Wiede-Fabrik Johanneskirchen:Willkommen im Paralleluniversum

Die Künstler der Wiede-Fabrik im Münchner Osten öffnen ein Wochenende lang ihre Ateliers und zeigen ihre neuesten Werke. Ein Rundgang in Bildern.

Stephanie Höll

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Paralleluniversum und kreative Traumfabrik: Die Künstlerkolonie in der Wiede-Fabrik im Münchner Osten ist ein Dorf in der Stadt, in dem Kreative unterschiedlichster Disziplinen Kunst produzieren. Zweimal im Jahr öffnen sie ihre Ateliers und geben Einblicke in ihr Schaffen. Derzeit laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, denn die nächste Gemeinschafts-Ausstellung findet bereits vom 5. bis 8. Februar 2009 statt. Sueddeutsche.de hat sich vorab in der Wiede-Fabrik umgeschaut, um zu sehen, was den Besucher erwartet.München ist bekanntlich eines der teuersten Pflaster Deutschlands. Für einen freischaffenden Künstler grenzt es fast an ein Wunder, hier ein einigermaßen bezahlbares Atelier zu ergattern. Während in der Innenstadt der Quadratmeter bis zu 11 Euro Miete pro Monat kostet, zahlen jene 35 Kreative, die in der alten Wiede-Fabrik in Johanneskirchen Quartier bezogen haben, nur 5 Euro. Dafür tragen sie die Kosten für die Renovierung ihrer Ateliers selbst.Foto: Stephanie Höll

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Das Gelände befindet sich nur 18 S-Bahn-Minuten vom Marienplatz und 200 Meter vom S-Bahnof Johanneskirchen entfernt. Und doch scheint sich das Rad der Zeit hier noch viel langsamer zu drehen als in der schnelllebigen Landeshauptstadt. Sobald man das 20.000 Quadratmeter große Fabrikareal betritt, beschleicht einen das Gefühl, dass in diesem Künstlerdorf noch andere Regeln gelten. Hier werden alternative Lebensformen nicht nur geduldet sondern auf vielfältige Weise gelebt werden. Maler, Fotografen, Bildhauer, Konzept- und Installationskünstler sowie Grafik-Designer arbeiten in ihren Ateliers, tauschen Ideen und Werkzeuge aus.Foto: Stephanie Höll

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"Wir sind für alle Richtungen offen", sagt Andreas Wiede-Kurz, der das Dorf in der Stadt geschaffen hat und die Gemeinschafts-Ausstellungen organisiert. Der Mediziner erbte die Acetylen-Fabrik vor Jahren von seinem Vater und dachte nicht daran, das Gelände nach der Fabrik-Stilllegung teuer als Baugelände zu verkaufen. Immerhin rund 8 Millionen Euro soll das Areal wert sein. Doch er handelte nach seiner ganz eigenen Formel des Glücks: "Ich habe nichts davon, wenn der Ertrag sehr groß ist, aber kein Sinn oder keine Freude mehr da ist. Und wenn Sinn und Freude überwiegen, kann der Ertrag auch ruhig ein wenig geringer ausfallen." Andreas Wiede-Kurz ist zwar selbst kein Künstler, dafür aber ein großer Kunstliebhaber und jedes Mal, wenn er in die Gemeinschaftsausstellung organisiert, erfüllt es ihn mit Freude. Und Kreativen zu fairen Konditionen Arbeitsräume und Ausstellungsflächen anzubieten, das macht für ihn großen Sinn.Foto: Stephanie Höll

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Die Malerin Claudia Grögler war die erste Künstlerin, die 1992 in die alte Wiede-Fabrik einzog und sich in den Türmen des alten Gaswerks (siehe Bild) ihr Atelier einrichtete. Das und ihre Gemälde kann man am Ausstellungs-Wochenende aus nächster Nähe betrachten.Foto: Stephanie Höll

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Grögler hat sich auf Menschenporträts spezialisiert, wobei sie vor allem Freunde und sich selbst malt und großen Wert auf den Ausdruck von Emotionen legt.Foto: Stephanie Höll

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Sehenswert ist aber auch das Atelier selbst mit seinen massiven Stahlkesseln, in denen von 1928 bis 1985 das in der Fabrik produzierte Acetylen-Gas gespeichert wurde. An den Wänden des linken Kessels hängen Fotos vom letzten Urlaub, auch ihr Arbeitsmaterial bewahrt sie darin auf. Die studierte Innenarchitektin hat die gesamte Räumlichkeit komplett selbst renoviert.Foto: Stephanie Höll

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Bei Thomas Huber laufen die Vorbereitungen für die Ausstellung derzeit auf Hochtouren. Das letzte Bild ist noch nicht fertig, die bereits fertig gestellten Arbeiten müssen noch trocknen. Huber beschäftigt sich in seinen Gemälden vorwiegend mit poppigen und ironischen Themen.Foto: Stephanie Höll

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Das rechte Bild mit dem Titel "Orgie" hat er soeben fertig gestellt. Auch "Der Blick in die Zukunft" (links) gehört zu seinen neuesten Werken.Foto: Stephanie Höll

