwohnungen bereitzustellen.

Von Anna Hoben

Als das Angebot kam, hatte Josef Zipf keine Ahnung, wo das sein sollte, Taufkirchen. Er war ein Stadtmensch, aufgewachsen mitten im Glockenbachviertel. Doch auch in den 70er-Jahren war es alles andere als leicht, mit einer kleinen Familie eine bezahlbare Wohnung zu finden. Im Nachhinein betrachtet war es durchaus so etwas wie ein Sechser im Lotto, dass sie die Gewofag-Wohnung in Taufkirchen ergattert haben.

Vor fast 46 Jahren, im März 1971, zog Zipf mit Frau und Tochter in die Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung in der Siedlung "Am Wald". 68 Quadratmeter, Parkettboden, bei Föhnwetter aus dem achten Stock ein herrlicher Blick auf die Alpen. Die Münchner Wohnungsbaugesellschaft Gewofag hatte die Siedlung von 1969 bis 1971 erbaut, rund 2000 Wohnungen entstanden damals auf dem Areal.

Die Zipfs waren Pioniere, sie haben über die Jahrzehnte ihr Viertel mitgestaltet, in dem heute Menschen aus rund 100 Nationen zu Hause sind. Er sei sogar "ehrenamtlicher Großvater" von drei türkischen Kindern, erzählt Josef Zipf, 77, stolz. Beide schwärmen von der Hausgemeinschaft, und auch die Sache mit der Ordnung funktioniere fast immer sehr gut, manchmal sei der Hausmeister fast schon zu fleißig, sagt Zipf. "Kaum sind drei Blätter gefallen, ist er schon da mit seinem Laubbläser." In vier Jahren werden die Zipfs ihr 50-Jähriges in dem Haus feiern. Die Miete ist von anfangs etwa 2,80 Mark kalt pro Quadratmeter auf mittlerweile acht bis neun Euro warm gestiegen. Es gab nie einen Grund, wieder wegzuziehen.

Wohnraum, der immer knapper wird. Mieten, die steigen, und kaum Chancen für die weniger wohlhabende Bevölkerung, auf dem freien Markt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Was wie eine Zustandsbeschreibung der Münchner Gegenwart klingt, beschäftigte den Stadtrat auch schon in den 1920er-Jahren, nach dem ersten Weltkrieg. Karl Preis, Münchner SPD-Stadtrat und Leiter des Wohnungs- und Siedlungsreferats, verfasste hierzu 1927 eine "Denkschrift zur Lage und Beseitigung der Wohnungsnot in München". Auf seine Empfehlung hin wurde am 6. Juni 1928 die "Gemeinnützige Wohnungsfürsorge AG", kurz Gewofag, gegründet.

Die GWG ist sogar noch etwas älter als die Gewofag. Sie wurde 1918 als "Gemeinnützige Wohnstättengesellschaft mit beschränkter Haftung" gegründet. Damit gehörte sie zu den ersten kommunalen Wohnungsgesellschaften überhaupt in Deutschland. Die GWG bewirtschaftet heute in München knapp 28 000 Mietwohnungen, davon gehören ihr 26 150. Die Gewofag ist mit ihren rund 32 700 Wohnungen (plus weiteren 2000, die sie betreut), die größte Vermieterin in München, Taufkirchen und Unterhaching.

Neue Chefs für die Unternehmen

Beide Gesellschaften schlagen mit der Ernennung neuer Geschäftsführer jetzt ein neues Kapitel auf. Der Ex-CSU-Stadtrat Max Straßer führt seit Monatsbeginn die Gewofag, sein ehemaliger SPD-Ratskollege Christian Amlong fängt am 21. November bei der GWG an.

Beide werden sich Münchens drängendster Aufgabe widmen: bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten schaffen. Denn die Stadt wächst, 2030 sollen hier etwa 1,7 Millionen Menschen leben. Das städtische Planungsreferat rechnet damit, dass mittelfristig jedes Jahr etwa 8500 neue Wohnungen gebraucht werden. "Es ist unverzichtbar, dass die Stadt auch heute eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft hat", sagt Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Beispiele wie Berlin und Dresden hätten gezeigt, dass der Verkauf kommunaler Wohnungen ein grober Fehler war.

In München leisten Gewofag und GWG einen erheblichen Beitrag, dem Bedarf gerecht zu werden. Ihre Mieten liegen dabei weit unter dem Münchner Preisniveau. 6,90 Euro pro Quadratmeter bezahlen Mieter bei der Gewofag; bei der GWG liegt die Durchschnittskaltmiete sogar bei nur 6,65 Euro. Allein die Gewofag will in diesem Jahr insgesamt 659 Wohnungen fertigstellen. Bei der GWG steht bis zum Jahreswechsel die Übergabe von 270 Wohnungen an. Aktuell läuft ein Sonderprogramm, um die Zahl der jährlich fertiggestellten Kommunalwohnungen schrittweise auf 1250 zu erhöhen. Dafür überweist die Stadt in zehn Jahren 250 Millionen Euro. Es geht aber nicht nur um Quantität. Die städtischen Gesellschaften hätten auch eine Rolle als Vorreiter, sagt Stadtbaurätin Merk. Sei es in Bezug auf das Zusammenleben der Generationen, auf die Nachbarschaft im Quartier oder auf Energieeffizienz.

Pilotprojekte der Gesellschaften

Auch Programme wie "Wohnen für alle", das zügig Wohnraum für Geringverdienende und anerkannte Asylbewerber schaffen soll, wären wohl ohne Gewofag und GWG nicht erfunden worden. Jüngstes Pilotprojekt: ein Stelzenbau, mit dem am Dantebad ein Parkplatz überbaut wurde und der in kürzester Zeit in die Höhe gewachsen ist. Anfang des Jahres hat die Stadt der Gewofag den Auftrag erteilt; bereits zwölf Monate später könnten die ersten Bewohner in die 100 Wohnungen auf vier Stockwerken ziehen.

Wenn sie einmal eine städtische Wohnung ergattert haben, verlassen die Mieter sie meist nicht mehr so schnell. Manche bleiben gar 46 Jahre oder länger - so wie die Zipfs in ihrer Wohnung in Taufkirchen. Damals wussten sie nicht, wo der Ort überhaupt liegt. Heute bezeichnen sie sich als "leidenschaftliche Taufkirchner".

Josef Zipf mit Ehefrau Ursula in der Wohnung, in der sie seit 45 Jahren leben, in Taufkirchen, Ahornring 12. Thema: städtische Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG

Josef und Ursula Zipf leben in ihrer städtischen Wohnung schon seit 45 Jahren.

(Foto: Florian Peljak)
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