Wilhelm-Röntgen-Realschule:Strafe für Hitlergruß im Unterricht: Referate

Wilhelm-Röntgen-Realschule: Was soll die Schule tun, wenn Jugendliche durch rechtsradikale Gesten provozieren? Die Wilhelm-Röntgen-Realschule setzt auf Pädagogik.

Was soll die Schule tun, wenn Jugendliche durch rechtsradikale Gesten provozieren? Die Wilhelm-Röntgen-Realschule setzt auf Pädagogik.

(Foto: Robert Haas)
  • Drei Jungen und ein Mädchen zeigen im Religionsunterricht den Hitlergruß.
  • Die Schüler sollen schon früher mit rechtspopulistischen Äußerungen aufgefallen sein.
  • Die Leiterin der Schule schickt den Eltern verschärfte Schulverweise, nimmt sie aber später wieder zurück. Stattdessen gibt es Referate über die NS-Zeit.

Von Christian Gschwendtner

Ein verschärfter Schulverweis, der keiner mehr ist, bringt die Leiterin der Münchner Wilhelm-Röntgen-Realschule aktuell in Bedrängnis. Wie jetzt bekannt wurde, zeigten gleich mehrere Schüler am 26. April während des Religionsunterrichts den Hitlergruß. Nicht die erste Auffälligkeit in diese Richtung. Die drei Jungen und das Mädchen sollen sich schon früher mit rechtspopulistischen Wortmeldungen in eine Diskussion im Erdkundeunterricht eingemischt haben.

Der kollektive Hitlergruß brachte das Fass dann zum Überlaufen. Neun Tage nach dem Vorfall bestrafte die Rektorin Irina Kuttner die vier Unruhestifter mit einem verschärften Verweis. Kuttner leitet die Neuperlacher Realschule momentan kommissarisch. Als Begründung für ihre Reaktion schrieb sie zunächst: "Ein solches Verhalten wollen und dürfen wir als Schulgemeinde nicht unterstützen".

Wenig später wurde die Strafe allerdings wieder zurückgenommen, das sorgt nun für Aufsehen. Über die Abläufe gibt es zwei Versionen. Ein anonymer Hinweisgeber behauptet, die Direktorin sei eingeknickt, als die Eltern ihr mit einem Anwalt gedroht hätten. Deswegen habe es keine Konsequenzen für die vier Schüler gegeben. Durch ihren Schlingerkurs habe Kuttner den jungen Religionslehrer, der den Vorfall meldete, auch noch vorgeführt. "Welche Botschaft wird damit vermittelt?", fragt der Unbekannte, der seinen Namen nicht nennen will.

Schulleiterin Kuttner fühlt sich dagegen gründlich missverstanden. Der Vorfall sei weitaus weniger gravierend gewesen, als es jetzt in der Öffentlichkeit dargestellt werde. Laut ihren Angaben lief in besagter Religionsstunde der Film Sophie Scholl. Irgendwann hätten die vier Teenager aus der letzten Reihe dann im Halbdunkel die rechte Hand nach oben gestreckt. Ein Dummer-Jungen-Streich, so ihre Bewertung, mehr nicht. Ausgeführt von Neuntklässlern, die nicht wissen, was sie tun.

Die Realschule in Neuperlach wollte anfangs trotzdem ein wirkungsvolles Zeichen setzen. "Das Problem hat uns sehr beschäftigt", sagt die Schulleiterin. Drei Wochen nach der Entgleisung im Religionsunterricht habe man sich deshalb mit den Eltern an einen Tisch gesetzt. Relativ schnell soll den Beteiligten dann klar geworden sein: Mit einem verschärften Verweis ist noch gar nichts erreicht. Kein Elternteil konnte bei seinem am Pranger stehenden Schützling einen Denkprozess beobachten, erzählt die Schuleiterin. Deshalb sei man zu dem einhelligen Fazit gekommen: "Die Schüler müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen."

Der verschärfte Verweis wurde so in eine Erziehungsmaßnahme umgewandelt. Alle vier Neuntklässler mussten jeweils ein Referat zu einem Schwerpunkt der NS-Zeit halten. "Ich war bei den Vorträgen anwesend. Den Jugendlichen war das unangenehm. Da ist wirklich etwas hängen geblieben", berichtet die Direktorin. Deshalb würde sie es wieder genauso handhaben. Das städtische Schulreferat stärkte ihr am Dienstag den Rücken. Es sei schlichtweg nicht vorstellbar, dass sich eine bayerische Schule von Anwaltsdrohungen einschüchtern lasse.

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