Wiesn-Modesünden, Teil II: München Alaaf!

Der Münchner ist gerne unter sich, in waschechter bayerischer Tracht. Gott sei Dank gibt es das Oktoberfest - und Millionen Besucher scheren sich nicht darum. Die Bilder.

Der Münchner ist gerne unter sich, in waschechter bayerischer Tracht. Gott sei Dank gibt es das Oktoberfest, und Millionen von Besuchern scheren sich nicht darum. Die Bilder. Zuletzt war an dieser Stelle zu bestaunen, dass man aus Münchner Sicht gar nicht keusch genug für die Wiesn sein kann:Text und Fotos (außer den genannten Agenturbildern): Ruth Schneeberger/sueddeutsche.de/pfau/bgr

"Ordentlich Holz vor der Hüttn" ist erlaubt und sogar explizit erwünscht, nicht aber ...Foto: dpa

... "kurze" Röcke (das bedeutet auf bayerisch: alles, was nicht übers Knie ragt), ...Foto: Ruth Schneeberger

... kurze Hosen, zumindest bei weiblichen Wiesnbesuchern, ...Foto: Ruth Schneeberger

... und auch alles andere, was nicht der klassischen Tracht entspricht, wie Reißverschlüsse an Dirndl-Ausschnitten, knallige Farben, Chinesen im Bayern-Look oder - besonders schlimm - lustige Hüte, die gar an "Fasching" erinnern, sind dem Bayern ein Gräuel und wirken auf ihn - im besten Falle - ermüdend. Im Normalfall aber reagiert er auf alles, was kein langes, geknöpftes Bauerndirndl bei der Frau und kein trachtenbewusstes Outfit beim Mann darstellt, ...Foto: dpa

... mit dem berühmten Granteln. Was höchst unterschiedliche Ausmaße annehmen kann. Weil nun ein seit Jahren anhaltender Trend zu immer mehr Tracht auf der Wiesn beobachtet wird und das diesjährige Oktoberfest den Höhepunkt zu markieren scheint, stinkt es dem Bayern inzwischen gewaltig. Im schlimmsten anzunehmenden Fall - und den mag sich der gestandene Münchner kaum ausmalen - kommt der echte Bayer aus Protest gar nicht mehr in Tracht, weil's der Saupreiß ja schon tut, und all die verrückten Japaner, Australier, Italiener, und was sich sonst noch so tummelt auf der schönen alten Wiesn. Dann - so die Angst - sei das urbayerische Oktoberfest mindestens in Feindeshand und auf alle Fälle nicht mehr so, wie es einmal war. Als Nicht-Münchner, so viel sei verraten, ermüden einen dagegen ganz andere Dinge:Bayern beim "Haberfeldtreiben" in München/Foto: dpa

Die klassische Tracht, zum Beispiel, ...Edmund Stoiber mit Gattin Karin in Tracht/Foto: ap

... und die gestrenge Einhaltung der Regeln, diese betreffend. Wenn nämlich alle gleich aussehen, hat der Saupreiß ja nichts mehr zum Gucken. Dabei macht es ihm gar nichts aus, wenn er selbst von den Münchnern angeschaut wird wie nach sauerem Aufstoßen, schließlich will er hier nur eins:CSU-Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner im klassischen Dirndl/Foto: oH

Spaß!Foto: dpa

Auch der Wirbel um die Prominenz ist dem Nicht-Münchner irgendwie unheimlich: Hier feiern Lokalmatadoren, Politiker und Fernsehmenschen in den immer selben genau zwei Zelten, nämlich im "Hippodrom", ...Jürgen Drews mit Gattin Ramona/Foto: dpa

... und beim "Käfer" vornehmlich sich selbst und werden dabei von der bayerischen Weltöffentlichkeit hofiert und goutiert. Beim - in München verhassten - Kölner Karneval dagegen wird die Prominenz zum Beispiel gehörig aufs Korn genommen. Bemerkenswert immerhin, dass Prominententochter Giulia Siegl sich auch in diesem Jahr wieder der immer lauter werdenden Forderung nach einer gescheiten Trachtenbluse widersetzt und nach wie vor ohne Puffärmel kommt. So wirkt das Dirndl fast wie ein laues Sommerkleid ...Foto: dpa

... aber mit der Unbeschwertheit hat's der Bayer halt nicht so. Zumindest nicht nach der vierten Maß. Was - wohlgemerkt - immerhin vier Liter Starkbier sind. Da kann der Kölsch-Reagenzgläschen-Trinker eben nicht mithalten. Und was, bitte schön, hat das Oktoberfest überhaupt ...Foto: Ruth Schneeberger

