Wiesn-Tipps der "La Repubblica":Italiener-Wochenende mal ganz anders

Italiener auf dem Oktoberfest

Das mittlere Wiesn-Wochenende gilt traditionell als Italiener-Wochenende - viele reisen dafür mit dem Bus aus Italien an.

(Foto: Stephan Rumpf)

Sojamilch statt Bier, Kunst statt Geschunkel: Die Zeitung "La Repubblica" empfiehlt italienischen Oktoberfest-Touristen ein bemerkenswertes Programm.

Von Jutta Czeguhn

Diesmal wird alles anders sein am sogenannten Italiener-Wochenende der Wiesn. Die Münchner werden die Ragazzi nicht wiedererkennen. Statt in Masskrüge zu reihern oder gar zu bieseln, werden sie im "Art District" von Monaco di Baviera umherstreifen, im Café Marais im Westend Ovomaltine mit Sojamilch genießen und Bio-Kosmetik testen.

Zu verdanken hat die Stadt dieses Wunder von München einem Herrn Ciullo, Vorname Giovanni N. In der italienischen Tageszeitung La Repubblica hat er einen schönen Artikel für seine Landsleute verfasst. Er will ihnen aufzeigen, was sie in "la bella bavarese", in der schönen Bayerin (München ist gemeint!), so alles entdecken können, bevor sie sich - ach, er schreibt das sehr poetisch - bevor sie sich mit einer Mass in der Hand selbst verlieren. Sein Artikel ist also eine Art Primo-Birra-Baedeker. Die Stadt, drittgrößte in Deutschland nach Berlin und Frankfurt (meint er vielleicht "Amburgo"?) habe so viel mehr zu bieten als Bier, BMW und Bayern München.

Herr Ciullo rät, den Tag gegen neun Uhr mit einem Frühstück bei Miss Lillys zu beginnen. Das kommt überraschend, dachte man doch bislang, dass Italiener morgens höchstens einen nachtschwarzen Espresso hinunterstürzen. Zudem ist neun Uhr in mitteleuropäische Wiesnzeit umgerechtet wohl so gegen vier. Derart gestärkt können die Italiener dann in die U-Bahn Richtung Marienplatz springen, schließlich sei der öffentliche Nahverkehr in Monaco wie eine "Blume im Knopfloch" (fiore all'occhiello).

In einem Aufwasch werden dann Rathaus, Frauenkirche und Residenz abgehakt. Und bloß nicht trödeln, denn um 11.30 Uhr erwartet Giovanni Ciullo die Ragazzi in der Klenzestraße, wo sie erleben können, wie "metrosexual" und "gay-friendly" das so traditionelle München in Wirklichkeit sei. Schließlich hausen im Glockenbach all die jungen Kreativen. Auch die Nackerten, die an den Isarstränden herumliegen ("spiagge naturiste"), dürfen die Oktoberfest-Touristen noch schnell genießen, bevor es dann um 14 Uhr in den "Art District" geht.

Dort, im Kunstareal also, empfiehlt Signor Ciullo das Museum Brandhorst, wo auch Werke von Jeff Koons stehen. Den kennen die Italiener noch aus bewegten Zeiten, da er mit ihrer Polit-Porno-Ikone Cicciolina verheiratet war. "Amore" heißt das Koons-Werk im Brandhorst, eines aus seiner frühen Serie "Banality". Der Kunstgenuss dauert bis 17 Uhr, dann dirigiert Ciullo die Gäste hinüber in den Englischen Garten. Das Nickerchen auf dem Rasen dort muss aber kurz ausfallen, denn um 18.30 Uhr müssen sie einen "Salto nel Westend" auf die Schwanthalerhöhe machen.

"Impronunciabile" sei dieser Name für Italiener, aber dort gebe es halt viele Restaurants und das Café Marais. Weil das gegen 20 Uhr schließt, dürfen die Italiener, finalmente, den langen Tag auf der Schaustellerstraße der Wiesn enden lassen. Dort haben sie - spätestens jetzt entlarvt sich Herr Ciullo als großer München-Kenner - die Qual der Wahl unter den "mitici tendoni", den legendären Wiesn-Zelten.

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