Wohin steuern die Christsozialen?:"Mit mir gibt es keine neue Kompass-Ausrichtung"

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CSU-Bezirkschef Ludwig Spaenle beteuert nach dem Wechsel Marian Offmans zur SPD, dass seine Partei nicht nach rechts rücke

Von Heiner Effern, München

Der CSU ist ihr prominentester Kämpfer im Stadtrat gegen Ausgrenzung, Rechtsextremismus und Antisemitismus abhanden gekommen - doch ändern soll dies nichts. Das erklärte der Münchner Bezirkschef Ludwig Spaenle am Tag, nachdem Marian Offman von seiner Partei zur SPD gewechselt ist. Vom Kurs der Münchner CSU als liberale Großstadtpartei werde nicht abgewichen, sagte Spaenle. "Dafür stehe ich persönlich." Offman selbst hatte am Tag seines Wechsels angedeutet, dass der angestrebte Generationenwechsel in der CSU die Ausrichtung in der Stadtratsfraktion deutlich nach rechts verschieben könnte. "Mit mir gibt es keine neue Kompass-Ausrichtung", sagte Spaenle.

Auch die anderen Fraktionen verfolgen die Personalia in der CSU und deren Aufstellungsprozess für die Stadtratswahl 2020 durchaus mit Sorge. In der SPD ist davon im Hintergrund seit einiger Zeit zu hören, offen spricht es Dominik Krause, Stadtvorsitzender und Fraktionsvize der Grünen aus. Man fürchte, dass die CSU "gerade ein ganzes Stück nach rechts rückt". Nach dem Wechsel von Bürgermeister Josef Schmid in den Landtag und den Abgang von Marian Offman müsse sich die CSU fragen, wie glaubwürdig sie mit ihrem liberalen Kurs sei. OB-Kandidatin Kristina Frank bemühe sich, von ihr und auch fast allen Münchner Parteikollegen sei aber kein Widerspruch zu hören gewesen, als die CSU im Landtagswahlkampf teilweise nahe an die AfD herangerückt sei.

Marian Offman gilt in der Stadtgesellschaft als eine Persönlichkeit, die sich vernehmbar und öffentlich gegen jeden Ausfall nach rechts stellt. "Er ist ein Mahner und Vermittler und zeigt, was Zivilcourage heißt", so beschreibt ihn Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Kulturreferent Anton Biebl würdigt den Sozial- und Kulturpolitiker ebenfalls. "Ich schätze Marian Offman extrem, weil ihm die Positionierung gegen rechts und die Erinnerungskultur wichtig sind." Die Aufnahme in die SPD sei ein gutes Signal, "er bleibt ein Gewinn in der Stadtgesellschaft". Als Jude, der sich im Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde engagiert, und darüber hinaus als glaubwürdiger Kämpfer gegen Pegida, AfD und alle Formen der Ausgrenzung, genießt Offman hohes Ansehen. Auch der Dialog mit den Muslimen war ihm stets wichtig. Im Stadtratsalltag kümmerte er sich um Kommunal- und Kulturpolitik.

Der 71 Jahre alte Offman gehörte der CSU 20 Jahre an, davon saß er 17 für sie im Stadtrat. Am Montag gab er für die eigene Partei überraschend bekannt, dass er zur SPD wechselt. Diese nahm ihn sofort in ihre Fraktion auf. Offman war Anfang Juli in seinem Kreisverband im Münchner Osten bei der Aufstellung für die CSU-Stadtratsliste 2020 durchgefallen. Danach zeigte er sich sehr verletzt, sprach von Intrige.

Seine Partei konterte kühl, dass man in seinem Alter einen Generationenwechsel akzeptieren müsse. Zudem habe er sich für mehr Wohnungen anstatt gegen ein neues großes Stadtquartier im Münchner Osten eingesetzt, sagte damals Kreischef Robert Brannekämper. Die Rolle Offmans in der Stadtgesellschaft fand in der CSU keine Berücksichtigung mehr.

Seine früheren Parteifreunde empfinden seinen bis zuletzt geheim gehaltenen Wechsel als Verrat. CSU-Fraktionschef Pretzl sieht in dem Wechsel weniger ein inhaltliches Motiv, sondern den persönlichen Vorteil, weil Offman unbedingt im Stadtrat bleiben wolle. Bezirkschef Spaenle erklärte, personell könne die CSU den Abgang kompensieren. Und in Richtung der Grünen sagte er: "Ich bin nicht bereit, hinzunehmen, dass die sich ständig moralisch über andere erheben."

© SZ vom 17.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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