... mit Mode zu tun? Das hier ist Mode. Erkennen Sie den Unterschied? Mode ist geradezu das Gegenteil ...Foto: dpa

... von Tracht, die eben nicht mit der Mode geht, sondern am Altbewährten festhält. Festzuhalten bleibt also, dass aus Nicht-Münchner Sicht ganz andere Dinge die Wiesn liebenswert machen, als da wären:Florian Silbereisen mit Freundin Helene Fischer/Foto: dpa

Das Aufeinandertreffen ...Foto: Ruth Schneeberger

... unterschiedlichster ...Foto: Ruth Schneeberger

... Kulturen, das friedliche Mit- und Nebeneinander ...Foto: Ruth Schneeberger

... von Menschen verschiedener Herkunft und unterschiedlichen ...Foto: Ruth Schneeberger

... oder auch gleichen Geschlechts, ...Foto: Ruth Schneeberger

... die kreative Handhabung von Tracht, jeglicher Form ...Foto: Ruth Schneeberger

... von Zuspitzung, Übertreibung, ...Foto: Ruth Schneeberger

... von Glitzern und Funkeln, ...Foto: Ruth Schneeberger

... von Farbenfreude ...Foto: Ruth Schneeberger

... und Vielfalt ...Foto: Ruth Schneeberger

... und der spielerische Umgang mit Tradition. Dabei sind ausdrücklich lustige Hüte mitnichten verboten, sondern durchaus erwünscht, weil sie den Träger dazu qualifizieren, sich an etwas zu beteiligen, von dem er bisher dachte, dass es das Oktoberfest ausmacht, nämlich: dem Vergnügen. Die Wiesn besteht, liebe Münchner, nun mal zum großen Teil aus Nicht-Münchnern, und die wollen vor allem eins: Dieses Fest feiern, wie es fällt. Deshalb sind auch die meisten Wiesn-Besucher froh ...Foto: ddp

... über jeden, der aus der klassischen Trachten-Reihe tanzt, ...Foto: Ruth Schneeberger

... das Dirndl modisch aufpeppt mit Karos, ...Foto: Ruth Schneeberger

... in trendy Lila - und wir sind auch froh über jede Frau, die Hosen trägt, ...Foto: Ruth Schneeberger

... und zwar erst recht, und nicht obwohl sie von Kopf bis zum Peeptoe modisch gestylt ist. Um mal ein grundsätzliches Missverständnis zu klären: Wir sind nicht tausend Kilometer weit gereist oder früher von unserem Arbeitsplatz verschwunden, ...Foto: Ruth Schneeberger

... um ausschließlich das "Original-Dirndl" zu bewundern oder uns zu bemühen, selbst möglichst bayerisch zu wirken. Nichts liegt uns ferner. Wir wollen nur spielen. Und natürlich ...Foto: Ruth Schneeberger

... sehen ...Foto: Ruth Schneeberger

... und gesehen werden. Das kennt ihr Münchner doch.Foto: Ruth Schneeberger

Weshalb selbst die aufgemalte Tracht für uns weitaus unterhaltsamer ist als ...Foto: Ruth Schneeberger

... das öde Trachtenjankerl oder ...Foto: Ruth Schneeberger

... der schlichte Jeansanzug, weil die aufgemalte Tracht immerhin zeigt, dass das größte Bierfest der Welt ...Foto: Ruth Schneeberger

... sich eben doch nicht so bierernst nimmt, wie es manchmal scheint. Deshalb überlassen wir die Anschaffung ...Foto: Ruth Schneeberger

... mordsteurer Tracht doch lieber der Prominenz für den Auftrieb im Käferzelt, Politikergattinnen, ...Million-Dollar-Dirndl/Foto: ddp

... und den echten "Mädels" auf der Alm, die so etwas sonntäglich ausführen dürfen, ...Foto: Reuters

... und den Kindern, bei denen klassische Tracht wenigstens noch putzig aussieht.Papst Benedikt XVI. mit Kindern in München/Foto: ap

Bis dahin vergnügen wir uns noch ein paar Tage ...Foto: Reuters

... mit dem Anschein von Lebensfreude, ...Foto: Ruth Schneeberger

... den das Oktoberfest immer noch ausstrahlt, ...Foto: Ruth Schneeberger

... plädieren auf Völkerverständigung ...Foto: dpa

... zwischen dem Freistaat und dem Rest der Welt und wünschen allseits ein Prosit der Genießlichkeit!Foto: Reuters