Süddeutsche Zeitung

Westpark:Integrationsprojekt Werkstatt schließt nach 30 Jahren

Der soziale Betrieb hat Menschen durch eine handwerkliche Ausbildung Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt verschafft. Die betroffenen Auszubildenden sorgen sich nun um ihre Zukunft.

Von Sven Loerzer

Vor 30 Jahren wurde die Werkstatt am Westpark von der Caritas als sozialer Betrieb gegründet, um ehemals suchtkranke Menschen durch eine handwerkliche Ausbildung eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen. Doch damit ist es nun vorbei: Das Qualifizierungsprojekt, das im Schreinerhandwerk zuletzt 24 Plätze für arbeitslose Menschen mit Unterstützungsbedarf geboten hat, wird zum 30. September zugesperrt.

Die Weißer Rabe Gruppe, nach eigener Darstellung die größte Caritas-Tochter im Bereich der Integrations- und Beschäftigungsbetriebe, schließt das Qualifizierungprojekt. Betroffen sind davon mindestens neun vom Jobcenter geförderte Umschüler sowie die sechs festangestellten Mitarbeiter für Anleitung und Ausbildung. Der Geschäftsführer der Weißer Rabe GmbH, Othmar Jarmer, bestätigte auf Anfrage die Schließung, äußerte sich aber weder zur Zahl der Betroffenen noch zu den Hintergründen.

"Wir bedauern die Schließung außerordentlich", erklärte Caritas-Sprecherin Bettina Bäumlisberger. "Wir versuchen, für die sechs festangestellten Mitarbeiter Perspektiven zu schaffen." Von den insgesamt 24 Ausbildungsplätzen für Arbeitslose, die keinen Berufsabschluss haben, und Geflüchtete, die Hartz-IV-Leistungen beziehen, waren offenbar nur noch weniger als 20 besetzt. Für die verbliebenen Auszubildenden und Umschüler, die jetzt ihre Kündigung erhalten haben, ist sich Bäumlisberger sicher, "dass wir Anschlussverträge finden werden". Letztendlich seien wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend für die Schließung. "Es gibt wohl keine realistische Zukunftsperspektive mehr", erklärte Bäumlisberger. So hätten sich zuletzt aus mehr als 50 Gesprächen mit Menschen, die für das Projekt in Frage kämen, nur noch zwei Teilnehmer für die Ausbildung gewinnen lassen.

Die Caritas hatte die Werkstatt 1989 als Ausbildungs- und Beschäftigungsbetrieb gegründet. Seit 2016 konzentrierte er sich auf die Ausbildung. "Als Arbeitsgelegenheit wird diese Einrichtung vom Jobcenter nicht mehr genutzt, da seit 2016 kein entsprechender Antrag vom Träger gestellt wurde", erklärte der Sprecher des Jobcenters, Frank Donner. Derzeit absolvierten nach seinen Angaben neun Kunden des Jobcenters, die Hartz-IV-Leistungen beziehen, in der Werkstatt eine Umschulung.

Der Meisterbetrieb kümmerte sich zuletzt um sogenannte "Spätstarter", die erst im Alter von 25 bis 35 Jahren eine Ausbildung beginnen konnten, und um Geflüchtete. Die Stadt hat für dieses Jahr eine Förderung in Höhe von rund 440 000 Euro im Rahmen des Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms ausgewiesen. Das Projektangebot umfasst demnach Praktika, Umschulung, Ausbildung, Einstiegsqualifizierung mit Abschluss Schreinergeselle oder Holzfachwerker. Als Meisterbetrieb des Schreinerhandwerks lieferte die Werkstatt Innenausbauten ebenso wie individuell gefertigte Möbel. "Die Schreinerei hat wunderbare Einbauten bei uns im Pater-Rupert-Mayer-Haus und im Gebrauchtwarenhaus in der Landsberger Straße hinterlassen", erklärte die Caritas-Sprecherin.

Im Kündigungsschreiben gibt Jarmer "mit Bedauern bekannt, dass wir die Werkstatt am Westpark GmbH zum 30.09.2019 dauerhaft schließen". Einen Grund dafür nennt er nicht. Die Betroffenen sorgen sich nun um ihre Zukunft. "Wir fragen uns, warum nicht mit allen Mitteln versucht wird, allen eine Beendigung der Ausbildung in der Werkstatt am Westpark zu ermöglichen", erklärt ein Auszubildender, der sich auf die Prüfung im nächsten Jahr vorbereitet hat. Die Nachricht von der Schließung habe alle schockiert.

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SZ vom 27.04.2019/baso
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