Wohnungen statt Knast:Dieser Wohnkomplex wird die Au verändern

Lesezeit: 3 Min.

Aus dem ehemaligen Gefängnis hätte ein soziales Projekt werden können, so wollte es die Zeitschrift BISS. Bis 2020 entstehen im Haus Mühlbach nun Wohnungen. (Foto: N/A)
  • Aus einem ehemaligen Frauengefängnis am Auer Mühlbach wird ein Wohnkomplex mit 128 gehobenen Appartments.
  • Seit acht Jahren steht das Gebäude leer. Ein soziales Projekt der Münchner Zeitschrift BISS kam nicht zustande, Nachbarn klagten gegen einen Neubau.
  • Nun wird der Komplex lediglich umgebaut. Es ist eines von vielen Projekten, die gerade die Au verändern.

Von Alfred Dürr

Von der Knastzelle zum Komfortappartement: Nach vielen Jahren des Stillstands haben die Vorbereitungen zum Umbau des ehemaligen Frauengefängnisses Am Neudeck in der Au begonnen. Aus der einstigen Justizvollzugsanstalt, die in dem mächtigen historischen Komplex untergebracht war, wird das "Haus Mühlbach" mit 128 Wohnungen des gehobenen Preissegments. Das Immobilienunternehmen Legat Living bewirbt bereits "das besondere Objekt für Anspruchsvolle, die eine ruhige, aber zentrale Umgebung mit hervorragender Infrastruktur suchen und Wert auf Qualität legen". Voraussichtlich 2020 soll der Umbau der denkmalgeschützten Anlage abgeschlossen sein.

Die Verwandlung der früheren Haftanstalt ragt aus der Menge der vielen Neu- und Umbauprojekte in München hervor. Nicht nur wegen der Historie dieses mächtigen Gebäudes mit seiner besonderen Lage direkt am Auer Mühlbach und am Fuß des Nockherbergs. Die Frage, was aus dem alten Bau werden sollte, war schwierig zu beantworten. Bis der jetzige Investor mit den Arbeiten beginnen konnte, ist viel Zeit vergangen. Jahrelang stand der neoklassizistische Bau, der von 1902 bis 1904 errichtet wurde, leer.

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2009 hatte das Gefängnisgebäude seine Funktion verloren. Auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt München an der Stadelheimer Straße war ein Neubau für verurteilte Frauen und Jugendliche entstanden, die nun dort ihre Strafe absitzen müssen. Hildegard Denninger, die Geschäftsführerin der Münchner Obdachlosenzeitschrift Biss (Bürger in sozialen Schwierigkeiten), und ihre Mitstreiter sahen eine große Chance für ein Projekt, für das sie lange gekämpft hatten. Aus dem ehemaligen Knast sollte ein Hotel werden. Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen hätten nach dem Konzept dort eine Ausbildung bekommen können.

Doch Biss konnte im Bieterverfahren nicht mithalten. Der Haushaltsausschuss im Landtag beschloss 2011, das Gebäude, das dem Freistaat gehörte, an zwei finanzstarke Investoren zu vergeben. Wie damals berichtet wurde, sollen diese mit 16 Millionen Euro zehnmal so viel geboten haben wie Biss. Unmittelbar befasst mit der Entwicklung des Komplexes war das Münchner Unternehmen Muc Real Estate. Geplant war eine Anlage mit 135 Appartements, die durchschnittlich 35 Quadratmeter groß werden sollten.

Vorgesehen waren außerdem zehn luxuriöse Dachgeschoss-Wohnungen. Auf dem Grundstück sollte zudem ein Neubau mit fast 60 Einzimmerwohnungen entstehen. Mit dem Verkauf dieser Wohnungen sollte der teure und aufwendige Umbau des historischen Baus mitfinanziert werden. Die Stadt erteilte einen positiven Bauvorbescheid und legte bei der Genehmigung keine Steine in den Weg.

Dass ein Objekt für Kapitalanleger und eine finanzkräftige Zielgruppe entstehen sollte, stieß allerdings schon im Vorfeld beim örtlichen Bezirksausschuss auf heftige Kritik. Man forderte nach dem Scheitern von Biss, dass die Stadt das Areal übernimmt. Diese lehnte allerdings mit der Begründung ab, die Auflagen des Denkmalschutzes, die hohen Sanierungskosten und spezielle Anforderungen beim Umbau machten eine soziale Nutzung unmöglich.

Aus Sicht des Investors tat sich ein anderes großes Problem auf: Stadt und Landkreis gerieten juristisch aneinander. Das unmittelbar benachbarte Landratsamt klagte nämlich gegen den Bauvorbescheid. Es ging hauptsächlich um Abstandsflächen im Hinblick auf den geplanten Neubau und die Frage, ob und in welchem Umfang überhaupt eine Wohnnutzung an dieser Stelle möglich ist. Das Verwaltungsgericht hob den Vorbescheid auf, der Investor ging in Berufung.

So dümpelte das Projekt vor sich hin. Die Angelegenheit schien festgefahren. Ein inzwischen hergerichtetes Musterappartement machte nicht viel Sinn, weil niemand wusste, wie es weitergehen sollte. Im Frühjahr diesen Jahres verkaufte der Investor das Projekt schließlich an Legat Living. Die Pläne für einen Neubau wurden obsolet, der neue Eigentümer konzentriert sich auf den Umbau des Komplexes entlang des Auer Mühlbachs. Der Effekt: Alle Klagen wurden zurückgenommen - der Weg für den Umbau ist damit frei. Die Baugenehmigung konnte vom Voreigentümer einfach übernommen werden.

Die traditionsreiche Au bekommt moderne Wohnungen

Für Johannes Thoma, Prokurist bei Legat Living, hat das ehemalige Frauengefängnis einen besonderen Stellenwert: "Die Gelegenheit, eines der letzten denkmalgeschützten Bauwerke in einer solchen Lage neu zu nutzen, wollten wir uns nicht entgehen lassen." Und Kapitalanleger, die durch die Denkmaleigenschaft des Gebäudes Abschreibungsvorteile haben, dürften ähnlich denken. Geplant sind nun genau 124 Appartements mit Größen zwischen 23 und 50 Quadratmetern sowie vier geräumige Dachgeschoss-Wohnungen. Über Kaufpreise könne man noch keine Auskunft geben, sagt Thoma.

Das Unternehmen entwickelt neben dem "Haus Mühlbach" in der Au zur Zeit mehrere andere gehobene Projekte in begehrten Lagen. Dazu zählen zum Beispiel die Wohnbauten im Block zwischen der Ismaninger Straße und der Troger Straße in Haidhausen, ein Bauvorhaben am Sankt-Anna-Platz im Lehel sowie der Neubau in Schwabing an der Ecke Friedrichstraße und Franz-Joseph-Straße.

Das Projekt ist ein weiterer Schritt beim Strukturwandel in der Au. Im Umfeld des Landratsamtes, das sich in historischen Bauten befindet, entstehen nun Wohnungen. Und wiederum in der näheren Nachbarschaft des ehemaligen Gefängnisses verändern sich die Flächen, auf denen früher die Paulaner Brauerei ihr Bier braute. Auch hier prägen künftig moderne Wohnungen das Bild eines traditionsreichen Viertels.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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