Die Mietpreisbremse in München und in ganz Bayern ist unrechtmäßig - zumindest, was die Vergangenheit betrifft. Zwar sprach die Mietrechts-Kammer des Landgerichts in einer Berufungsverhandlung am Mittwoch noch kein Urteil. Der Vorsitzende Richter Hubert Fleindl machte jedoch deutlich: "Auch wenn's für den Münchner Mietmarkt ein Debakel ist - wir werden keine Verordnung halten, die nicht dem Gesetz entspricht."
Geklagt hatten Bewohner der Erzgießereistraße in der Maxvorstadt: Sie wollten von ihrem Vermieter Auskunft über die Miete, die ihr Vorgänger in der 100 Quadratmeter großen Wohnung bezahlt hatte. So wollten sie überprüfen, ob die Mieterhöhung beim Mieterwechsel rechtens war. Der Vermieter aber weigerte sich, den Preis zu nennen; so klagten die Mieter.
Grundlage für die Klage war eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2015, eben die so genannte Mietpreisbremse: Sie legt Wohnungseigentümern strenge Zügel an, wenn sie Mieten erhöhen möchten. Voraussetzung dafür ist die Einstufung einer Kommune als eine mit einem "angespannten Wohnungsmarkt". Diese Einschätzung, so sieht es das Bundesgesetz vor, sollen die Länder per Verordnung vornehmen.
Dieser Pflicht kam Bayern im November 2015 nach: Fast 150 Kommunen erfüllten demnach die Kriterien für einen "angespannten Wohnungsmarkt", München und so gut wie alle Umlandgemeinden waren selbstverständlich mit dabei. Allerdings hielt diese Verordnung schon einer Klage vor dem Amtsrichter nicht stand: Der urteilte im Sommer, dass eben diese Kriterien zu unbestimmt dargelegt seien: "Welche Tatsachen für München als dem größten und wichtigsten Mietmarkt Bayerns in die Bewertung der Landesregierung eingeflossen sind, lässt sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen", heißt es in der Urteilsbegründung. Die Klage wurde abgewiesen.
Dagegen gingen die Kläger in Berufung, werden aber aller Voraussicht nach auch vor dem Landgericht keinen Erfolg haben. Wohnungseigentümer hätten ein Recht zu erfahren, so die Richter, warum der Wohnungsmarkt in ihrer Gemeinde als "angespannt" eingestuft wird. Denn ein staatlicher Eingriff in ihr Eigentum, wie ihn die Mietpreisbremse darstellt, müsse transparent und überprüfbar sein, notfalls auch von Gerichten. Deshalb reiche es nicht, sozusagen nur das Endergebnis mitzuteilen; vielmehr müsse auch nachvollziehbar sein, wie dieses zustande gekommen ist.
Diese Transparenz hat das bayerische Justizministerium vor Kurzem geschaffen: Ende Juli 2017 legte es eine neue "ergänzende Begründung" zur Mieterschutzverordnung vor, in der nicht nur die angewendeten Kriterien offengelegt werden - unter anderem die Versorgung mit Sozialwohnungen, die Bautätigkeit und die Prognose der Bevölkerungsentwicklung -, sondern auch, wie diese Kriterien zueinander gewertet und gewichtet werden. Auf einer Skala von -5 bis +5 gilt alles unter -1 als angespannt. München erreicht dabei -3,45, noch schlechter ist es bayernweit nur in Freising, das mit einem Wert von -3,5 eingestuft wird.
Für das jetzige Verfahren allerdings nützt diese nachgeschobene Begründung nichts. Da hält sich das Gericht an die zum Zeitpunkt der Klage geltende Rechtslage, und die damals gültige Verordnung ist eben offenbar nicht gesetzeskonform. Die Klägervertreterin Lisa Matuschek sagte nach der Verhandlung, sie müsse mit ihren Mandanten die Möglichkeit einer neuen Klage erst besprechen. Das Gericht will sein Berufungsurteil am 6. Dezember verkünden.