Weitere Briefe:Ein Findelkind, ein Boxer und viele Kulturstrände

Lieber kein Fahndungsdruck

"Die Polizei geht von einer Verzweiflungstat der Mutter aus" lautet der Untertitel zum Artikel "Simon, geb. 6.6.2016, 8.50 Uhr in München" (8. Juni). Wäre die Sache nicht so traurig, dann würde man gerne mit Loriot rufen: "Ach was!" Wer hätte denn das gedacht? Natürlich ist die Mutter verzweifelt! Und dadurch, dass man nun nach ihr sucht, wird nichts besser. Das Kind ist in Sicherheit, und man sollte der Frau Zeit zur Besinnung geben, zum Nachdenken, nicht zusätzlich Druck aufbauen, in dem man - nach guter neuer deutscher Manier - Andere zur Denunziation aufruft. Wenn die Mutter auf diese Weise gefunden wird, könnten andere Frauen in der gleichen Notlage das Kind umbringen, wie unlängst erst beinahe in einer Flughafentoilette und viele Male zuvor schon geschehen. Wäre es denn ein solch furchtbares Schicksal, wenn es dem kleinen Buben ebenso ginge wie der am Schluss des Berichtes erwähnten Raquel? Sie wurde adoptiert, von Leuten, die sich ein Kind wünschen. Für Neugeborene gibt es elend lange Listen von Adoptionswilligen. Man sollte Müttern, die ihre Kinder aussetzen, ganz generell einige Wochen Zeit lassen, ihren Entschluss rückgängig zu machen oder auch nicht, sie aber deshalb nicht zur Fahndung ausschreiben wie jeden gewöhnlichen Kriminellen. Und danach sollte man mit der Freigabe zur Adoption nicht so lange warten, bis das Kind schon durch mehrere Institutionen gewandert und schwer vermittelbar ist. Kindesrecht geht vor Elternrecht. Wann begreift man das? Renate Seitz, München

Ali und die Anwälte

Für den Kampf zwischen Muhammad Ali und Richard Dunn 1976 in der Olympiahalle ("Münchner Momente: Wenn der Waldi mit dem Ali", 6. Juni) mussten die Münchner lange wach bleiben, denn es ging gen Mitternacht zu, als die Boxer in den Ring stiegen. Für Waldemar Hartmann war das der Eintritt in die große Welt - vom Augsburger Kneipier zum prominenten Reporter. Er war Pressesprecher der beiden Promoter des Ali-Kampfes. Das waren Rechtsanwälte aus Augsburg, bis dato völlig unbeleckt vom Box-Business. Es gab deshalb auch einigen Wirrwarr im Vorfeld. Und wohl auch noch nach dem Kampf. Ali bestand übrigens darauf, vor dem Kampf die KZ-Gedächtnisstätte Dachau zu besuchen. Aus seiner Entourage war dazu zu erfahren, dass der Champ fast immer vor seinen Fights schlimme Orte aufsuchte, wo Menschen großes Leid angetan worden war. Damit wollte er denen seine Solidarität zeigen und zugleich seine Kampfeswut steigern. Peter Kühn, München

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