WM-Rahmenprogramm:Viel Ärger vor dem Anpfiff

Knapp ein Jahr vor der Eröffnung der Fußball-WM in München hat Ministerpräsident Stoiber allen Grund zur Sorge: Organisationsmängel und Fehlkalkulationen treiben die Kosten in die Höhe.

Von Kassian Stroh

Solche Termine liebt der Ministerpräsident: Zwischen Lennart Johansson und Franz Beckenbauer steht Edmund Stoiber inmitten der Staatskanzlei. Der erste ist Chef des Fußballverbandes Uefa, der andere Kaiser und Lichtgestalt. Und alle drei präsentieren das Programm der Konferenz "Visions of Football" der Staatsregierung. Von der verspricht sich Edmund Stoiber nicht weniger als "wesentliche Impulse für den Fußball weltweit". Impulse für die Welt. Aus Bayern. Im Fußball. Was Schöneres gibt es nicht. Das war am 30.März 2005.

Und solche Termine mag der Ministerpräsident gar nicht: Im Landtag haben die Grünen das "weißblaue WM-Chaos" zum Thema gemacht. Fraktionschef Sepp Dürr macht Stoiber persönlich für die "Propagandapleiten" der "Task Force" verantwortlich, jenem vor zwei Jahren installierten Gremium, das die Regierungsaktivitäten zur Fußball-WM 2006 koordinieren soll. Eine Viertelstunde vor Beginn der Debatte verlässt Stoiber den Landtag. Das war gestern.

Krisenmanagement der Staatskanzlei

Seit Tagen muss Stoiber Meldungen über Organisationsmängel und ausufernde Kosten bei diversen "Task Force"-Projekten lesen. Schon gestern, als Kultusminister Siegfried Schneider der CSU-Fraktion seine Aufräumarbeiten erläuterte, soll der Ministerpräsident "sehr bekümmert" dreingeschaut haben, wie Teilnehmer berichten.

Hat er nicht stets verkündet, der Freistaat werde sich bei der Fußball-WM "in Top-Form" präsentieren? Sollte diesem Zweck nicht die "Task Force" dienen? Deren Arbeit zu verteidigen aber blieb gestern allein Schneider überlassen. Die Staatskanzlei sei mit den Projekten nie befasst gewesen, entlastet Schneider seinen Chef zudem. Nun ja. Zumindest seit der vergangenen Woche, so ist zu hören, ist die Staatskanzlei sehr aktiv am Krisenmanagement im Hause Schneider beteiligt.

Großprojekte in Schieflage

Zwar verwies Schneider gestern noch einmal auf die vielen "Task Force"-Projekte, die erfolgreich verliefen. Doch gerade bei den großen ist mittlerweile einiges aus dem Gleichgewicht geraten.

Etwa das geplante Konzert "Die drei Orchester", dessen Zukunft von Tag zu Tag ungewisser wird: Der Geschäftsführer Gernot Rehrl hat, wie gestern bekannt wurde, am Montag um eine Entbindung von seinen Aufgaben gebeten. Zwei der sieben Mitglieder des eigens gegründeten Trägervereins, die Anwälte Johannes Kreile und Alexander Liegl, haben angekündigt, ihre Mitarbeit zu beenden. Ob das Konzert am Ende stattfinde, dazu würden gerade Gespräche mit dem Weltfußballverband geführt, sagt Schneider.

Viel Ärger vor dem Anpfiff

Oder eben die Konferenz "Visions of Football" kommende Woche: Mehr als 1000 Teilnehmer waren erwartet worden, mittlerweile sollen 650 Anmeldungen vorliegen. Aber um die Zahl nach oben zu treiben, werden nun Freitickets ausgegeben. Etwa an die Mitglieder des Landessportbeirats.

Wie viele der 650 Anmeldungen tatsächlich zahlende Teilnehmer seien, könne man nicht sagen, teilt das Ministerium mit. Schneider räumt ein, die ursprüngliche Kalkulation sei wohl nicht mehr zu halten. Der Freistaat muss also weit mehr auf den Tisch legen müssen als die eingeplanten 660.000 Euro. In diesem Fall verspricht Schneider "Korrekturen am Gesamtprogramm". Konkreter wird er nicht.

Altlasten von der Vorgängerin

Wenn man sich in diesen Tagen in der CSU umhört, dann findet Schneider jedoch Erbarmen: Von "Altlasten" ist die Rede, die seine Vorgängerin Monika Hohlmeier dem neuen Minister hinterlassen habe. "Da wurde offensichtlich Mist gebaut", sagt Fraktionschef Joachim Herrmann, den Schneider nun "sachgerecht" aufarbeite.

Andere Kabinettsmitglieder blicken "mit Verwunderung" auf die Vorgänge, auch von mangelnder politischer Kontrolle Hohlmeiers ist die Rede. In diesem Zusammenhang fällt immer wieder der Name Harald Vorleuter - einst Hohlmeiers Büro-Chef und bis vergangene Woche Leiter der "Task Force".

Weiß-blaue Standortwerbung

Dabei war deren Arbeit der Staatsregierung doch so wichtig: Die Fußball-WM sollte das Vehikel für weißblaue Standortwerbung sein. Auch war ja ursprünglich die nächste Bundestagswahl kurz nach der WM geplant - und die wollte Stoiber der rot-grünen Bundesregierung nun wirklich nicht als Werbefläche überlassen.

Ein Beispiel für weißblaue Träume: Laut "Task Force"-Protokoll sollte Vorleuter bei den WM-Organisatoren eruieren, ob die offizielle Eröffnungsfeier "zur Feier des Freistaats ausgedehnt" werden könne. Und sollte es am Ende keine Eröffnung in München geben, so die Befürchtung noch vor 18 Monaten, werde man eine "Eventwoche" veranstalten müssen, die "großes Medieninteresse" erzeugen werde. Das gibt es nun auch.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: