Widerstand gegen die Nazis:Willi Graf soll selig gesprochen werden

Willi Graf

Willi Graf wurde 1943 ermordet.

(Foto: SV BILDERDIENST)

Der Medizinstudent gehörte der "Weißen Rose" an und wurde von den Nazis hingerichtet. Nun prüft die katholische Kirche, ob er dafür besonders verehrt werden soll.

Von Jakob Wetzel

Erst vor wenigen Wochen hat die katholische Kirche zwei Verfahren zur Seligsprechung eröffnet, eines für den Religionsphilosophen Romano Guardini, eines für den Journalisten Fritz Gerlich. Nun gibt es bereits einen weiteren Kandidaten: Wie das Erzbistum München und Freising am Mittwoch mitteilte, sollen Theologen und Historiker nun prüfen, ob auch der Widerstandskämpfer Willi Graf seliggesprochen werden kann. Nach dieser sogenannten Voruntersuchung will die Kirche entscheiden, ob sie ein weiteres Verfahren zur Seligsprechung beginnen will oder nicht.

Mit einer Seligsprechung hebt die Kirche einen verstorben Katholiken als Vorbild hervor; er kann künftig von allen Gläubigen als Fürsprecher bei Gott angerufen werden. Zudem gilt die Seligsprechung als Vorstufe zur Heiligkeit. Um seliggesprochen werden zu können, muss ein Kandidat entweder wegen seines Glaubens getötet worden sein, besonders tugendhaft gelebt haben oder sein Leben aus religiösen Motiven für andere geopfert haben. Das stark formalisierte Verfahren dauert meist viele Jahre. Die endgültige Entscheidung darüber, ob jemand seliggesprochen wird, fällt im Vatikan.

Willi Graf wäre am 2. Januar 100 Jahre alt geworden. Er wuchs in Saarbrücken auf und stieß als Medizinstudent zur Widerstandsgruppe "Weiße Rose", die mit Flugblättern gegen die Nazis kämpfte. Graf war stark in der Kirche verwurzelt; so verweigerte er sich etwa konsequent der Hitlerjugend und engagierte sich stattdessen in katholischen Jugendbünden wie dem vom Regime verbotenen "Grauen Orden", obwohl er dafür inhaftiert wurde. Im Februar 1943 wurde er als Widerständler verhaftet und am 12. Oktober hingerichtet. Er liegt in Saarbrücken begraben.

In der Kirche wird Willi Graf schon jetzt als Märtyrer bezeichnet - ebenso wie die anderen Katholiken im inneren Kreis der "Weißen Rose". Welche Rolle die Religion für deren Widerstand spielte, wird von Historikern kontrovers diskutiert; Hans und Sophie Scholl waren Protestanten, Alexander Schmorell russisch-orthodox; er wurde vor fünf Jahren in München heiliggesprochen. Willi Graf und Professor Kurt Huber waren Katholiken; Christoph Probst ließ sich vor seiner Hinrichtung katholisch taufen.

Zunächst stehe ausschließlich Graf im Vordergrund, heißt es aus der Kirche. Seine Seligsprechung sei von Gläubigen aus dem Erzbistum angeregt worden. Zum Auftakt der Voruntersuchung feiert der Jesuitenpater Karl Kern an Grafs Geburtstag, 2. Januar, von 18 Uhr an einen Gottesdienst in der Michaelskirche in der Münchner Innenstadt.

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