Weihnachtsgeschäft:Einzelhandel hofft auf eine Ehrenrunde des Christkinds

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Auch nach Heiligabend füllen sich noch die Einkaufstaschen in der Kaufingerstraße.
Auch nach Heiligabend füllen sich noch die Einkaufstaschen in der Kaufingerstraße. (Foto: Stephan Rumpf)

Kriege, politische Unwägbarkeiten, Inflation: Die Erwartungen an dieses Weihnachtsgeschäft waren zurückhaltend. Wofür die Menschen trotzdem Geld ausgegeben haben und warum sich die Bilanz noch verbessern könnte.

Von Catherine Hoffmann

Das Weihnachtsgeschäft ist mit Heiligabend nicht beendet; für die Einzelhändler läuft es noch bis zum 31. Dezember. Die Tage zwischen den Feiertagen waren in den vergangenen Jahren erstaunlich stark. „Da dreht das Christkind eine Ehrenrunde“, sagt Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern. Das liegt offenbar daran, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher Urlaub haben und einkaufen gehen. Sie geben oft Geld aus, das sie zu Weihnachten geschenkt bekommen haben, und lösen Gutscheine ein. „Wir gehen davon aus, dass ein Drittel aller Geschenke als Bargeld oder Gutscheine überreicht werden“, sagt Ohlmann. Der Gutschein sei der weihnachtliche Problemlöser Nummer eins für alle, die nicht wissen, was sie schenken sollen. Aber auch Spielwaren, Kosmetik, Bücher und Schmuck würden gern gekauft.

Die Erwartungen der bayerischen Einzelhändler an das Weihnachtsgeschäft sind in diesem Jahr zurückhaltend. Wegen der Kriege in der Welt, der politischen Unwägbarkeiten in Deutschland und der Inflation in vielen Lebensbereichen sei die Stimmung der Verbraucher gedrückt. Vor diesem Hintergrund erwartet der Handelsverband Bayern einen Gesamtumsatz von 15,3 Milliarden Euro für die Monate November und Dezember. Dies entspräche einem nominalen Umsatzplus von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

„Das Weihnachtsgeschäft war bisher nicht gerade sensationell, aber es lief gut. Für die Bilanz kommt es jetzt auf die Tage bis Neujahr an“, sagt Wolfgang Fischer, Geschäftsführer der City-Partner München, einer Vereinigung von Gewerbetreibenden in der Innenstadt. Erfreulich seien der erste und vierte Adventssamstag gewesen. Fischer nennt dafür zwei Gründe: Erstens ist aus dem Black Friday, der Konsumenten mit besonderen Angeboten erfreut, mittlerweile eine ganze Rabatt-Woche geworden, die am 29. November endete. Zweitens hatte der Wettergott ein Einsehen und drehte zum vierten Adventswochenende die Temperaturen herunter. Dazu kam noch der Montag vor Weihnachten, an dem viele Menschen Urlaub hatten – der perfekte Tag zum Shoppen. „Wir hatten ein Fragezeichen ob des Anschlags in Magdeburg. Aber die Eindrücke von diesem schrecklichen Ereignis haben sich nicht auf die Weihnachtseinkäufe ausgewirkt“, sagt Fischer.

Eher schwierig lief das Geschäft am zweiten und dritten Wochenende, als eine Warmluftfront durch Deutschland zog, die nicht zur Winterkollektion der Modehändler passte. Die Branche reagiert sensibel auf das Wetter. Für Mützen, Schals und Anoraks war es zu warm. Deshalb fällt die Bilanz der Textil- und Modegeschäfte durchwachsen aus. Auf ein gutes Weihnachtsgeschäft blickt der Parfümerie- und Kosmetikhandel zurück, der besonders von Last-Minute-Käufern profitiert. Juweliere, Schmuck- und Uhrenhändler zeigen sich ebenfalls zufrieden. Bei Schmuck liegen die Umsätze etwa auf dem Niveau der Vorjahre.

Das Weihnachtsgeschäft geht nahtlos in den Winterschlussverkauf über

Verhältnismäßig gut lief es in den Wochen vor Heiligabend auch für Buch-, Haushaltswaren- und Spielzeuggeschäfte. Wahrscheinlich werde bei Kindern als Letztes gespart, vermutet Ohlmann. Einigermaßen krisensicher scheint auch der Sportfachhandel zu sein. Nur bei langlebigen und teureren Sportgeräten wie einer Ski-Ausrüstung zeigen sich Verbraucher offenbar zurückhaltend. „Da merkt man, dass die Kunden die Nutzungszeiten verlängern und Käufe nach hinten verschieben“, sagt der Präsident des Verbandes deutscher Sportfachhandel, Stefan Herzog. Doch das könnte sich an den letzten Tagen des Weihnachtsgeschäfts noch ändern, schließlich kam pünktlich zu Heiligabend der Schnee.

Insgesamt habe die Bedeutung des Weihnachtsgeschäfts für den Handel in den vergangenen Jahren abgenommen, sagt Ohlmann, da inzwischen auch zum Geburtstag und zu anderen Anlässen wie dem Führerschein große Geschenke gemacht würden. Geholfen habe Fischer zufolge, dass in diesem Jahr viele Touristen aus Österreich, Italien, der Schweiz und den USA München im Advent besuchten. Sein Fazit ist versöhnlich: Angesichts der schwierigen politischen Rahmenbedingungen sei der Umsatz ganz passabel.

Jetzt geht das Weihnachtsgeschäft nahtlos in den Winter-Sale über. Lange vorbei sind die Zeiten des offiziellen Schlussverkaufs in Deutschland; der wurde bereits vor 20 Jahren abgeschafft. Seither dürfen Händler selbst entscheiden, wann sie Rabatte oder Schlussverkäufe anbieten. In München haben sie bereits damit begonnen. Nur ein paar Beispiele: Bei Sport Schuster sind Wintersportartikel, Wanderschuhe und Funktionswäsche im Sale. Buchhändler Hugendubel schickt der Kundschaft Mails mit der Botschaft „die Feiertage sind vorbei, doch wir haben noch ein Geschenk für Sie“: Rabatt auf fremdsprachige Bücher, Hörbücher oder Kalender. Auf der Website des Haushaltswarengeschäfts Kustermann prangt in großen Lettern das Wort „Sale“. Und auch viele Schaufenster in der Fußgängerzone sind längst mit Prozentzeichen beklebt.

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