München hat sein Lenbachhaus wieder. Am Dienstagabend wurde das Kunstmuseum nach rund vierjähriger Renovierungszeit wiedereröffnet. Schon bevor der erste Besucher die umgebaute Städtische Galerie betreten durfte, sorgte der Bau für Stirnrunzeln. Zu pompös wirke der gold glänzende Panzer, der alle neu errichteten Bauteile umhüllt. Zu penetrant dominiere der wuchtige Klotz seine Umgebung, kritisierten Passanten und Anwohner. Auf dem Bild ist der neue - nun endlich barrierefreie - Eingang in die Städtische Galerie zu sehen. Er befindet sich zwischen dem mit Messing verkleideten Neubau und dem früheren Ateliergebäude des Lenbachhauses.
Doch Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (Mitte) wollte bei der Eröffnung von derlei Bedenken nichts wissen. "Jetzt ist es ein richtiges Museum", sagte er. "Jetzt ist es endlich auch den Besuchermassen aus nah und fern gewachsen."
Schließlich war die Villa Franz von Lenbachs einst als Wohnhaus und nicht als Museum gedacht. Als es zum Kunstmuseum umfunktioniert wurde, rechnete man mit etwa 10.000 Besuchern im Jahr. 2008, im Jahr vor der Sanierung, waren es dann 450.000. Ude sprach von einem "Magneten für Kunstfreunde in aller Welt". Die Wiedereröffnung sei nur vergleichbar mit der Schenkung der "Blauen Reiter"-Sammlung von Gabriele Münter. Das Bild zeigt Museumsdirektor Helmut Friedel (rechts), der zur feierlichen Neueröffnung des Lenbachhauses am Dienstagabend die geladenen Gäste willkommen heißt.
Das Museum wurde nach den Plänen des Londoner Architekten Norman Foster umgebaut und mit einem goldenen Kubus versehen. Sein Ziel sei es gewesen, die Qualitäten der historischen Villa zu bewahren - und gleichzeitig einfach für mehr Platz zu sorgen. Dafür wurde auch ein Anbau aus den 1970er Jahren abgerissen. "Wir mussten in der Zeit zurückgehen."
Für 56,4 Millionen Euro wurde das Lenbachhaus, in dem die Städtische Sammlung untergebracht ist, saniert, umgebaut und erweitert. Fast vier Jahre lang. Schäden aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges waren zuvor nur notdürftig behoben worden, auch die Heizungsanlage funktionierte nicht mehr richtig. Zu den Vorgaben zählte etwa die Einrichtung einer großen Empfangshalle, die auch für Besuchermassen tauglich ist. Hinter der Installation "Wirbelwerk" von Olafur Eliasson ist die Wand der originalen Lenbach-Villa erkennbar, die nun selbst wie ein Kunstwerk im Kunstbau wirkt; die weißen Wände gehören zum Erweiterungsbau.
Nochmal ein Blick auf - oder in - das "Wirbelwerk" von Olafur Eliasson.
Während es bei der architektonischen Umsetzung einiges bemängelt wurde, fallen die neue Verteilung der Museumsbestände und die Umgestaltung der Ausstellungsräume positiv auf. Oberlichtluken versorgen die Räume mit relativ viel Tageslicht. Zusätzlich lässt sich der Wärmegrad des künstlichen Lichts variieren - was viel zur Wirkung der Bilder an den farbigen Wänden beiträgt.
Auch in der Porträtabteilung sind die Wände verschiedenfarbig. Die Türen sind leicht versetzt und bieten Einblicke in die folgenden Räume. Für Überraschung sorgen zwischendrin ausgestellte teils außergewöhnliche Installationen oder Skulpturen. Als Orientierungshilfe empfiehlt das Museum einen Rundweg durch die Abteilungen - von Werken des 19. Jahrhunderts über die bekannte Sammlung "Blauer Reiter" bis zu zeitgenössischen Exponaten.
Die Sammlung im Lenbachhaus umfasst Werke von Künstlern wie Gerhard Richter, Ellsworth Kelly oder Cy Twombly. Künftig sollen auch neue Münchner Künstler eine größere Rolle spielen. Von jenen Werken, die in den vergangenen Jahrzehnten in München geschaffen worden sind, finden allerdings kaum welche einen Platz im neuen Lenbachhaus.
Flanieren erlaubt: Mit dem Frühling kommt auch das Grün zurück in die Anlagen rund um das Lenbachhaus. Vor dem Umbau gelangten die Besucher über den Garten und eine Freitreppe in das Museum. Nun orientiert sich der Eingang des Gebäudekomplexes auf den neu geschaffenen Platz vor den Propyläen. Schade einerseits, weil der Zugang zum Lenbachhaus so an Reiz verliert und der Garten künftig zur Straße hin verschlossen bleibt. Andererseits bleibt er für die Besucher aber weiterhin zugänglich - und ist vermutlich ruhiger als bislang.
Erschöpfte Museumsbesucher müssen nicht lange nach Stärkung suchen: Getreu Lenbachs Vorliebe für Italien orientiert sich auch das Restaurant "Ella" in diese Richtung - und serviert eine Kreuzung aus bayerischen und italienischen Kreationen. Beim Namen ihres neuen Lokals haben sich Tobias Woitzik, Florian August und Uwe Lindner (v. li.) von einem anderen Künstler inspirieren. Auf der Homepage des Restaurants heißt es: "Mit dem Kosename "Ella" bezeichnete einst Wassily Kandinsky seine Lebensgefährtin Gabriele Münter, die später einen wichtigen Teil der Sammlung des Lenbachhauses stiftete." Aus Münters Schenkung stammen auch die Werke der expressionistischen Künstlergruppe "Blauer Reiter".
Was blendet mehr? Der Glanz des goldenen Kubus oder die Strahlen der Frühlingssonne? Seit dem 5. April hat das Ella geöffnet - die ersten Gäste haben die Terrasse bereits ausprobiert und sich dabei womöglich ein bisschen mit dem neuen Anblick angefreundet.