Weitere Briefe:Landgericht, Komische Pinakothek und Domspatzen

Ein erstaunliches Urteil

Über das Urteil des Landgerichts Regensburg im Fall Wolbergs ("Der Tag des Zorns", 4. Juli) bin ich - vorsichtig ausgedrückt - höchst erstaunt. Dies gilt auch für die bisherige Verhandlungsführung durch die Vorsitzende Richterin. In den 36 Jahren, die ich bis zu meiner Pensionierung als Staatsanwalt und Richter gearbeitet habe, musste ich viel erleben: Konfliktverteidiger, Querulanten, Reichsbürger... Aber nie habe ich einen Vorsitzenden Richter oder eine Vorsitzende Richterin erlebt, der/die dem Angeklagten einerseits soviel Freiraum ließ, die Staatsanwaltschaft massiv zu attackieren und sie andererseits derart heftig abgewatscht hat wie die Vorsitzende in diesem Verfahren. Dabei ist zum Beispiel schon der Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft von vorneherein allenfalls gerechtfertigt, wenn man der mehr als zweifelhaften Urteilbegründung folgt. So fällt es zum Beispiel sehr schwer zu glauben, der Angeklagte habe von der Vorzugsbehandlung seiner Mutter nichts gewusst. Auch ein Verbotsirrtum ist bei einem Oberbürgermeister eher fernliegend, jedenfalls jederzeit vermeidbar. Angesichts dieser durchaus noch offenen Zweifelsfragen hätte es dem Gericht gut angestanden, sich bei der Beschimpfung der Staatsanwaltschaft etwas zu mäßigen. Sie ist auch nicht Aufgabe des Gerichts. Die Staatsanwaltschaft war nicht angeklagt und ihre Autorität sollte nicht ohne Not derart in Frage gestellt werden.

Bei einer Vorteilsannahme in Höhe von knapp 150 000 Euro von Strafe abzusehen, erscheint mir abwegig. Für derartige Fälle ist die einschlägige Norm sicherlich nicht geschaffen. Die Kammer müsste sich doch des verheerenden Eindrucks in der Öffentlichkeit bewusst gewesen sein, ein derartiger Korruptionsfall habe gleichsam mit einem Freispruch geendet. Jedenfalls ist der Angeklagte nach diesem Urteil - sollte es rechtskräftig werden - nicht vorbestraft. Ich zweifle allerdings daran, dass dieses Urteil rechtskräftig wird. Auch wenn ich das Verfahren nur aus der Presse kenne, bietet es aus meiner Sicht zu viele Angriffspunkte für die Revision beim Bundesgerichtshof. Allzu offensichtlich hat die Kammer einseitig die Argumentation des Angeklagten übernommen und ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Paul Spengler, München

Komische Pinakothek

Etwas sperrig ist er ja schon der Name "Forum Humor und komische Kunst" ("Belustigen und belehren", 27./28. Juli). Komische Pinakothek, die Ursprungsidee von Loriot, hätte mir besser gefallen, wohl aber nicht den etablierten Pinakotheken. Und Forum Humorum, wie jetzt eine Zeitung titelte? Die Lateinlehrer werden sich zwar die Haare raufen, aber warum eigentlich nicht? Schließlich geht's um Humor, der laut Fördervereinsvorstand Wittmann "eine immer größere gesellschaftspolitische und soziale Rolle" spielt. Ist das wirklich so? Na ja, bei den Trumps, Johnsons, Orbans, Salvinis und wie sie alle heißen braucht es schon jede Menge Humor als Gegenpol. Hoffentlich wird dann das Forum Humorum immer wieder auch zu einem Forum Rumorum, das sich gegen die humorlosen Gesellen dieser Welt auflehnt. Bin gespannt, was die Doctores Humoris Causa in der Zenettistraße auf die Beine stellen. Manfred Fischer, München

Nicht nur bei den Domspatzen

Die jetzt auch wissenschaftlich dokumentierten Zustände bei den berühmten Regensburger Domspatzen in den Jahrzehnten nach dem Krieg ("Die totale Institution", 23. Juli) überraschen mich nicht. Brutaler Leistungsdruck, Erfolg um jeden Preis, Zerstörung der Persönlichkeit, keine Widerworte, totale Unterordnung, entwürdigende Disziplinierung und so weiter sind Dinge, wie sie ähnlich auch in Waisenhäusern, Erziehungsheimen und Internaten vorgekommen sind und zum Teil heute noch vorkommen. Das Personal ist im Dritten Reich geprägt worden oder hat später entsprechende Ideale übernommen. Das Klima bei den Domspatzen ist eine Spätfolge der Nazizeit und auch Folge der mangelhaften Verarbeitung dieser Zeit seit 1945. Man darf aber nicht meinen, das betreffe nur die genannten Institutionen. Der entsprechende Geist herrscht, meist etwas abgemildert, eigentlich überall, auch in der Wirtschaft, im Profisport und bei den Behörden. Friedhelm Buchenhorst, Grafing

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