Süddeutsche Zeitung

Werksviertel:In den Optimolwerken wird jetzt wirklich das letzte Mal gefeiert

Mitte Januar gibt es das Abschiedsfest in den etwa 30 Clubs - und danach rücken die Bagger an.

Von Philipp Crone

Der Begriff Anbaggern bekommt demnächst in den Optimolwerken am Ostbahnhof eine neue Bedeutung. Während Anbaggern bislang auf diesem Gelände für den Vorgang des am fortgeschrittenen Abend oft recht stereotypen und beharrlichen Ansprechens stand (Männer baggern Frauen an, nie umgekehrt, dann heißt es schlicht ansprechen), rücken demnächst die wahren Bagger-Profis an, mit riesigen Maschinen.

Denn obwohl die Geschichte dieses Areals, das zunächst von 1996 an Kunstpark Ost und von 2003 an Kultfabrik und Optimolwerke hieß, eine Geschichte der immer wieder verlängerten Fristen ist, wird es diesmal wirklich das letzte Fest geben, bestätigt Mathias Scheffel, der die Optimolwerke betreibt. Angefangen hatte man hier mit ein paar Clubs, zwischenzeitlich nannte man sich "Europas größtes Party-Areal" und war der Haupttreffpunkt für Feiernde in München.

Nebenan sind schon die Baustellen-Geräte in Betrieb, in den Optimolwerken wird noch gefeiert. In der Theaterfabrik, im Ray-Club oder bei "Tante Erna": Der Charme der verranzten Industriebrache, dunkel, dreckig, dramatisch und nur mit vereinzelten Eingängen in stickige Clubs, die den Gästen entgegenfunkeln und einen verheißungsvollen Abend an einem surrealen Ort versprechen, wird am Samstag, 13. Januar, ein letztes Mal zu spüren sein. Dann gibt es das Abschiedsfest in den etwa 30 Clubs.

Bis Silvester ist regulärer Betrieb, von der Grinsekatze bis zum Do Brasil stehen die Türen offen für einen vorletzten Rundgang. Dann wird laut Scheffel, dem Geschäftsführer der Vermietungs-GmbH, am 1. Januar zwei Wochen geschlossen und am Freitag, 12. Januar und Samstag 13. Januar, noch einmal für ein Wochenende geöffnet. Nachdem es schon viele letzte Abende an der Friedenstraße gab, weil der ursprüngliche Mietvertrag von 2003 nach fünf Jahren Laufzeit immer wieder um ein oder zwei Jahre verlängert wurde, zuletzt Ende 2015, ist es nun an der Zeit, die Feiernacht am 13. Januar wirklich "die letzte" zu nennen.

Noch einmal dem Pilgerstrom aus der S-Bahn oder von den Parkplätzen folgen, auf denen die Drei-Buchstaben-Kennzeichen der Münchner Vororte dominieren. Noch einmal den auf den Wegen stehenden Animateuren zuhören, die einen in ihren Club locken wollen. Noch einmal auf dem Heimweg beim Imbiss und seinem auf durchgetanzte Nachtmenschen (in der Mehrheit solche, bei denen man auch von baggern spricht) immer unwiderstehlich wirkenden Frittierfett-Geruch.

Und dann vorbei an den richtigen Baggern, die im Februar auch auf dem dann ehemaligen Optimolwerk anrücken, nach Hause - oder zu einer der vielen anderen kleinen und größeren Münchner Feierorte, die es mittlerweile gibt.

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SZ vom 28.12.2017/vewo
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