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Der bosnische Maler Milan Mihajlovic hat sich für die Ausstellung etwas Besonderes ausgedacht: Am Freitag, den 7. Januar veranstaltet er ab 22.00 Uhr eine kleine "Jazz-Session" in seinem Atelier. Das Konzert von Bassist Igor Kljnic und Gitarrist Vlado Grizelj bezeichnet er als heimlichen Höhepunkt des Abends.Der Maler und Kunsttherapeut bezog vor 14 Jahren sein Atelier in der Wiede-Fabrik: "Das ist hier eine Atmosphäre, die mich sofort in ihren Bann gezogen hat. Und ich verspüre noch immer jeden Tag ein unbeschreibliches Glücksgefühl, wenn ich von meinem Haus ins Atelier gehe."Foto: Stephanie Höll

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Leidenschaftlich, fast singend spricht er ebenfalls, wenn es um seine abstrakte Kunst geht: "Oft wirken meine Bilder, als seien sie aus Zufall entstanden. Das ist aber ein Trugschluss. Ich überlege mir sehr lange, wie und wo ich einen Kratzer ziehe. Ich schaue mir das Bild aus der Entfernung an und zerbreche mir den Kopf darüber, wie eine Linie oder eine weiße Fläche gemalt werden kann, damit sie das Bild beruhigt. Es ist ein permanentes Abwägen, an welcher Stelle man ein Bild dem Zufall überlässt und wo man bewusst eingreift."Foto: Stephanie Höll

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Wer sich für experimentelle Fotografie interessiert, der sollte bei László Maczky vorbeischauen. Der Architekt und Fotograf nimmt alle Fotos analog auf und entfremdet die fotografierten Objekte bei der digitalen Nachbearbeitung. In diesem Beispiel hält er ein Foto des neuen Gebäudes der Süddeutschen Zeitung in der Hand. Auf der Abbildung befindet sich die Kantine, die in der Realität nur zwei Stockwerke umfasst.Foto: Stephanie Höll

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Auch Hans Christian Ohls Ausgangsmaterialien sind Fotografien. Er macht computergestützte Kunst und geht noch einen Schritt weiter als Künstlerkollege László Maczky, indem er versucht, "die Fotos in malerische Bereiche zu ziehen."Foto: Stephanie Höll

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Ein Künstler, den man beim Besuch der Ausstellung auf keinen Fall auslassen sollte, ist Carl Heinz Daxl.Foto: Stephanie Höll

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Seine comicartigen Bilder sind stets frech in der Anmutung, oft mit sexueller Anspielung gewürzt und immer mit einem frechen Spruch garniert. Geld verdient der Künstler allerdings vor allem mit seinen Illustrationen im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung. Ein Abstecher zu Daxl lohnt sich aber auch, um einen Blick in sein Loft zu werfen.Foto: Stephanie Höll

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Das gleicht nämlich eher einem Lifestyle-Museum als einem Arbeitsraum: Eine Oldschool-Badewanne, ein aufblasbarer Riesen-Schwertfisch an der Wand, Skelette auf dem Sicherungskasten, Hirschgeweihe und andere Dekor-Obskuritäten zieren das Atelier.Foto: Stephanie Höll

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In der Werkstatt von Hakan Evcin dürfte es dem ein oder anderen Ausstellungs-Besucher die Nackenhaare aufstellen. Die aktuelle Arbeit des türkisch-deutschen Künstlers ist eine Installation aus Haaren, die ihm verschiedene Berliner Friseure zugeschickt haben. Die Säcke sind nach Stadtteilen sortiert: Berlin Mitte, Prenzlauer Berg, Neuköln, Kreuzberg.Foto: Stephanie Höll

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Haare sieht er als wichtiges Symbol der kulturellen Identität. Ein Thema, mit dem sich Hakan in seinen Arbeiten immer wieder beschäftigt. Seine Werke lösen zum Teil heftige Reaktionen beim Publikum aus: "Von Wut über Trauer bis hin zu Ekel ist alles dabei", sagt er.Foto: Stephanie Höll

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Ein paar Häuser weiter hat Peter Riss seine Installationen aufgebaut. Riss ist mit seinen Werken äußerst erfolgreich und gerade dabei, den internationalen Kunstmarkt zu erobern. Seine Arbeiten tragen niemals einen Namen. Warum das so ist, erfährt der Besucher auf der Ausstellung.Foto: Stephanie Höll

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Diese Arbeit soll eine düstere Bondage-Fessel-Szene im Keller darstellen. Im übertragenen Sinn geht es hier um soziale Strukturen und zwischenmenschliche Verhältnisse.Foto: Peter Riss

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In dieser Serie, die seit 2008 entsteht, dreht sich alles um soziale Randstrukturen und genetische Codes.Die Ausstellungszeiten im Überblick: Donnerstag: 05.02.09, ab 19.00 Uhr Freitag: 06.02.09, 19.00 bis 23.00 Uhr Samstag: 07.02.09, 15:00 bis 23:00 Uhr Sonntag: 08.02.09, 14:00 bis 18:00 UhrAdresse: Rambaldistraße 27, 81929 MünchenFoto: Peter Riss

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