"Fack ju Göhte"-Musical:"Ich war auch in einer Chaoten-Klasse. Ständig mussten wir putzen."

"Fack ju Göhte"-Musical: Zeki Müller (Max Hemmersdorfer, ganz rechts) hat die Chaoten der 10 b im Griff.

Zeki Müller (Max Hemmersdorfer, ganz rechts) hat die Chaoten der 10 b im Griff.

(Foto: Catherina Hess)
  • Am 21. Januar 2018 feiert "Fack ju Göhte - se Mjusicäl" unter der Regie von Christoph Drewitz Premiere im Werksviertel.
  • Noch ist das Musical-Theater nicht fertig, aber von Mitte Dezember an werden die Schauspieler in München proben.

Von Christiane Lutz

Der Heizpilz ist die neue Raucherecke. Jedenfalls bekommt man den Eindruck an diesem eisigen Tag im "Werk 7" im Werksviertel. Denn nach der Präsentation des Casts drängen sich alle bibbernd unter die aufgestellten Heizpilze und plaudern. Da kommt man zwangsläufig ins Gespräch, wie früher eben in der Raucherecke, wo alle hin mussten, wenn sie was mitkriegen wollten. Kalt ist es im Werk 7, weil natürlich noch nichts fertig ist in dem ehemaligen Kartoffellager, das gerade zum Musical-Theater umgebaut wird. Dort wird am 21. Januar 2018 "Fack ju Göhte - se Mjusicäl" unter der Regie von Christoph Drewitz uraufgeführt.

Der hohe Industrie-Raum ähnelt immerhin schon entfernt einer Aula oder Turnhalle, wie sie in der erfolgreichen Filmvorlage auch eine wichtige Rolle spielt. Denn unter einer Turnhalle ist es, wo der Kleinkriminelle Zeki Müller ergaunertes Geld vermutet. Deswegen lässt er sich kurzerhand als Aushilfslehrer am Goethe-Gymnasium anstellen und terrorisiert fortan die chaotische 10 b - und sie ihn.

Um die Besetzung betrieb die Produktionsfirma Stage Entertainment große Geheimniskrämerei. In den inzwischen drei Filmen spielt Elyas M'Barek den Zeki Müller, ein Gesicht, das in Deutschland gerade extrem präsent ist. Keine leichte Vorlage also. Sie hätten sich sehr schwer getan mit dem Casting, sagt die Produzentin Simone Linhof, weil man zum einen eben keinen M'Barek-Klon gesucht hätte und zum anderen eine Horde junger Schauspieler brauchte, die glaubhaft Zehntklässler spielen können.

Die Wahl fiel schließlich auf Max Hemmersdorfer als Zeki Müller. Hemmersdorfer ist 31, sieht aus wie 35 und spricht wie 20. Erwachsen genug, um als Lehrer durchzugehen, und Straße genug, um von Schülern gut gefunden zu werden. Hemmersdorfer, geboren in Augsburg, hat nach der Schauspielausbildung am Stadttheater in Konstanz und Cottbus gespielt und Filme gemacht. Mit Musical hatte er nichts zu tun. Dann kam Stage Entertainment. "Eine völlig andere Kultur und Sprache als am Stadttheater", sagt Hemmersdorfer. "Hier ist alles locker und superlustig. Ich fühle mich gerade noch, als wäre ich auf einem anderen Planeten gelandet."

Abgeklärter ist Rebekka Corcodel, 22, die die Proletin Chantal spielt. "Voll die Ehre, dass die Stage mich haben wollte", sagt sie. Als sie den Film sah, war sie ziemlich genau in dem Alter ihrer Figur und hat sich stark an ihre Klasse erinnert gefühlt. "Ich war auch in einer Chaoten-Klasse. Ständig mussten wir putzen. Wir haben mit Edding die Stühle bemalt, Geburtstagskinder zum 16. eingemehlt." Eingemehlt? "Mit Mehl überstäubt. Wenn's regnete, gab's Teig."

Die Texte und Musik zum Musical stammen von Nicolas Rebscher, Simon Triebel und Kevin Schröder. Triebel, der mit der Band Juli erfolgreiche Songs geschrieben hat, sagt: "Ich finde ja Musicals in 80 Prozent der Fälle nicht so . . . toll". Den Film hatte er lang gar nicht gesehen. Aber das sind wahrscheinlich beste Voraussetzungen, um ein unkonventionelles Musical zu schreiben und damit, so der Plan, auch junges Publikum zu erreichen. In Arien, das ist klar, wird in dieser Turnhalle niemand ausbrechen. Die Nummer, die es dann live zu hören gibt, ist ein eingängiger deutscher Rap-Song. Ein wenig Cro, ein bisschen Die Fantastischen Vier. Getanzt, so die Ankündigung, würde dann auch. Aber nichts Komisches, sondern Hip-Hop.

Von Januar an wird "Fack ju Göhte" achtmal die Woche gespielt, zunächst ein Jahr lang, vor bis zu 700 Zuschauern pro Vorstellung. Zwar liegen die Ticketpreise etwas unter dem für Großproduktionen typischen Durchschnitt, aber 30 Euro sind dennoch viel Geld. Ein großes Experiment, heißt es bei Stage Entertainment. Aber das Unternehmen erfüllt sich mit diesem Musical einen lang gehegten Wunsch: ein eigenes Theater in München. Bisher vermitteln sie ausschließlich Tournee-Produktionen ans Deutsche Theater. Bei "Fack ju Göhte" wird sich der Raum dem Stoff anpassen - und nicht, wie sonst, der Stoff dem Raum. "Samtsitze würden hier ja gar nicht reinpassen", sagt die Produzentin Simone Linhof. "Wir kamen auf das Gelände und dachten: Als hätten wir es gemalt! Das Stück muss hier her."

Von Mitte Dezember an werden die Schauspieler in München proben, dann soll auch das Theater fertig und beheizbar sein. Zuvor aber dürfen alle Anwesenden noch die zukünftigen Toilettentüren mit Edding beschmieren.

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