Wirte und Versicherungen:Einer muss bezahlen

Die meisten Wiesnwirte haben sich gegen den Veranstaltungsausfall versichert. Doch wie viel das im konkreten Fall wert ist, wird sich erst noch zeigen

Von Herbert Fromme und Franz Kotteder

Das Oktoberfest ist ein Großereignis für Allianz und Munich Re. Beide laden Hunderte Gäste aus dem In- und Ausland ein. Begleitet von Vorständen und anderen Managern geht es dann auf die Wiesn. "Da wird richtig Geschäft gemacht", sagt ein Insider. Auch andere Versicherer sind mit Gästen vor Ort.

Das wird 2020 fehlen. Aber das Thema Oktoberfest 2020 wird die Versicherungswirtschaft noch eine ganze Zeit begleiten. Denn die meisten Wiesnwirte haben sich gegen den Veranstaltungsausfall versichert.

Anders als bei den Olympischen Spielen gibt es keine einzelne, große Veranstaltungsausfallpolice für die Wiesn. Jeder Schausteller und jeder Wirt musste selbst tätig werden. Wirtesprecher Peter Inselkammer sagt dazu, die meisten hätten Versicherungen, allerdings mit unterschiedlichen Abdeckungen. In der Regel seien kurzfristige Veranstaltungsabsagen versichert, "aber von kurzfristig kann ja hier keine Rede sein". Meistens sei nur ein Teil der Kosten abgedeckt. Hohe Kosten seien auch noch nicht entstanden, weil der Aufbau der Zelte noch nicht begonnen habe. Je mehr ein Wirt versichern wolle, desto teurer seien die Policen. "Wir müssen jetzt erst einmal mit den Versicherern reden."

Eine Reihe von Ausfallpolicen wurde in London abgeschlossen, heißt es in der Branche, und in den Versicherungsbedingungen seien "communicable diseases", also übertragbare Krankheiten, ausdrücklich mitversichert. Allerdings ist auch klar, dass sich der Ausfall wegen des frühen Termins der Absage in Grenzen hält. In der Branche wird der Schaden eher im zweistelligen Millionenbereich angesiedelt - weit weg von den mehr als 400 Millionen Euro, die das Oktoberfest jedes Jahr an Umsatz generiert.

Möglicherweise müssen auch einige Versicherer zahlen, die sogenannte Betriebsschließungspolicen verkauft haben. Sie sollen Wirte dagegen schützen, dass ihr Betrieb wegen einer übertragbaren Krankheit geschlossen werden muss.

Über diese Policen gab es in den vergangenen Wochen heftigen Streit zwischen vielen Versicherern auf der einen Seite sowie Wirten und Hoteliers auf der anderen. Versicherer wie HDI, Signal Iduna und Barmenia hatten kein Problem damit, wegen der Schließung die vereinbarten Leistungen zu zahlen. Aber andere Gesellschaften wie Allianz, R+V oder Württembergische sträubten sich. Sie verwiesen darauf, dass das Coronavirus bei Vertragsabschluss nicht bekannt war, die Schließung deshalb nicht versichert sei.

Viele Fachjuristen bezweifeln, dass diese Argumentation vor Gericht standhält. Aber die Wirte, Bäcker oder Hoteliers haben kein Interesse an langwierigen Prozessen. Jetzt gibt es einen Kompromiss, nach dem die Versicherer als freiwillige Leistung rund 15 Prozent der versicherten Summe zahlen. Ob das auch bei Policen gilt, die das Oktoberfest umfassen, konnte keiner der Beteiligten sicher sagen.

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