Wettbewerb:Das Auge isst mit

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Ein Vier-Gänge-Menü, seine Vorbereitung und Präsentation entscheiden in der Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe über die Sieger der Münchner Stadtmeisterschaft - und darüber, wer die Auszubildenden auf bayerischer Ebene vertreten darf

Von ilona gerdom, Au

Silbernes Besteck, langstielige Weißweingläser und Speisekarten stehen auf acht feinsäuberlich gedeckten Tischen. Daran sitzen je acht Personen. Die Männer tragen Anzug und Krawatte, die Damen Blusen und Blazer. Obwohl die 40 Gäste schick angezogen sind, sitzen sie nicht in einem teuren Restaurant. Sie warten in der städtischen Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe auf ein Vier-Gänge-Menü. An diesem Freitag findet die Münchner Stadtmeisterschaft in den gastgewerblichen Ausbildungsberufen statt. 27 Auszubildende im dritten Lehrjahr nehmen an diesem Wettstreit teil. In fünf Ausbildungsberufen treten sie an. Jurymitglieder bewerten sowohl angehende Köche, Hotelfachleute, Restaurantfachleute, Hotelkaufleute und Systemgastronomen. Diejenigen, die den ersten Platz ergattern, qualifizieren sich für die bayerische Meisterschaft.

Halb eins ist es, als sich die Küchentüren öffnen, und fünf angehende Restaurantfachleute die Vorspeise servieren. Weil acht Köche in der Ausbildung an der Arbeit sind, gibt es acht verschiedene Vorspeisen. Auf einem der Teller ist ein Kunstwerk aus Weißweinschaum und Champignons angerichtet. In der Mitte thronen zwei dünne Scheiben einer Bachsaiblingsterrine, umflochten mit hauchdünnen Lauch- und Karottenstreifen.

Die Köstlichkeit hat der Auszubildende Leon Ott gezaubert. Während die Gäste erst seit 12 Uhr hier sind, werkeln er und seine Mitstreiter seit den Morgenstunden. Zweieinhalb Stunden zuvor, um 10 Uhr, war Ott noch damit beschäftigt, Karotten und Orangen zu Püree zu verarbeiten. Das Rattern des Mixers geht beinahe unter im Lärm der Küche. Kein Wunder, denn an vier Arbeitszeilen schnippeln, raspeln und rühren je zwei angehende Köche. Auf den Herdplatten dampfen große und kleine Töpfe. Dazwischen bewegen sich die Juroren und machen sich Notizen. Sie bewerten die Lehrlinge den ganzen Tag über in verschiedenen Kategorien. Unter anderem fließen die richtige Verwendung der Materialien, Hygiene und Sauberkeit mit ein. Das Verfahren hat sich schon bei den vergangenen 39 Wettbewerben in der Schule bewährt.

Aber nicht nur an diesem Tag gibt es Punkte. Seit dem 14. November wissen die Teilnehmer, welche Komponenten sie in ihren Gerichten verwenden müssen, passend dazu haben sie ein Menü erstellt. Dementsprechend mussten sie Zutaten auswählen und deren Menge kalkulieren. Damit hatte der 19-jährige Leon Ott keine Schwierigkeiten. Im Gegenteil: Das Kreieren hat ihm viel Spaß gemacht. "Ich arbeite sehr gern filigran. Beim Erstellen des Menüs sind keine Grenzen gesetzt. Man kann seiner Fantasie freien Lauf lassen." Wie das bei den Juroren ankommt, wird sich erst am Ende zeigen.

Während es in der Küche laut zugeht, ist es zwei Stockwerke weiter oben ruhig. Dort beweisen sich von 9.45 bis 10.30 Uhr fünf Systemgastronomen. Ihre Aufgabe besteht darin, Canapés für den Empfang zuzubereiten. Dafür sind Zutaten bereitgestellt worden, aus denen die Teilnehmer das Beste machen müssen.

Einer von ihnen ist Sinan Tas. Vor sich und seinem weißen Arbeitsbrett hat er Toastscheiben gestapelt. Aus ihnen sticht er kleine Tannenbäume, Blumen und Bärchen aus. Sorgfältig belegt der 21-Jährige jedes Brötchen anders. "Vielfalt muss sein", findet er - nicht nur auf dem Teller, sondern generell im Beruf. "Man macht nicht jeden Tag das Gleiche und hat viel mit Menschen zu tun." Das liegt schon daran, dass die Berufsschule dual aufgebaut ist. Die insgesamt 2505 Schüler verbringen einen Teil ihrer Ausbildung dort und den anderen in einem Betrieb. Tas sammelt Erfahrungen in der Systemgastronomie, bei McDonalds. Am Prüfungstag zeigt er, dass er dort auch lernt, seine Zeit richtig einzuteilen. Fünf Minuten vor dem Ende hat er seine zehn Häppchen fertig und betrachtet zufrieden seinen bunten Teller. "Das Coole ist, dass wir den Leuten eine Freude machen mit dem, was wir servieren. Das ist ein tolles Erlebnis."

Gleichzeitig sind die Restaurantfachleute damit befasst, die Tische einzudecken. Jeder der fünf Lehrlinge macht das auf seine Weise. Die einen falten die Stoffservietten zu Fächern, die anderen gestalten kleine Türmchen. Das ist nicht die einzige Aufgabe. Auch der Service fällt in ihre Zuständigkeit. Deshalb schenken sie um Viertel vor eins fleißig Wein und Wasser nach. Unterdessen haben die Gäste nur Augen für die Kreationen auf ihren Tellern. Die ersten kosten ein Gäbelchen. Kurz darauf verziehen sich die Mundwinkel zu einem Lächeln. Schade, dass Sinan Tas gerade nicht da ist, sonst hätte er sehen können, dass er recht hat: Wer in der Gastronomie arbeitet, macht den Menschen eine Freude.

Am besten abgeschnitten haben Anna Albrecht (Hotelfachfrau), Sophie Lautenbacher (Restaurantfachfrau), Lars Bergmann (Koch), Nadine Müller (Fachfrau für Systemgastronomie) und Vera Damaschke (Hotelkauffrau).

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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