Westkreuz:Rundgang im Fuchsbau

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Das Forum am Westkreuz ist ein verwinkeltes Bauwerk, unübersichtlich und schwer zu finden. Die Stadt will es jetzt mit Hilfe des Städtebauförderprogramms "Aktive Zentren" zukunftsfähig machen

Von Ellen Draxel, Westkreuz

Die Sonne scheint hell auf den Platz am Brunnen an diesem Nachmittag. Es ist warm, nicht zu heiß - ideal, um draußen zu verweilen. Zwei ältere Damen sitzen auf der Bank, gegenüber trudelt gerade eine S-Bahn im Bahnhof ein. Ansonsten ist nicht viel los im Forum am Westkreuz. Ab und zu geht mal ein Kunde in einen der Läden, auch bei Schiller's Bistro genießen einige ihren Kaffee oder ein Eis. Man nimmt die Gäste kaum wahr: Hinter dem dichten Grün der Büsche und Bäume sind sie wie abgeschirmt vom Rest des Zentrums. "Das Forum", konstatiert Landschaftsarchitekt Horst Kübert mit Blick auf die vielen kleinen Nischen, "ist zu wenig auf Kommunikation ausgelegt." Es fehlten Verknüpfungen, Sichtachsen, es mangele an Offenheit und Übersichtlichkeit. Fakten, die beim Rundgang mit Stadtplanern und Anwohnern wie auch beim anschließenden Workshop immer wieder zu hören sind.

Das Forum am Westkreuz, ein gestaffeltes, verwinkeltes Bauwerk aus den Achtzigerjahren mit einer Mischung aus Einzelhandel, Dienstleistung und Wohnungen, kommt auf den Prüfstand. Die Stadt will es mit Hilfe des Städtebauförderprogramms "Aktive Zentren" zukunftsfähig sanieren. Ein erstes Brainstorming zu Positivem wie Negativem ergab: Die Anlage ist vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß. Aber der Standort verfügt über jede Menge Potenzial und ist "wert, erhalten und verbessert zu werden".

Da ist zum Beispiel das viele Grün. "Sind wir froh, einen solchen Bestand zu haben", meint Kübert. Aus Hochbeeten wachsen Bäume und Sträucher. Der Nachteil: "Die Baumkulisse kann auch als Abriegelung wahrgenommen werden." Wie Grünflächen im Innenbereich des Forums modelliert werden müssten, um freie Räume zu schaffen, gilt es noch zu diskutieren. Im Außenbereich längs der Aubinger Straße dagegen, dem Hauptentree ins Ladenzentrum, sollte der Bewuchs auf jeden Fall zugunsten einer besseren Erkennbarkeit des Ortes ausgelichtet werden, findet Gewerbe-Immobilien-Eigentümerin Charlotte Gabler. Sie könnte sich vorstellen, an dieser Ecke eine Eisdiele anzusiedeln, aber dafür müsste das "Gestrüpp" weg: "Damit es nicht so modrig ist dort."

Pluspunkt Nummer zwei des Forums: Das große Spektrum an Geschäften und Institutionen. Es existiert ein Bürgerzentrum, das allerdings zentraler als bisher angesiedelt werden sollte. Es gibt zahlreiche Läden und Restaurants, ein Hotel, eine Apotheke, einen Supermarkt. Und ein Ärztehaus. 17 Prozent der Besucher kommen ins Forum, weil sie zum Internisten, Augenarzt, Orthopäden oder Zahnarzt wollen, hat das Marketingunternehmen Cima bei einer Befragung von 122 Passanten Anfang Juni ermittelt. "Der Wert ist sehr ausgeprägt, so was haben wir sonst nie", meint Berater Jan Vorholt. Was aus Sicht der Anwohner inzwischen fehlt, ist eine Drogerie. Und ein "gescheites Lokal, eines mit gutbürgerlicher Küche" für die vielen älteren Menschen im Quartier, sagt Bewohnerin Vera-Maria Nink. "Ich bin 69 Jahre alt - und damit fast noch die Jüngste hier."

Dass die Bevölkerung rund um das Ladenzentrum eher älter ist, sieht nicht nur Nink so. Auf die Frage der Cima-Mitarbeiter, welches Stichwort den Anwohnern spontan zum Forum einfalle, fiel dieser Begriff mit Abstand am häufigsten. Gefolgt von der Beschreibung "ruhig".

Der knopfartige Bodenbelag, unterbrochen von Kopfsteinpflaster, ist daher auch eines der Hauptkritikpunkte bei Planern, Gewerbetreibenden und Bewohnern. Zumal direkt an das Forum ein Seniorenwohnheim angrenzt. "Wir brauchen einen anderen Fußboden, das hat oberste Priorität", fordert Nink. "Schieben Sie mal einen Rollstuhl oder einen Rollator über dieses holprige Pflaster."

Als verbesserungswürdig erachten Bürger und Gewerbetreibende außerdem die vielen Treppen ohne Rampen, die "dreckige" Ecke mit den Einkaufswagen beim Supermarkt, das gestalterische Wirrwarr mit jeder Menge Werbeschildern sowie die Tatsache, dass ein Ortsfremder mangels schlechter Erschließung zunächst einmal eine Viertelstunde braucht, das Ladenzentrum von der Straße aus überhaupt zu finden. Architekt John Höpfner bringt bereits beim Rundgang die engen und dunklen Zugangs-Passagen ins Forum aufs Tapet. "Diese Durchgänge wirken eher wie Schleusen und Nadelöhre, als dass sie attraktiv und einladend wären." Selbst bei hellem Sonnenlicht muten die tunnelartigen Gassen bedrückend an. Bei Nacht werden sie, das hat die Befragung gezeigt, zu Angst-Räumen. "Was machen wir? Helleres Pflaster nehmen? Die Läden zur Passage hin öffnen? Eine außergewöhnliche Beleuchtung?" Daniel Genée, Stadtteilmanager des Sanierungsgebietes Neuaubing-Westkreuz und derjenige, der für die Finanzierung zuständig ist, schlägt ein Lichterspiel vor - "weg von der Schmuddel-Langstrecke hin zum Erlebnisraum".

Das gesamte Forum, findet Lokalpolitiker Sebastian Kriesel (CSU), brauche grundsätzlich mehr Aktionen, um eine Aufwertung zu erfahren. Mehr "Bewegung im Raum". Damit sind auch Events gemeint, Veranstaltungen, bei denen das Stadtteilmanagement unterstützt. "Wir schieben an, schaffen Kohle ran und vermitteln Ansprechpartner bei der Stadt", sagt Genée. "Aber es ist nicht so, dass wir alles rocken." Die Initiative und Umsetzung müsse von den Gewerbetreibenden selbst kommen.

In den nächsten Wochen sollen die Vorschläge nun zu Papier gebracht werden. Am 22. September ist dann im Bürgersaal am Westkreuz ein zweiter Bürger-Workshop geplant.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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