Wohnen in München:Was sind schon 144 Quadratmeter in Haidhausen

Metzgerstraße Haidhausen Baulücke

Begehrte Baulücke: An Interessenten für das relativ kleine Grundstück an der Metzgerstraße herrscht beileibe kein Mangel.

(Foto: Privat)
  • Seit Jahren liegt ein Grundstück in der Metzgerstraße brach. Um dort zu bauen, hat sich eine Genossenschaft gegründet, die sofort loslegen könnte.
  • Doch die Ausschreibung seitens der Stadt lässt noch immer auf sich warten.

Von Johannes Korsche, Haidhausen

Die Fläche, auf die sich Patrick Frodien sein künftiges Zuhause träumt, ist nicht groß: Gerade einmal zwölf auf zwölf Meter misst das Grundstück in der Metzgerstraße 5 a. Trotzdem sind jene 144 Quadratmeter etwas Besonderes im dicht bebauten Haidhausen. Denn sie sind unbebaut, gehören der Stadt und sind für genossenschaftliches Wohnen vorgesehen. Gemeinsam mit zehn weiteren Haidhausern gründete Frodien deswegen vor zwei Jahren die Kleingenossenschaft "Am Johannis". Ihr Konzept für das Haus steht, es fehlt nur noch die nötige städtische Ausschreibung. Doch die lässt seit Jahren auf sich warten, was wohl mit einem personellen "Engpass" in der Stadtverwaltung zusammenhängen könnte. Zumindest fällt dieses Wort immer wieder als Erklärung, wenn man nach Gründen fragt, weshalb mit dem Grundstück nichts passiert.

So langsam verliert Frodien die Geduld. "Seit November 2016", damals fassten die Haidhauser den Gründungsbeschluss der Genossenschaft, "hängen wir in der Luft." Zwar kündigte die Stadtverwaltung ein knappes Jahr später an, dass ein entsprechender Stadtratsbeschluss vorbereitet werde. Die Beschlussfassung, hieß es damals, sei für Dezember 2017 geplant. Bereits Monate davor scherzte Frodien noch, dass ihr Haus gedanklich bereits gebaut, beheizt und finanziert sei. Doch Weihnachten verging, und Frodien bekam kein Geschenk in Form der Ausschreibung.

Seit etwa zehn Jahren sei die Metzgerstraße 5 a ungenutzt, weiß Frodien, der direkt daneben ein kleines Möbelgeschäft betreibt. "Und das in der aktuellen Situation", sagt er und meint damit den überhitzten Wohnungsmarkt in München. Überhaupt hatte Frodien ja nur angefangen zu träumen, weil er - wie seine Genossen - befürchtet, sich das Wohnen in seinem Viertel nicht mehr leisten zu können. Inzwischen ist er ernüchtert und fragt sich, "warum die Stadt das baufertige Grundstück verstauben lässt". Da müsse es doch irgendeinen Grund, irgendjemand geben, der das verhindere, mutmaßt er inzwischen.

Peter Schmidt, Vorstand der Wohngenossenschaft Wogeno, kennt die Mühlen, durch die so eine Grundstücksausschreibung gepresst wird, nur allzu gut. In München betreut die Wogeno an 21 Standorten etwa 600 Wohnungen. Die Projekte 22 und 23 werden derzeit gebaut. Aus seiner Erfahrung schätzt er, dass "so ein Briefmarkengrundstück nicht die Priorität hat". Da stehen größere Baufelder weiter vorne auf der Liste, und selbst bei denen gebe es "teilweise jahrelanges Warten auf die Ausschreibung". Die Stadtverwaltung habe da "einen personellen Engpass", erklärt sich Schmidt dieses lange Warten. Da investiere sie die Arbeitszeit lieber in Baugebiete, die eine viel größere Masse an Wohnungen schaffen. Was sind da schon jene 144 Quadratmeter Grund in Haidhausen. Verständlich, denn "die Stadt zerreißt es ja gerade", wie Schmidt sagt.

Dass an der Metzgerstraße nichts vorangeht, wundert Peter Schmidt also nicht. Vor Jahren schon sprach er mit Frodien über die Baulücke. Damals hatte er dem Haidhauser davon abgeraten, auf dieses Grundstück zu setzen. "Dass noch nichts ausgeschrieben ist, gibt mir ja recht", sagt Schmidt trocken. Es klingt nicht so, als ob er sich darüber freuen würde. Im Gegenteil, auch er wartet auf die Ausschreibung. Sollte die einmal kommen, "würden wir uns auch bewerben", kündigt er an. Freie Grundstücke in Innenstadtnähe sind begehrt.

Dass die Personaldecke beim zuständigen Planungsreferat dünn ist, zeigt auch eine Anfrage der SZ. Knapp zwei Wochen dauert die Antwort, weil der zuständige Sachbearbeiter nicht im Haus war. Insgesamt seien zehn Stellen speziell für die Ausschreibung von Wohnbaugrundstücken zuständig, teilt das Planungsreferat schließlich mit. Da während der Vorbereitung und dem Prozess der Ausschreibung allerdings weitere Dienststellen eingebunden sind, lasse sich die Anzahl derjenigen, die an einer Ausschreibung tatsächlich mitwirken, nicht genau beziffern. Anders ist es mit den geschaffenen Wohnungen, die durch Ausschreibungen städtischer Grundstücke entstanden. Im vergangenen Jahr waren es etwas mehr als 1 300, teilt das Referat mit.

"Die Stellenausstattung für die Grundstücksausschreibungen wurde in den letzten Jahren weiter verbessert", betont Thorsten Vogel vom Planungsreferat. Allerdings könne es "beispielsweise durch zum Teil erforderlich werdende erneute Ausschreibungen, die gleichzeitige planerische Entwicklung großer Planungsgebiete oder auch durch Personalwechsel beziehungsweise -ausfälle zeitweise zu Engpässen kommen". Es klingt, als ob er Peter Schmidts Einschätzung mit anderen Worten wiederholt. Zwar werden die Stadträte im kommenden Jahr weiter neue Stellen schaffen, doch längst nicht so viele, wie die Verwaltung gerne hätte. Der erst kürzlich im Stadtrat verabschiedete Haushaltsplan für das kommende Jahr deckelt die Neuanstellung des Planungsreferats auf 28 neue Stellen, der Finanzen wegen. Gewünscht hatte sich das Planungsreferat Geld für 73 neue Stellen.

Immerhin kündigt das Planungsreferat nun an, die Ausschreibung bis Ende dieses Jahres fertig zu haben. Nur, was wenn das wieder nichts wird? Dieses Versprechen kennt Patrick Frodien ja bereits. Zum Jahresende haben bereits zwei Familien ihre Mitgliedschaft in der Kleingenossenschaft "Am Johannis" gekündigt. Vielleicht träumt Patrick Frodien zu groß für die Stadtverwaltung und die kleinen zwölf auf zwölf Meter inmitten von Haidhausen.

Wohnen in München
Online-/Digital-Grafik

In keiner anderen deutschen Stadt sind die Preise auf dem Wohnungsmarkt so expoldiert wie in München. Allein in den vergangenen zehn Jahren gab es einen Anstieg um etwa 40 Prozent.

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