Süddeutsche Zeitung

Haidhausen:Gehobene Küche im Herbergshaus

Das denkmalgeschützte Weinhäusl am Wiener Platz ist nach langer Umbauzeit wieder ein Lokal geworden. Auf der Speisekarte steht allerhand vom Bison.

Von Franz Kotteder

Am Wiener Platz waren die Veränderungen, die Haidhausen über die Jahrzehnte so durchmachen musste, immer besonders gut sichtbar. Insofern war man im Viertel das letzte Jahr besonders neugierig, was denn nun aus dem Weinhäusl, dem alten Herbergsanwesen aus dem frühen 19. Jahrhundert an der Nordostecke des Platzes, werden würde. Mehr als ein Jahr lang war es von Bauzäunen umstellt, geschehen ist lange nichts, es gab beim Umbau Schwierigkeiten mit Anliegern.

Ein Jahr nach dem ursprünglich geplanten Termin ist es nun soweit, das Weinhäusl ist wieder ein Weinhäusl. Der Münchner Unternehmer Hans Kilger, hauptberuflich Chef der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bayern Treuhand, hat sich hier seinen Traum verwirklicht. Vor Jahren schon hat er das denkmalgeschützte Anwesen am Wiener Platz erworben und recht aufwendig sanieren lassen. Erkleckliche Summen flossen in den Schallschutz und die technische Ausstattung, denn das Weinhäusl hatte in der Vergangenheit immer wieder Ärger mit den Nachbarn, obwohl es schon seit Ewigkeiten ein Lokal war, mal als Schicki-Italiener, dann wieder als besserer Stehausschank.

Jetzt ist es ein hübsches Weinlokal geworden, mit 20 Plätzen drinnen und draußen um die 25. Sieben Tage die Woche, von elf bis 23 Uhr (am Wochenende bis ein Uhr) kümmert sich ein siebenköpfiges Team um die Gäste und bringt vorzugsweise Österreichisches auf den Tisch und ins Glas. Für die Speisen sorgt Küchenchef Sebastian Ferk, 23, der im berühmten Steirereck in Wien gelernt hat, zusammen mit seinem Kollegen Alexander Krankl, 23.

Sieben Angestellte, 20 bis 45 Plätze: So etwas kann nicht ganz billig sein, das ist klar. Aber für Hans Kilger ist sein Weinhäusl ja auch eine Art Schaufenster. Schon seit einer Weile bastelt er unter dem Markennamen "Domaines Kilger" an seiner Zweitkarriere als Delikatessenhändler, Winzer, Bison- und Büffelzüchter. Er besitzt Weinberge in der Weststeiermark und hat sich mit dem Burgenländer Winzer und Rotweinspezialisten Uwe Schiefer zusammengetan. Im rumänischen Siebenbürgen züchtet er Bisons und Wasserbüffel sowie Himalaya-Yaks auf gepachteten Landgütern, die stolze 27 Quadratkilometer umfassen. Und deshalb gibt es im Weinhäusl jetzt auch allerhand Steirisches vom Bison, von der Currywurst (7,50 Euro) übers Gulasch (8,50 Euro) bis hin zum 350-Gramm-Premium-Steak (69 Euro).

Und natürlich auch allerhand Weine, bei den weißen vor allem aus dem Jahrgang 2017, in der Regel von den eigenen Weinbergen, etwa Weißburgunder, Sauvignon Blanc und Welschriesling. Bei den Roten dominiert die Kooperation mit Uwe Schiefer. Der älteste (und teuerste) ist ein Blaufränkischer "r2" aus dem Jahr 2012, fürs 0,1-Liter-Glas zahlt man stolze 26 Euro. Normalerweise kostet das kleine Glas zwischen 4,50 und zehn Euro.

Man sieht schon, eine Wärmestube ist aus dem Weinhäusl nicht geworden, sondern eher gehobene Gastronomie. Aber da hat Haidhausen wahrlich schon Schlimmeres gesehen.

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Quelle:
SZ vom 15.12.2018/baso
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