Wohnungen in München:Abriss ist beschlossen

Wohnungen in München: Alle Anstrengungen der Aktivisten von Goldgrund waren vergebens. Die Häuser in der Müllerstraße 2 und 4 werden abgerissen, das Eckhaus bleibt stehen.

Alle Anstrengungen der Aktivisten von Goldgrund waren vergebens. Die Häuser in der Müllerstraße 2 und 4 werden abgerissen, das Eckhaus bleibt stehen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Ungeachtet der Proteste entscheidet sich die Stadtratsmehrheit gegen den Erhalt der Häuser Müllerstraße 2 und 4. Die Gebäude in der Müllerstraße 6 und Pilotystraße 8 werden auf einen modernen Standard gebracht - doch im Stadtrat brodelt es weiter.

Von Dominik Hutter

Nach monatelanger Diskussion hat der Stadtrat am Mittwoch die Sanierung der städtischen Wohnhäuser in der Pilotystraße 8 im Lehel und in der Müllerstraße 6 im Gärtnerplatzviertel beschlossen. Beide Gebäude sollen auf einen modernen Standard gebracht und zu sozial verträglichen Preisen vermietet werden. "Es handelt sich nicht um Luxussanierungen", betonten Vertreter sowohl der Verwaltung als auch der rot-grünen Rathauskoalition in der teilweise hitzig geführten Debatte, bei der die Nähe des Kommunalwahltermins deutlich spürbar war.

Mit den Beschlüssen, die gegen die Stimmen von CSU und FDP fielen, besiegelte das Rathaus auch das Schicksal der Altbauten Müllerstraße 2 und 4: Sie werden abgerissen und durch ein zeitgemäßes Wohnhaus ersetzt, in dem ebenfalls ein für untere Einkommensschichten akzeptables Mietniveau herrschen soll. Damit sind diverse Initiativen, die alten Häuser zu erhalten, gescheitert. Nach Einschätzung von Kommunalreferent Axel Markwardt, der sich auf die Expertise eines Architekten bezieht, wäre eine Sanierung wegen des schlechten Zustands der Gebäude nicht sinnvoll.

Dennoch können die Wohnraum-Aktivisten zwei wesentliche Erfolge für sich verbuchen: den Erhalt des aus den Fünfzigerjahren stammenden Eckhauses Müllerstraße 6, das ursprünglich ebenfalls zum Abbruch vorgesehen war. Und die Rettung des Bolzplatzes der Glockenbachwerkstatt, der eigentlich überbaut werden sollte. Gegen diese Planungen hatten sich unter anderem die Satireorganisation "Goldgrund", zahlreiche Anwohner und die erstmals zur Kommunalwahl antretende Wählergruppe Hut engagiert.

Auch der örtliche Bezirksausschuss hatte sich vergeblich für den Erhalt des gesamten Ensembles an der Ecke Müller-/Corneliusstraße eingesetzt. Der Gremiumsvorsitzende Wolfgang Püschel (SPD) berichtete dem Stadtrat von seiner Besichtigung der Hausnummern 2 und 4, bei der er zu dem Schluss gekommen sei, dass die Häuser durchaus erhalten werden könnten. Diese Einschätzung überzeugte allerdings die Ratspolitiker nicht. Die grüne Fraktionschefin Gülseren Demirel sah keinen Grund, nun den privaten Eindrücken Püschels zu vertrauen und damit die Expertise eines eigens beauftragten, renommierten Architektenbüros in den Wind zu schlagen.

Der Architekt Thomas Jocher hatte vor erheblichen statischen und brandschutzrechtlichen Probleme gewarnt und den Abbruch empfohlen. Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Beatrix Zurek erinnerte daran, dass mit dem geplanten Neubau zusätzliche bezahlbare Wohnungen in bester Innenstadtlage entstehen. "Ich kann nicht erkennen, was daran schlecht sein soll".

CSU und FDP hätten dagegen bei sämtlichen Gebäuden den Erhalt sowie eine sogenannte "Pinselsanierung" bevorzugt, also das Herrichten bei möglichst geringem Aufwand und unter Inkaufnahme eigentlich nicht mehr zeitgemäßer Standards wie Etagentoiletten. "Wir brauchen jetzt Wohnungen in allen Bereichen", erklärte CSU-Fraktionsvize Hans Podiuk. Viele Leute seien froh darüber, dass es noch preisgünstige Wohnungen mit einfacher Ausstattung gebe. "Wir haben in der Müllerstraße schon genügend Luxuswohnungen", wetterte Podiuk mit Anspielung auf den hochpreisigen Wohnturm "The Seven" im alten Heizkraftwerk. "Man braucht keine zusätzlichen mehr."

Michael Mattar, der Oberbürgermeisterkandidat der FDP, warf der rot-grünen Mehrheit vor, genau das zu planen, was man privaten Hauseigentümern in Erhaltungssatzungsgebieten jahrelang verboten habe: den Einbau von Aufzügen.

Nach Meinung von Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) ist die Stadt in den vergangenen 50 Jahren gut damit gefahren, den eigenen Wohnungsbestand auf einem zeitgemäßen Standard zu halten. Hätte man immer auf das Prinzip "Pinselsanierung" vertraut, bestünden heute wohl soziale Brennpunkte, wie sie allenfalls aus den Vororten von Paris bekannt seien. Auch die grüne Oberbürgermeisterkandidatin Sabine Nallinger warnte davor, Familien Wohnraum anzubieten, in dem möglicherweise Gefahr für Leib und Leben bestehe.

Sanierung und Neubau an der Müllerstraße sollen rund fünf Millionen Euro kosten - in dieser Summe ist allerdings eine Tiefgarage enthalten, auf die der Stadtrat auf Initiative der Grünen verzichten will. Die Bauarbeiten in dem größtenteils leer stehenden Haus an der Pilotystraße kosten 2,9 Millionen Euro. Samt Lift, neuen Balkonen und Dachgeschossausbau. Die späteren Mieten betragen - je nach Wohnung - 5,50 bis 10 Euro betragen und liegen damit deutlich unter dem Mietspiegel.

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