Winter-Tollwood:Rock am Reck - Gelungene Premiere mit der "Mozartband"

Die "Gauklersonate - 2. Satz!" beim Tollwood-Winterfestival ist geradezu ein Idealfall: Man kann nicht nur ganz passabel essen, sondern bekommt obendrein auch noch etwas Zirkus geboten und ein Konzert.

Von Franz Kotteder

Als Kind ist einem ja immer wieder eingetrichtert worden, dass man beim Essen gefälligst nichts anderes zu tun habe. Das nervte zwar, aber irgendwann hat man diese Regel einfach akzeptiert. Vielleicht erklärt das ja ein bisschen den Erfolg von Dinner-Shows? Weil da die Ablenkung vom Essen nicht nur erlaubt, sondern geradezu erwünscht ist.

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(Foto: Foto: tollwood gmbh)

Die "Gauklersonate - 2. Satz!" beim Tollwood-Winterfestival ist geradezu ein Idealfall in dieser Hinsicht. Man kann nicht nur ganz passabel essen, sondern bekommt obendrein auch noch etwas Zirkus geboten und ein Konzert - nein, eigentlich sogar zwei Konzerte mit klassischer und Popmusik. Drei bis vier Events also für eine Eintrittskarte, das ist schon mal keine schlechte Kosten-Nutzen-Relation.

Für Abwechslung ist also wahrlich gesorgt - genau genommen sogar für etwas mehr, als der Sache dienlich wäre. Denn das eigentliche Ereignis des Abends, eben die "Gauklersonate" der Mozartband um den genialen Akkordeonisten Wolfgang Staribacher, besteht aus zwei Teilen vor und nach der Pause, die musikalisch sehr, sehr unterschiedlich ausfallen.

Vor der Pause hat man fast durchgängig das Gefühl, da habe sich Mozarts Musik sehr erfolgreich der Vereinnahmung widersetzt, und fragt sich bisweilen, warum das unbedingt von einer Rockband gespielt sein muss. Immerhin, es gelingen einige hübsche Bilder, wenn etwa die Trapezartistin Anne Weissbecker hinter einer Leinwand zu den Klängen der Band schwingt. Anderes missglückt, wie die nicht sehr sinnige Breakdance-Nummer vor der Pause.

Rock am Reck - Gelungene Premiere mit der „Mozartband“

Bei der Premiere am Donnerstag verließen denn auch einige, wenige Zuschauer nach dem ersten Teil das Zelt. Das hätten sie nun aber gerade nicht machen sollen, denn nach der Pause drehte die Mozartband gewaltig auf, und plötzlich bekam die ganze Sache nicht nur Sinn, sondern wirkte auch wie aus einem Guss. Mozarts Musik als Grundmaterial, aus dem dann etwas durchaus Eigenes entsteht: Das ist ja die Stärke der Mozartband.

Wenn Toni Burger seine Geige spielt, als wäre er Jimi Hendrix bei Woodstock oder wenn Wolfgang Staribacher die Hammond traktiert, als gelte es, Procol Harum neu zu erfinden, dann wird die "Gauklersonate" zum reinen Genuss. Der sich noch steigert, wenn die Akrobatik-Einlagen dann eben keine Einlagen sind, sondern sich aufs Trefflichste mit der Musik verknüpfen wie zum Beispiel in der Vertikalseil-Artistik von (wiederum) Anne Weissbecker oder der Leuchtschnur-Nummer des geheimnisvoll androgyn wirkenden Bewegungsmagiers Orféo.

Regisseur Alvaro Solar ist es (zumindest in der zweiten Hälfte) überhaupt sehr gut gelungen, die Artistik kongenial mit der Musik zu verbinden. Selten einmal wirken die turnenden Menschen da oben auf der Bühne aufdringlich, im Gegenteil. Trotz beachtlicher akrobatischer Leistungen: Meist fügen sich die Darbietungen perfekt in die Musik ein. Solar, der auch schon den ersten Teil der "Gauklersonate" im vergangenen Jahr inszeniert hatte, ist da eine Art Geniestreich gelungen.

Das berechtigt nun zu schönen Hoffnungen. Denn bekanntlich hat jede Sonate, die etwas auf sich hält, drei Sätze. Und von einem dritten Satz der "Gauklersonate" ließe man sich bestimmt gern vom Essen ablenken.

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