Wohnen in München:Der Mietspiegel kommt vor Gericht

Wohnen in München: Ein Wohnhaus im Münchner Westend.

Ein Wohnhaus im Münchner Westend.

  • Nach Berechnungen des Haus- und Grundbesitzervereins ist das Mietniveau in München um etwa 30 Prozent höher als im Mietspiegel angegeben.
  • Deshalb verlangt der Verein nun von der Stadt, alle Daten offenzulegen.
  • Sollte diese der Forderung nicht nachkommen, droht der Verein mit einer Klage.

Von Dominik Hutter

Der Haus- und Grundbesitzerverein zieht wegen des Münchner Mietspiegels vor Gericht. Noch in dieser Woche werde eine entsprechende Klage eingereicht, kündigte Rudolf Stürzer an, der Vorsitzende des Interessenverbands. In dem von der Stadt erstellten Zahlenwerk, das für Mieter wie Vermieter von entscheidender Bedeutung ist, gebe es "zahlreiche Ungereimtheiten und Widersprüche". Nach Berechnungen Stürzers ist das tatsächliche Mietniveau in München um etwa 30 Prozent höher als im Mietspiegel angegeben.

"Haus + Grund" klagt zunächst noch nicht gegen den Mietspiegel selbst, sondern fordert von der Stadt, alle Daten offenzulegen, die für die Berechnungen verwendet wurden. Es gebe begründete Zweifel, dass die Zahlen geschönt seien, argumentiert der Verband. Dies allerdings lasse sich erst dann beweisen oder widerlegen, wenn alle Daten vorliegen. Das zuständige Sozialreferat habe entsprechende Auskünfte verweigert - mit der Begründung, die Zahlen seien bereits gelöscht worden. Das hält Stürzer für eine "skandalöse Aussage". Schließlich müssten die Unterlagen qua Gesetz zehn Jahre lang aufgehoben werden. Die Stadt konterkariere mit einem solchen Vorgehen zudem die eigene Informationsfreiheitssatzung, die allen Bürgern Einsicht in Verwaltungsakten zusichere.

Stürzer verlangt, die Daten notfalls wiederherzustellen. Die Fragebögen, in denen ausgewählte Mieter Auskunft geben und die als Basis der Berechnungen dienen, seien schließlich noch vorhanden. "Haus + Grund" will außerdem erfahren, warum von den 25 628 für den Mietspiegel veranstalteten Mieterinterviews 21 398, also 83 Prozent, als "nicht mietspiegelrelevant" eingestuft und daher nicht verwendet wurden. In anderen Städten liege die Ausschlussquote nur bei etwa 40 Prozent.

Auf Anfrage erklärte das Sozialreferat, dieser Wert sei normal, da in den ersten Interviews zunächst einmal geklärt werden müsste, ob der Mieter auskunftsbereit sei und ob er in den vergangenen vier Jahren entweder eine Mieterhöhung bekommen oder einen neuen Vertrag unterschrieben habe. Unveränderte Mietverhältnisse werden für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht herangezogen. Die von "Haus + Grund" verlangten Datensätze lägen auch bei der Stadt nicht vor, da ein privates Institut die Erhebung durchführe. Die Fragebögen würden schon aus Gründen des Datenschutzes nicht weitergegeben, die Informationsfreiheitssatzung gelte in diesem Kontext nicht. Laut Referatssprecher Ottmar Schader ist der Münchner Mietspiegel ein fundiertes und seit Jahren von Gerichten anerkanntes Zahlenwerk.

Stürzer ist sich da nicht so sicher. So seien im Mietspiegel 2015 mehr als die Hälfte aller Wohnungen billiger als 2013 - was der allgemeinen Erfahrung und auch den Zahlen von "Haus + Grund" widerspreche. Die Stadt komme selbst in eigenen Erhebungen wie etwa dem vom Planungsreferat erstellten Wohnungsmarktbarometer auf deutlich höhere Mieten. Stürzer vermutet, dass die Stadt beim Mietspiegel verbotenerweise auch Sozial- und Genossenschaftswohnungen miteinbezieht. Sozialreferentin Brigitte Meier habe ihm schriftlich mitgeteilt, dass auch Sozial- und Genossenschaftswohnungen zum Abbild der Münchner Mieten gehörten.

Dies weist das Sozialreferat energisch zurück. Die Berechnungen seien methodisch einwandfrei, die Aussagen Meiers aus dem Zusammenhang gerissen und obendrein nicht als Situationsbeschreibung, sondern als politisches Statement gemeint. Abweichende Miethöhen in anderen Untersuchungen seien auf unterschiedliche Erhebungsmethoden zurückzuführen.

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